Kritik zu Ephraim und das Lamm
In seinem ersten langen Film erzählt der äthiopische Regisseur Yared Zeleke eine dörfliche Coming-of-Age-Geschichte mit märchenhaften Anklängen
Beim Filmfestival von Cannes markierte in diesem Jahr »Ephraim und das Lamm« eine bemerkenswerte Premiere: Es war der erste Film aus Äthiopien, der eingeladen wurde. So scheint es ganz passend, dass dieser Gesandte eines nur wenig bekannten Landes einiges über seine Herkunft erzählt. Trotz zahlreicher internationaler Partner in der Produktion verfällt er allerdings nicht in einen Erklärungsmodus. Was er erzählt, das kommt ganz ungezwungen mit seinen Bildern, Stimmungen und Figuren.
Landschaften von betörender Schönheit prägen diese Bilder und die Umgebung, in der der neunjährige Ephraim (ausdrucksstark: Rediat Amare) aufwächst, doch das Leben mit seinem Vater und seinem besten Freund, dem Schaf Chuni, ist von bitterer Armut geprägt. So beschließt der Vater eines Tages, in Addis Abeba nach Arbeit zu suchen; Ephraim soll derweil bei Verwandten in den Bergen unterkommen. Doch der Junge gewöhnt sich dort nicht ein. Sein neuer Stiefvater Solomon ist streng und engstirnig. Als er zu einem hohen Feiertag schließlich sogar das geliebte Schaf schlachten will, schmiedet Ephraim Fluchtpläne.
Eine einfache Geschichte mit klaren Konflikten, einfühlsam und voller Zärtlichkeit erzählt. In jedem Alltagsdetail vom Leben in kargen Hütten und dem Kampf um die Grundlagen der Existenz ist zu spüren, dass der Filmemacher all dies genau kennt. Was seinen Film aber über eine ethnografische Studie hinaushebt, ist zum einen die Eleganz, mit der er die Zeichen gesellschaftlichen Wandels in seine Erzählung verwebt, zum anderen der märchenhafte Anklang, der sich ebenso unaufdringlich einmischt.
Den Wandel verkörpert etwa Ephraims Freundin Tsion. Tradition und Heirat interessieren sie nicht, sie ist eine fanatische Leserin, verschlingt Zeitungen, interessiert sich für moderne Landwirtschaft und den Klimawandel. Auch Ephraim steht für eine Befreiung von hergebrachten Rollenmodellen, wenn er sich mit Hingabe und Talent dem Kochen widmet und dadurch den Spott des Stiefvaters auf sich zieht, da Küchenarbeit eines Mannes nicht würdig ist.
Märchenhaftes klingt bereits in der Situation des Jungen in der Fremde an, der sein Lamm vor der Opferung bewahren will, und spielt dann in Gestalt einzelner Szenen in die Erzählung hinein, beispielsweise als Traum Ephraims von einer Familienidylle oder in einer gefährlichen Begegnung im »verbotenen Wald«. Zudem lassen immer wieder einzelne Bilder Wundersames assoziieren und hauchen der ansonsten sehr klar gehaltenen Geschichte vom Erwachsenwerden eine zarte, bisweilen irritierende Poesie ein. Auch wenn die Musik stellenweise einen Hauch zu süßlich tönt und der Erzählfluss gegen Ende etwas unruhig gerät, ist »Ephraim und das Lamm« ein starkes Beispiel für die Kunst, sehr spezifisch von einem Land und seinen Menschen zu sprechen und zugleich von Universellem zu erzählen.
Kommentare
Ephraim und das Lamm
Grandioser Film. Wundervolle Bilder, schöne Sprache. Fein mit viel Ästhetik.
Ephraim und das Lamm
Ein sehr feiner, sensibler Film. Die Figur Ephraim bricht die Konvention seiner Kultur/Landes und findet zur eigenen Identität und Fähigkeit.
Schön, dass auch ein Junge die Kunst des Kochens lieben darf und durch die weisen, alten Damen seiner Kultur Unterstützung findet. Ein emanzipierter Junge.
Ephraim und das Lamm
Wunderbarer Film
Leider gestern zur nachtschlafener Zeit im TV ausgestrahlt!!
Ein Film, der ins Herz geht
Ein Film, der ins Herz geht und zu Tränen rührt ob der einfühlsamen Erzählung, die so weit entfernt von unserem Leben ist.....
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns