Der Antikenfilm: Rotes Blut & Weißer Marmor
»Gladiator II« (2024).© Paramount Pictures
Die Rückkehr des Sohns der Frau, die Maximus liebte . . . So ungefähr geht die Geschichte des neuen »Gladiator«-Films. Das Sequel erscheint passend: Es kommt zu einer Zeit, in der wir wieder anfangen, in Imperien zu denken
Am 14. November erscheint »Gladiator II« in den deutschen Kinos, beinahe ein Vierteljahrhundert nach dem ersten Teil. Das Altertum ist allgegenwärtig im Film, sei es ganz offenbar in den Monumentalfilmen und Serien dieses Jahrtausends bis hin zu Francis Ford Coppolas »Megalopolis« oder etwas obskurer in den Imperien und Mythenwelten von »Star Wars« und »Mad Max«. Was hat es auf sich mit unserer ungebrochenen Faszination für Säulen und Pyramiden, Gladiatorenkämpfe und Wüstenschlachten? Liefert der Antikenfilm nur alten, misogynen Wein in neuen CGI-Schläuchen oder verändert sich etwas in unserem Blick auf die Vergangenheit?
Die Antike vom alten Ägypten bis zum Ende Westroms (so ungefähr von 2500 vor bis 500 nach Christus) steht im Kino immer am Scheideweg: Babylon fällt, das Volk Israel zieht aus, Spartakus rebelliert, Christus kommt in die Welt, ein Kaiser stirbt. Weltgeist und Einzelschicksal verbinden sich zu einem ergreifenden Drama, denn für das Monumentale ist das Beieinander von Massenszene und Nahaufnahme entscheidend. Dem Genre ist die Parade eingeschrieben, Attraktion folgt auf Attraktion. Auch der kommende »Gladiator«-Film weiß, dass er die Spiele zum Brot liefert, und verspricht Seeschlachten im Kolosseum, Kämpfe gegen wildes Getier, dazu gleich zwei wahnsinnige Kaiser. Beim Monumentalfilm werden wir tatsächlich zu Plebejern: Es begeistert, dass da jemand so unvernünftig viel Geld in die Hand genommen hat und man für den Preis einer Kinokarte daran teilhaben darf.
Den Durchschnittsmenschen kennen diese Filme nicht. Alle sind übermenschlich groß, im Lieben, im Leiden, in der Tugend, in der Macht, in der Kraft. Konservative Körper-, Geschlechter- und Menschenbilder von verloren geglaubter Geradlinigkeit finden in der Filmantike ein besonders geräumiges Zuhause. Erzählt wird von dem, was als ewig menschlich gilt, denn die alten Mythen sind schon voll davon: von Schönheit und Liebe, Tapferkeit und Duckmäuserei, Großreichen, die wachsen, blühen und vergehen, vor allem aber vom Schicksal und denen, die es herausfordern. Wichtiger als der historische Zeitpunkt ist die Universalität des Dramas. So war es immer, so wird es wieder sein, sagen diese Filme – ihre Zeit ist darin eine zyklische.
Kein Wunder, dass der Antikenfilm sich ernst nimmt. Wo andere Genres selten ohne ironische Brechungen oder grelle Referenzen an ihre Vorgänger auskommen, steht er allein, beinah so vormodern wie sein Sujet. Anders als der Western scheint er auch zur Selbstdekonstruktion nicht fähig oder willig. Es herrscht heiliger Ernst im Kino; beim Anblick schwitzender, blutender Körper und menschlicher Größe frönt man, so die Historikerin Simona Slanička, der »feierlichen Selbstvergewisserung« imaginierter Kulturwurzeln und des Menschlich-Allgemeinen. Hier ist sie noch lebendig, die große Erzählung.
So groß und breit ist sie, dass sie sich inzwischen immer häufiger im großzügigen Serienformat entfaltet. Mit »Rome« (2005–07), »Spartacus« (2010–13), der deutschen Produktion »Barbaren« (2020/22) und jüngst Roland Emmerichs »Those About to Die« (2024) schwindet allerdings das Wohlwollen im Blick auf imperialen Glanz, der das Genre jahrzehntelang auszeichnete. Selbst als Peter Ustinovs Nero für »Quo Vadis« (1951) im Cäsarenwahn die Leier schlug beim Anblick des in Flammen stehenden Roms, schwang Dekadenzromantik mit. In den Serien und neueren Filmen geht es martialischer und dreckiger zu: In der Arena heißt es leben oder sterben, und wenn gemeuchelt wird, färbt Blut den weißen Marmor rot. In Stein gemeißelt sind sie also nicht, die Maximen des Antikenfilms. Wenden wir uns für einen Moment ihren Wurzeln zu.
Als die Bilder laufen lernten, zogen sie sich bald auch schon Sandalen an. Nahezu alle Filmländer begannen früh damit, ihre eigene Vorzeit und deren Mythen auf Zelluloid zu bringen. Um etwa 1910 verdichtete sich in Italien die Produktion immer längerer und größerer Antikenfilme, ihre Motive sind immergrün: »Die letzten Tage von Pompeji«, »Quo Vadis, Ben Hur«, schließlich »Cabiria« (1914) von Giovanni Pastrone, der neben Vulkanausbruch, Alpenüberquerung und Kindsopfern auch mit einer revolutionär freien Kamera aufwartete. Bereits damals war der Produktionsaufwand horrend, die Elefanten wurden im Dutzend gezählt.
