11/2015

In diesem Heft

Tipp

Konrad Wolfs »Sonnensucher« (DDR, 1958) und »Unser kurzes Leben« (DDR, 1981) von Lothar Warneke
Zum ersten Mal auf BluRay: Don Siegels »Charley Varrick – Der große Coup« mit Walter Matthau
Vier Jahrzehnte, nachdem »French Connection« und »French Connection II« vom Kampf gegen den organisierten Drogenschmuggel von Marseille nach New York aus US-amerikanischer Sicht erzählten, beleuchtet »Der Unbestechliche – Mörderisches Marseille« die französische Seite
Die Komik des Lebens – Die »Roy Andersson Collection« vereint drei Filme des schwedischen Regisseurs
14.–22. November, Hamburg – Unter dem Thema »Menschen im Hotel« lädt das Cinefest nach Hamburg ein. Das Hotel: ein Ort der Begegnungen
13.–15. November, Mannheim – Unter dem Motto »Zuschauer(t)räume« widmet sich das diesjährige Symposium des Mannheimer Kommunalen Kinos »Cinema Quadrat« der Beziehung zwischen Zuschauer und Leinwand. Dabei soll versucht werden, anhand von vier Filmen und analytischen Vorträgen die Wirkmechanismen des Kinos zu ergründen: wie filmische Inszenierungen die Zuschauer verführen und vereinnahmen
4.–11. November, Tübingen – Im Wettbewerb um den Filmtage-Tübingen-Preis stehen neun Filme, die allesamt das junge frankophile Kino repräsentieren. Neben Filmen zu aktuell relevanten Themen wie der politischen Lage Frankreichs und der Presse- und Meinungsfreiheit werden auch die neuen Beiträge der Regisseure Jacques Audiard und Emmanuelle Bercot zu sehen sein
4.–8. November, Lübeck – Die Nordischen Filmtage sind die größte Plattform für den nordischen und baltischen Film in Europa (Skandinavien ausgenommen). Eine starke isländische und dänische Beteiligung ist dieses Jahr im Programm erkennbar, und mit einem isländischen Film wird das Festival auch beginnen: »Sture Böcke«
3.–8. November, Cottbus – Rund 160 Filme drehen sich um Osteuropa und beschreiben die aktuelle politische Lage. Der urbane Geist der osteuropäischen Metropolen und Umbruchsphänomene wie Landflucht oder Gentrifizierung sollen hier eingefangen werden. Interessant ist sicher auch der Deutsch-Polnische Wettbewerb Jugendfilm, dessen Beiträge vom Alltag Jugendlicher in Deutschland und Polen erzählen. Weitere Schwerpunkte: der Islam in Osteuropa und die russische Filmproduktion
2.–8. November, Duisburg – Die Duisburger Filmwoche ist das Festival des deutschsprachigen Dokumentarfilms. Dieses Jahr werden Themen wie Migration und Völkerflucht aufgegriffen, aber auch Langzeitbeobachtungen und Familiengeschichten sind Teil des Programms. David Bernets aktueller »Democracy – Im Rausch der Daten«, in dem es um Regeln zum Datenschutz geht, wird ebenfalls in Duisburg zu sehen sein
30. Oktober – 1. November, Frankfurt a .M. – Neun Spielfilme und zwei Kurzfilme laufen an diesem Festivalwochenende, an dem elf südamerikanische Länder teilnehmen. Frauen sind in diesem Jahr stark vertreten, auch zwei Regisseurinnen werden anwesend sein: María Victoria Menis und Laura Astorga. Organisiert durch das Café Azul und das Deutsche Filmmuseum
2.–8. November, Braunschweig – Seit 2013 wird das Festival mit einem Filmkonzert eröffnet. Dieses Mal ist es Die Päpstin, begleitet vom Staatsorchester Braunschweig. Ehrengast der »Musik und Film«-Reihe ist der Komponist Marcel Barsotti. In der Reihe »Beyond...« steht in diesem Jahr die Liebe im Fokus (»Beyond: Love«). Auch das Thema Nachhaltigkeit wird behandelt, unter dem Stichwort »Green Horizons«. Außerdem gibt es Neues vom deutschen Film, internationales Kino sowie die Mitternachtsreihe mit Horrorklassikern nach H.P. Lovecraft.
Ein Vater, seine Tochter und ihre Therapeutin ringen auf unterschiedliche Weise mit der Trauer. Aus der Reibung zwischen ihren Temperamenten entsteht am Ende eine neue Perspektive, in einem Film, der zugleich ein trauriges Bild des heutigen Polen zeichnet
Der Künstler Lutz Dammbeck im Gespräch mit Rudolf Worschech über »Overgames«, sein faszinierendes mosaikhaftes Filmessay, das 2016 erscheinen wird

