Cannes-Blog

Barbara Schweizerhof
Ein Filmfestival wie Cannes funktioniert nur dann, wenn sich das Publikum von einzelnen Stars und Filmen etwas ganz Besonderes verspricht. Erst dann kommt es zu jener leicht hysterisch aufgeladenen Erwartungshaltung, die Menschen dazu bringt, sich für Stunden in einer Schlange anzustellen mit der vagen Hoffnung, es ins Innere des Kinopalasts zu schaffen. Der Film mit den längsten Schlangen war in diesem Jahr bislang Ryan Goslings Regiedebüt, Lost River.
Barbara Schweizerhof

Nachher kommt Ryan Gosling und im Festivalpalais herrscht eine Stimmung wie vor Weihnachten.

Barbara Schweizerhof

Maps to the Stars ist bereits David Cronenbergs 5. Film im Wettbewerb von Cannes. Ausgezeichnet wurde er allerdings zuletzt 1996 mit Crash, wofür er den Spezialpreis der Jury erhielt. Cosmopolis vor zwei Jahren kam zwar meiner Erinnerung nach gut an, gilt im Nachhinein aber als eher schwacher Film. ein Schicksal, das, so fürchte ich, er mit Maps to the Stars bald teilen wird.

Barbara Schweizerhof

Acht von achtzehn Filmen des Wettbewerbs in Cannes sind bereits gelaufen und das bedeutet, dass mutig erste Bilanzen geschrieben werden. Noch fallen sie im Urteil allerdings sehr unterschiedlich aus, von "dieses Jahr ganz besonders dünn" bis zu "dieses Jahr ganz besonders stark". Die Filme, die für so ein Urteil eigentlich entscheidend sind, kommen allerdings noch: sei es Cronenberg, Assayas, Dolan oder die Dardennes, der Rest des Programms besteht im Grunde nur noch aus Filmen, die mit großen Erwartungen verbunden sind.       

Barbara Schweizerhof

Jeder ernsthafte Filmfestivalgeher kennt ihn, den Fluch des verpassten Films: Da lässt man einen Film im Wettbewerb aus, weil man denkt: zweieinhalb Stunden Timothy Spall als Maler im England des 19. Jahrhunderts, da mach ich mal was anderes mit meiner Zeit. Und prompt hat man ein "Masterpiece of subtlety" verpasst. Im Kritikerspiegel des "Screen-Daily" bekam Mike Leighs Mr. Turner eine sensationelle Durchschnittswertung von 3,6 (die Höchstnote wäre eine glatte 4).

Barbara Schweizerhof

Wenn es keine Kontroverse gäbe, hätte er wohl etwas falsch gemacht: Ein Film, der wie Grace of Monaco von einer der glamourösesten Figuren des 20. Jahrhunderts erzählt, ist prädestiniert dazu, auch zum Widerspruch reizen. Hauptsache, er ist es wert, dass über ihn geredet wird. Insofern hat das Filmfestival von Cannes mit seiner Wahl des Eröffnungsfilms auch in diesem Jahr wieder eine ganz richtige Entscheidung getroffen.

Barbara Schweizerhof

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, heißt es so schön, und vielleicht deshalb gibt es bei einem Festival wie Cannes derer mindestens vier: Nach  dem immer gern umstrittenen Eröffnungsfilm des Wettbewerbs – in diesem Jahr Grace of Monaco, über den vielleicht schon genug gesagt ist, schließlich läuft er bereits im Kino –, führt jede Sektion, "Un certain regard", die "Quinzaine des réalisateurs" und die "Semaine de la critique" ihren eigenen Eröffnungsfilm vor. Und unterdessen beginnt auch der eigentliche Wettbewerb.