Cannes-Blog

Barbara Schweizerhof

Ein Festival ohne politische Polemik hatte Leiter Thierry Frémaux zu Beginn dieses 77. Filmfestivals von Cannes in Aussicht gestellt. Die vielleicht größte Überraschung dieses Jahrgangs besteht darin, dass das Versprechen eingelöst wurde. Tatsächlich fand das Festival am Samstagabend seinen Abschluss mit einer Preisvergabe, die sich so unumstritten wie selten an die während der zehn Tage etablierten Favoriten hielt.

Barbara Schweizerhof

Eine der überraschendsten Wendungen des 77. Filmfestivals von Cannes ereignete sich außerhalb der Leinwand. Zu Beginn hatte die Nachricht, dass der iranische Regisseur Mohammad Rasoulof in seinem Heimatland zu einer mehrjährigen Haftstrafe und Peitschenhieben verurteilt worden war, den Wettbewerb um die Goldene Palme überschattet. Es war davon auszugehen, dass Rasoulofs neuer Film »The Seed of the Sacred Fig« in Abwesenheit seines Schöpfers Premiere feiern müsse.

Barbara Schweizerhof

Kaum ein Genre wird so eng mit der großen Leinwand assoziiert wie der Western. Dass Kevin Costner seinen neuen Film »Horizon« in Cannes vorstellt, erscheint folgerichtig, schließlich hat sich das Festival wie kein anderes in der Auseinandersetzung ums Streaming auf die Seite der Kinoauswertung geschlagen.

Barbara Schweizerhof

Stets dieselben Leute einzuladen, bringt Beständigkeit, aber auch einen gravierenden Nachteil: Man kann von ihnen nur eingeschränkt Neues erwarten. Thierry Frémaux, der seit mehr als 20 Jahren das Programm für das Filmfestival in Cannes bestimmt, hat es zu seiner Marke gemacht, den Wettbewerb an der Croisette als Stammtisch renommierter Filmemacher – darunter nur gelegentlich Frauen – zu organisieren, zu dem jeweils einige wenige Newcomer dazustoßen dürfen. Die Nachteile dieser Strategie zeigen sich in dieser 77.

Barbara Schweizerhof

Für das Programm von Cannes war es ein Mega-Coup, dass hier im Wettbewerb der neue Film von Francis Ford Coppola, »Megalopolis«, Premiere feiern würde. Zum einen, weil Coppola zur Geschichte dieses Festivals gehört, konnte er doch bereits zweimal – 1974 mit dem Abhörthriller »The Conversation« und 1979 mit dem Vietnamkriegsepos »Apocalypse Now« – den höchsten Preis gewinnen. Zum andern, weil »Megalopolis« selbst eine Mega-Vorgeschichte hat.

Barbara Schweizerhof

In Berlin sind die Filme oft politischer, in Venedig ist die Inszenierung exklusiver – aber wenn man ablesen will, wie es um das Filmgeschäft als solches steht, dann gibt es keinen besseren Spiegel als das Festival von Cannes. Auf den ersten Blick signalisiert das Wettbewerbsprogramm in diesem Jahr, dass es zumindest um das europäische Autorenkino nicht schlecht bestellt sein kann.

Barbara Schweizerhof

Auf die Wahrung der Form legt man beim Filmfestival in Cannes stets besonderen Wert. Einerseits verlas zur Eröffnung der 76. Ausgabe Catherine Deneuve als Solidaritätsbekundung das Gedicht einer jungen Ukrainerin, andererseits aber galt rund um den Festivalpalast herum eine strenge Bannmeile für politische Proteste. Sowohl die ukrainische Influencerin Ilona Chernobai, die sich auf dem Roten Teppich mit Filmblut übergoss, als auch das Model Alina Baikova, die Tage später am selben Ort ein T-Shirt mit Putin-Beschimpfung entblößte, wurden deshalb schnellstens von der Security abgeführt.

Barbara Schweizerhof

Tradition wird großgeschrieben auf dem Filmfestival von Cannes. Das gilt nicht nur für Rituale wie die »montée des marches«, den Roten Teppich vor dem Festivalpalast, dessen 24 Stufen die Stars erklimmen müssen, um ins Kino zu kommen. Es gilt besonders für den jährlichen Wettbewerb um die Goldene Palme, in dem stets gleich mehrere Regisseure antreten, die schon einmal gewonnen haben.

Barbara Schweizerhof

Die künstliche Intelligenz und der Einfluss von Plattformen wie ChatGPT auf den kreativen Prozess sind auch auf dem Filmfestival von Cannes in diesem Jahr ein wichtiges Thema. Während im Spezial-Effekt-Bereich der Einsatz von »artificial intelligence« (AI) schon seit längerem üblich ist, bereiten ihre erstaunlichen Fortschritte in Sachen Sprache allerorten Unwohlsein. Werden bald ganze Drehbücher von AI verfasst? Und wenn ja, wem gehört dann das Copyright?

Barbara Schweizerhof

Die von roher Gewalt geprägte Kehrseite des American Dream auf die Leinwand zu bringen, gehört zum Markenzeichen von Martin Scorsese. Sein neuester Film »Killers of the Flower Moon« stellte die wohl meist erwartete Premiere im diesjährigen Cannes-Programm dar und wirft einen Blick auf das für Scorsese bislang unbekannte Terrain der amerikanischen Ureinwohner, in diesem Fall ein Reservat des Osage-Stammes.