Thema

Er ist der Meister des Schnellfeuerdialogs und mit »Steve Jobs« hat Aaron Sorkin nun endgültig den Gipfel einer Drehbuchautorenkarriere erreicht: man spricht von »seinem« Film
Mit »Skyfall« hat sich der alternde 007 wieder in die Hitlisten geschoben. Jetzt kommt der neue Film – und die Erwartungen sind hoch. Wir lassen die Sternstunden der Bond-Geschichte, die Tops und Flops, die Stars, Stunts und Songs, noch einmal Revue passieren
Ohne ihn sähe das italienische Kino alt aus. Dabei ist Nanni Moretti schon seit vierzig Jahren im Geschäft – ein linker Autorenfilmer, der einen ganz eigenen Kosmos geschaffen hat. Zum Start von »Mia Madre« porträtiert Georg Seeßlen den Regisseur und Schauspieler
Zu den Trapps gibt es nur zwei Haltungen: hysterische Begeisterung und Abscheu. Gerhard Midding über die Familien-Folklore im Wandel der Zeiten
Unsere "Steile These" des Monats November

Meldung

Sebastian Koch hat in Berlin mit unserem Autor Gerhard Midding gesprochen
Die belgische Regisseurin setzte ihrem Leben am 5. Oktober in Paris ein Ende. Claudia Lenssen blickt auf ihre künstlerische Karriere
Das 63. Filmfestival in der baskischen Stadt Donostia–San Sebastián wartete in diesem Jahr mit vielen Highlights auf – im Wettbewerb triumphierte ein isländischer Film
Jubiläumsjahrgang mit Aussetzern: Auf dem 20. Filmfestival im koreanischen Busan schwächelte ausgerechnet der heimische Film
Ursina Lardi, 44, lebt in Berlin. Sie ist vor allem für ihre Theaterarbeit – aktuell im Ensemble der Schaubühne – bekannt; zu ihren Filmen zählen »Das weiße Band« und »Lore«; jetzt startet »Unter der Haut«
Neue Programmelemente, ein sehr politischer Fokus und ein paar schöne »Importe« internationaler Festivals machten das Filmfest Hamburg in diesem Jahr zu einer wirklich gelungenen Veranstaltung

