Interview mit Alfonso Gomez-Rejon zu »Ich und Earl und das Mädchen«
Nach Jahren der Arbeit als Second-Unit-Director – für allerdings sehr prominente Regisseure wie Nora Ephron, Ryan Murphy und Alejandro Iñárritu – konnte Alfonso Gomez-Rejon 2014 mit »Warte, bis es dunkel ist« erst im letzten Jahr sein Kinoregiedebüt realisieren. Ebenfalls 2014 erhielt der an der texanischen Grenze zu Mexiko aufgewachsene Regisseur für seine Arbeit an der Serie »American Horror Story« eine Emmy-Nominierung
»Ich und Earl und das Mädchen« wirkt wie ein sehr persönlicher Film, dabei ist er nicht Ihre originäre Schöpfung, sondern eine Romanverfilmung...
Alfonso Gomez-Rejon: Das stimmt, mir wurde das Projekt ganz herkömmlich über meine Agentur angeboten. Aber nachdem ich die Geschichte las, wurde trotzdem sehr schnell eine sehr persönliche Angelegenheit daraus. Ich habe sehr darum gekämpft, dass ich es bin, der diesen Stoff verfilmen darf. Zumal ich nach meinem Slasher-Debüt »Warte, bis es dunkel ist« und meiner Arbeit für die Serie »American Horror Story« plötzlich in die Horrorschublade gesteckt wurde, wo ich eigentlich gar nicht hinwollte.
Wann fingen Sie denn eigentlich an, vom Kino zu träumen?
Sehen Sie, ich würde schon das Wort Traum nicht verwenden. Ich war 12 Jahre alt, als ich entschieden habe, Regisseur zu werden. Schon damals liebte ich Filme, doch erst als meine Schwester mir erzählte, dass man Regie tatsächlich studieren kann, wusste ich, was ich will.
Und dann?
Ich fand Scorsese. In mehrerlei Hinsicht. Zunächst seine Filme, auf VHS. Als ich erfuhr, dass er an der NYU studiert hatte, bewarb ich mich da auch. Mit 17 Jahren also wandelte ich in New York auf Scorseses Spuren. Drei Jahre später arbeitete ich für ihn.
Das klingt zielstrebig...
Von dem Moment an, an dem ich New Yorker Boden betrat, fing ich an, als Produktionsassistent zu jobben. Ich habe alles gemacht, Musikvideos, Studentenfilme, Independentproduktionen. Die New Yorker Filmszene war damals noch deutlich kleiner als heute. Und ich wusste einfach: Wenn Scorseses Firma irgendwann mal jemanden sucht, dann werde ich das mitbekommen, und man wird mich haben wollen, weil ich so viel Erfahrung habe. So kam es dann auch.
Und fortan an war Scorsese Ihr Mentor?
Erst einmal war er gar nichts, denn ich bekam ihn gar nicht zu Gesicht. Meine Hauptaufgabe waren zunächst Erledigungen für Cathy, seine Mutter. Aber irgendwann durfte ich ihm die Hand schütteln, seinen Assistenten am Telefon vertreten, mit ihm in Screenings sitzen. Als ich eines Tages mit nach Las Vegas fliegen und bei dem Dreh zu »Casino« dabei sein durfte, wusste ich, dass ich am Ziel war.
Bis zur ersten selbst inszenierten TV-Episode vergingen dann trotzdem noch 15 Jahre...
Sobald ich nach L.A. ging, lief es nicht mehr ganz so gut... Ich jobbte hier und da, war Regieassistent bei tollen Kollegen, schrieb Drehbücher. Aber der Knoten wollte irgendwie nicht platzen. Zwischendurch war ich sogar wieder drei Jahre zurück in Texas, und kurz davor, die Sache an den Nagel zu hängen.
Die Scorsese-Verweise in »Ich und Earl und das Mädchen« sind zahlreich. Aber noch prominenter ist Werner Herzog vertreten...
Herzogs Filme habe ich erschreckend spät entdeckt. Erst im Studium, denn in Texas hatten die Videotheken in den 80ern nicht viel von ihm auf Lager. Aber tatsächlich kommt Herzog schon in der Romanvorlage vor, das ist also nicht auf meinem Mist gewachsen. Ich habe ihn nur noch mehr in den Vordergrund gerückt. Wir erzählen ja von Jungs, die selber Filme drehen und parodieren, deswegen wollte ich unbedingt »Burden of Dreams«, die Doku über »Fitzcarraldo«, einbauen.
Haben Sie Herzog mal getroffen?
Nicht lange nach der Premiere des Films bekam ich eine Email von ihm, ohne Betreff. Mir rutschte das Herz in die Hose und ich dachte, der verklagt uns jetzt. Aber im Gegenteil fühlte er sich geehrt durch meine Arbeit und lud mich zu sich nach Hause zum Kaffee ein. Was für ein wunderbarer, weiser und kompromissloser Mann. Noch ein Vorbild mehr!
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