Apple TV+: »The Studio«

»The Studio« (Serie, 2025). © Apple TV+

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Von wegen Traumfabrik

Nabelschau wird in Hollywood seit jeher gern betrieben, und fester Bestandteil davon sind natürlich auch fiktionale Geschichten, mit denen sich die vermeintliche Traumfabrik wahlweise selbst feiert oder satirisch aufs Korn nimmt, im Idealfall beides. Längst geschieht dies nicht mehr nur auf der Leinwand, sondern auch in Serienform. Von »The Offer« über »Sugar« oder »Brand New Cherry Flavor« bis hin zu »The Franchise« reicht die wachsende Liste der Streamingproduktionen, die sich – mal mehr, mal weniger intensiv – mit der Filmbranche auseinandersetzen. Doch nun treiben Seth Rogen und Evan Goldberg mit ihrer Comedyserie »The Studio« das Ganze auf die Spitze.

Im Zentrum stehen die fiktionalen Continental Studios, ein alteingesessenes, aber etwas ins Hintertreffen geratenes Hollywood-Produktionsunternehmen mit riesigem Studiogelände mitten in Los Angeles und einem prächtigen Hauptsitz, von Frank Lloyd Wright 1927 im Mayan-Revival-Stil des Art déco entworfen. Ohne große Vorankündigung wird Produzent Matt Remick (Seth Rogen) vom Konzernchef (Bryan Cranston) zum neuen Studioboss befördert, was natürlich nicht ohne Bedingungen geschieht: Inspiriert vom »Barbie«-Erfolg soll er einen Blockbuster auf den Weg bringen, der auf dem Maskottchen des Getränkepulver-Herstellers Kool Aid basiert.

Für Matt ist die Aufgabe allen Ehrgeizes zum Trotz ein wahr gewordener Alptraum, empfindet er sich doch als Cineasten alter Schule, der lieber die neusten Ambitionen von Martin Scorsese unterstützen würde und allgemein Zelluloid dem digitalen Drehen vorzieht. Doch dies wird im Verlauf der zehn Episoden von »The Studio« bei weitem nicht die einzige Herausforderung sein, die es zu meistern gilt. Denn nicht nur liegt ihm die Entschlossenheit fordernde Führungsrolle eigentlich kein bisschen, sondern es schießen auch immer wieder der erfolgsgeile Kollege Sal (Ike Barinholtz), die gnadenlose Marketingleiterin Maya (Kathryn Hahn), die von der Assistentin zur Executive-Producerin aufgestiegene Quinn (Chase Sui Wonders) oder gar die geschasste Ex-Chefin Amy (Catherine O'Hara) quer. Ganz zu schweigen von all den Superstars und hochsensiblen Filmemacher*innen, die sich im Studio die Klinke in die Hand geben.

Der Balanceakt, der Rogen und seinem langjährigen Freund und Mitstreiter Goldberg mit »The Studio« gelingt, ist bemerkenswert. Einerseits ist die Serie die ehrlichste, präziseste und wahrhaftigste Auseinandersetzung mit der eigenen Branche, die es seit Robert Altmans »The Player« zu sehen gab. Andererseits schaffen die beiden es mit ihrem Writers Room aber auch, ihre Geschichte mitsamt den Figuren über alles Insiderwissen hinaus so zu gestalten, dass man sich auch unterhalten fühlt, wenn man über die Filmbranche wenig mehr weiß, als dass Comicverfilmungen dieser Tage als sichere Bank gelten.

Weil die beiden wissen, dass Meta-Gags dafür nicht ausreichen, variieren sie Tonfall und Humor von Folge zu Folge. Mal steht Slapstick auf dem Programm, dann eher Cringe-Comedy mit viel Fremdschämpotenzial oder auch mal ein Krimiplot um eine verschwundene Filmrolle. Die bei Matts Oldtimer beginnende Nostalgie für goldene Hollywoodzeiten mischt sich clever mit dem Wissen um die mühsame Realität heutiger Produktionsbedingungen und einer großen Liebe zum Medium Film und nicht zu Los Angeles.

Wohl auch weil gerade Letzteres in den Drehbüchern und Dialogen allzeit spürbar ist, geben sich hier neben dem blendend aufgelegten Ensemble (in dem nicht zuletzt Hahn und O'Hara begeistern) mehr Gaststars die Ehre, als man sich hätte erträumen können. Von Scorsese, Ron Howard und Sarah Polley über Greta Lee, Paul Dano und Olivia Wilde bis hin zu Zoë Kravitz, Anthony Mackie oder Charlize Theron – um wirklich nur ein paar zu nennen – reicht die Liste derer, die sich selbst nur allzu gern durch den Kakao ziehen. Und nicht zuletzt so viel Selbstironie ist es zu verdanken, dass »The Studio« am Ende nicht nur als Geschichte über Hollywood überzeugt, sondern auch schon jetzt die mit Abstand witzigste neue Serie des Jahres ist.

OV-Trailer

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