Filmkritik

Spielberg erzählt die historischen Ereignisse um den ersten Agentenaustausch auf der Glienicker Brücke 1962 als klassischen Kalter-Krieg-Thriller
Ein Hexenjäger muss im heutigen New York die Erweckung einer mächtigen Hexenkönigin verhindern. Aufwendiger, aber so unorigineller wie uncharmanter Fantasyfilm, der wohl als Vehikel für Vin Diesel dienen soll
Neuauflage der Geschichte, diesmal aus der Perspektive der ältesten Tochter des singenden Austria-Clans. Die deutsch-österreichische Produktion kommt nicht über das Niveau eines gefühligen TV-Movies hinaus
David Wnendt hat den Bestsellerroman von Timur Vermes um einen originellen Kniff bereichert: Sein Film fängt auch die Reaktionen auf den »Führer« ein, der sich 2014 durch Deutschland bewegt
Zwei Künstler, der eine ein Komponist und Dirigent, der andere ein Filmemacher, ziehen in einem Schweizer Grandhotel die Bilanz ihres Lebens. Zwei großartige Altersrollen für Michael Caine und Harvey Keitel
Eine Coming-of-Age-Geschichte aus dem ländlichen Äthiopien um einen Neunjährigen auf der Suche nach Heimat und Geborgenheit. In wunderschönen Bildern fotografiert, überzeugt »Ephraim und das Lamm« mit ruhigem, genauem Blick für gesellschaftliche Verhältnisse und öffnet sich zugleich dem Märchenhaften
Der Dokumentarfilm erzählt anschaulich vom geheimen Sichten westlicher Filme im Rumänien der 80er Jahre und stellt die Frage, welchen Einfluss die Videokassettenkultur auf die Wende 1989 gehabt haben mag
Ein warmherziger, lakonisch komischer Film über einen sympathischen Außenseiter
Ohne Schuldzuweisungen: die Auswirkungen eines schwulen Coming-outs auf Ehefrau und Familie. Eine Tour de Force für die Schauspielerin Ursina Lardi
Prashant Nair erforscht mit leiser Aufmerksamkeit den Mythos Amerika aus der Per­spektive eines jungen Inders aus einer abgelegenen Bergregion, der sich in Mumbai auf die Suche nach seinem bei der Emigration verschollenen Bruder macht
Roland Emmerichs ungewohnter Abstecher in die Geschichte der Schwulenbewegung ist weder der von manchem Kritiker beschworene Schlag ins Gesicht der LGBTQ-Community noch ein wirklich guter Film
Danny Boyles Biopic feiert den mächtigen CEO des Apple-Konzerns als theaterreifen Schurken mit weichem Kern
Eine Problemklasse aus einer Pariser Banlieue wird durch ein Schulprojekt zu Strebsamkeit und Zusammenhalt sowie zur Teilnahme an einem Projekt zum Thema Holocaust animiert. Basierend auf einer wahren Begebenheit, blendet der Film soziale Probleme zugunsten einer erbaulichen, bieder-didaktischen Erfolgsgeschichte aus
Die Enttäuschungen und Ängste einer ganzen Generation schwingen in Nanni Morettis autobiografisch geprägtem Drama mit. Aber er erzählt von ihnen mit einer Leichtigkeit, die berührt und verzaubert
Humorvolle, originelle und in ihrem emotionalen Reichtum überraschende Mischung aus Krebsfilm, Coming-of-age-Drama und Hommage an die Cinephilen dieser Welt
Das lebendige Porträt des 1920 geborenen Juraprofessors Benjamin Ferencz vergegenwärtigt die Bedeutung der Nürnberger Prozesse für das heutige Völkerrecht
Die Geschichte der leidenschaftlichen, aber talentlosen Sopranistin wird zu einer interessanten Studie über fehlgeleitete Selbstwahrnehmung und die fragile Lebenskraft, die aus der Verleugnung eigener Unfähigkeiten entstehen kann
Die Shakespeare-Adaption des Australiers Justin Kurzel schwankt unentschlossen zwischen psychologischen Interpretationen und archaischen Bildern, zwischen zeitlosem Drama und aktuellen Anspielungen
Gaspar Noés rückwärts erzähltes Liebesdrama befremdet durch seine Länge und egozentrische Ungeschicklichkeit. Doch gerade die als Porno geschmähten expliziten Sexszenen sind von verstörender Schönheit und Melancholie
Auf der Grundlage eines in China immens erfolgreichen Romans über das Aufeinandertreffen von Wolf und Mensch inszeniert Jean-Jacques Annaud ein Epos, das auf spektakuläre Actionsequenzen setzt
Woody Allen beherrscht zwar den Spagat zwischen Thriller-Plot und seinem typischen Intellektuellenhumor, doch hier stimmt die Chemie zwischen Joaquin Phoenix und Emma Stone nicht recht
Im Familienferienhaus treffen zwei ungleiche Brüder und ihre Frauen aufeinander. Das Spielfilmdebüt, das an französische Sommerkomödien erinnert, kommt recht leichtfüßig daher, obwohl Handlung und Charaktere selten über das Vorhersehbare hinaus entwickelt sind
Marie Bloms vierter Film erzählt vom Neuanfang einer Krankenschwester, die nach zwanzig Ehejahren von ihrem Mann verlassen wurde und verbrämt gelungene komödiantische Episoden aus der Arbeitswelt mit schwer erträglichem Psychokitsch
Voller ausgefallener Ideen steckt »God of Happiness«, der neue Kinofilm des deutsch-georgischen Regisseurs Dito Tsintsadze, vielleicht sind es ein paar zu viel: Ein afrikanischer Callboy, ein Filmkomparse, der sein Geld als Zuhälter verdient, und seine am Ballettanz gescheiterte Tochter – es braucht eine starke Klammer, um all das zusammenzuhalten
In der ideellen Nachfolge von Andreas Dresens Zweiteiler über Herrn Wichmann von der CDU ist der Münchner Dokumentarfilmstudentin Nancy Brandt eine lebendige und runde Dokumentation über die ersten Schaffensjahre fünf junger Nachwuchspolitiker und Nachwuchspolitikerinnen gelungen
Ein kleiner irischer Film, der sich ganz auf seine Hauptfiguren konzentriert und trotzdem typisch irisch bleibt. Sprachwitzig, charaktervoll und in der Einsamkeit jenseits der großen Stadt stimmungsvoll erzählt
In Jens Beckers Film gewinnt das deutsche Geschichtsfernsehen moralisch gegen Erich Mielke: Die dokumentarische Bilder und wenige und dazu kaum überzeugenden Auskunftsgeber werden von lächerlichen Nachspielszenen beherrscht, in der Stasi-Chef (Kaspar Eichel) Auskunft über sein Innerstes gibt
Der chilenische Regisseur Pablo Larraín thematisiert in seinem mit dem Silbernen Bären ausgezeichneten Kammerdrama Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche und inszeniert die moralische Ambivalenz mit eindrucksvollen Bildern
Von zehn Tagen im Leben des Sergej Eisenstein und dessen Begegnungen mit Sex und Tod in Mexiko erzählt Peter Greenaway in seinem erstaunlich zugänglichen neuen Film. Visuelle Verspieltheit und Dekonstruktion gehen Hand in Hand mit klassischem, farbenprächtigem Erzählkino, und auch der quirlige Hauptdarsteller Elmer Bäk sorgt für Schwung und Humor
David Bernet gelingt mit seinem auch formal herausragenden Dokumentarfilm ein starkes Plädoyer für einen verantwortungsvollen Umgang mit privaten Daten. Ganz nebenbei zeigt er mit dem Datenschützer Jan Philipp Albrecht als Don Quijote des digitalen Zeitalters auch eine moderne Heldengeschichte
Ein Vater, seine Tochter und ihre Therapeutin ringen auf unterschiedliche Weise mit der Trauer. Aus der Reibung zwischen ihren Temperamenten entsteht am Ende eine neue Perspektive, in »Body«, einem Film der zugleich ein trauriges Bild des heutigen Polen zeichnet
Ein Stilmix wie aus einem Guss: Mit seinem Debüt über einen verträumten Loser im modernen Budapest gelingt Gábor Reisz ein großer Wurf
Axel Ranisch, der Rosa von Praunheim und seine verwegene Großmutter zu Vorbildern hat, meidet in seinem »Trinkerdrama« die gängigen Problemfilmklischees und stellt die Sucht als Wesen aus Fleisch und Blut und besten Freund dar
Eine angehende Schriftstellerin verfällt im New York des Jahres 1901 einem britischen Adligen und wird seine Ehefrau. Doch in dem alten Familienbesitz in Großbritannien hat sie wiederholt Geistererscheinungen. Offenbar hat das Gebäude eine unheilvolle Vergangenheit. Guillermo de Toros Film balanciert souverän zwischen haunted house und gothic romance und ist zudem ein Fest für die Augen
Pan
Mit einem Feuerwerk an 3D-Effekten und Actionszenen erzählt der Film von einem Londoner Waisenjungen namens Peter Pan, der ins phantastische Neverland entführt wird und dort jede Menge Abenteuer erlebt. Für den Zuschauer ist das eine eher zähe Angelegenheit, da das formelhafte Abspulen von Standardsituationen jede über das Visuelle hinausgehende Inspiration vermissen lässt

Film

Pan