1916 nahm mit dem Babylon-Abschnitt in D. W. Griffiths »Intoleranz« Hollywood Besitz vom Genre: Antikes Geschehen parallel montiert zur Gegenwart prangerte den Sittenverfall an. Die Nähe zu biblischen Erzählungen machte die Antike aber auch zu einem beliebten Sujet, um selbst unter dem moralisch strengen Hays Code laszive Bauchtänze und frivole Orgien zu präsentieren.
Das Historische war bei aller Unterhaltung stets auch Lehrstück in bürgerlich-klassizistischer Tradition, die Antike Bildungsideal. Wie der Literatur-wissenschaftler Hayden White feststellte, folgen die Historienfilme überwiegend einem Realismus, den der Roman des 19. Jahrhunderts etablierte. Ohnehin ist der Beginn der massenhaften Antikenbegeisterung in dieser Zeit zu finden: Die vielfach reproduzierten Historiengemälde eines Jean-Léon Gérôme oder Lawrence Alma-Tadema prägen die Kompositionen, Architekturen und Gesten der Filme ebenso wie das Theater und die Oper. Auch sind da die großen archäologischen Grabungen der Zeit: das Grab Tutanchamuns, die Abrahamsstadt Ur, die minoischen Paläste, Troja, Pergamon. Dass sich im fertigen Film nicht jedes Detail und oft genug auch überhaupt nichts mit den historisch fassbaren Tatsachen deckt: geschenkt. Der Antikenfilm muss eine Kinoleinwand und vor allem die Sitze vor ihr füllen, und so ist die Beziehung zu Geschichtsschreibung und Archäologie eine der Hassliebe – man braucht einander, doch der Umgang ist nicht immer fürsorglich.
Das zweite goldene Zeitalter des monumentalen Antikenfilms war bekanntlich eine Reaktion auf das Fernsehen. Auf der Kinoleinwand lockte das Cinemascope-Breitbildformat erstmals mit »Das Gewand« (1953) und der Fortsetzung »Die Gladiatoren« (1954). Die Neuverfilmung des Romans »Ben Hur« schrieb 1959 vor allem mit ihrem fulminanten Wagenrennen Filmgeschichte, und Genre-Urgestein Cecil B. DeMille entfesselte einen Sturm der Spezialeffekte im alten Ägypten für »Die zehn Gebote« (1956). Jährlich erschien mindestens ein solches Monstrum von einem Film, die meisten von ihnen heute noch berühmt. Begleitet wurden sie von einer Kohorte an B-Movies besonders aus Italien, in denen Muskelmänner Heldentaten am laufenden Band vollbrachten. Da purzelten die Jahrhunderte durcheinander, wie sie lustig waren: Herakles eifert mit Ursus um die Gunst der Kleopatra im Kampf gegen die Gorgonen, so in dieser Art. Ägypten und Rom waren nach wie vor fürs Staatstragende zuständig; die griechische Mythologie zog man eher für die Fantastik und den Abenteuerfilm heran. Der Trickexperte Ray Harryhausen hat sich mit »Jason und die Argonauten« (1963), »Kampf der Titanen« (1981) und mehreren Sindbad-Filmen darum verdient gemacht. Die Buchadaption »Percy Jackson« setzt diese Tradition im neuen Jahrtausend mit zwei Filmen und jüngst einer Serie fort, in denen jugendliche Halbgötter in den USA der Gegenwart mit den Launen ihrer olympischen Verwandtschaft und mythischen Ungeheuern ringen.
Die Politisierung und Aktualisierung des Genres, die sich in Stanley Kubricks »Spartacus« (1960) andeutete, konnte dagegen nie Fuß fassen. Der Drehbuchautor Dalton Trumbo brachte den Sklavenaufstand mit Bürgerrechtsbewegung und Klassenkampf in Verbindung, was rechte Demonstranten zu Kinobarrikaden veranlasste. Das goldene Zeitalter ging dann mit großer Prachtentfaltung zu Ende: »Cleopatra« (1963) und – passenderweise – »Der Untergang des römischen Reiches« (1964) verschlangen in ihrer Megalomanie Unsummen und kamen doch nach ihrer Zeit – wirtschaftlich gesehen waren sie Desaster.
Danach lag alles in Trümmern: Die bildungsbürgerliche und romantische Antikenverehrung, die Selbstgewissheit des Christentums, das Imperiale waren im Blockdenken erstarrt. Auf den Ruinen tanzten einige Jahrzehnte des Hedonismus und der entfesselten Kunst. Der Antikenfilm überlebte als – manchmal genialer – Pastiche und im Autorenfilm. In Fellinis »Satyricon« (1969) und Tinto Brass' »Caligula« (1979) eskalieren die Orgien ins Skandalöse, wenn sich das Who's Who Roms ganz seinen Exzessen hingibt. Monty Python fing sich mit »Das Leben des Brian« kirchlichen Zorn ein, Derek Jarman explizierte in »Sebastiane« (1976) die latente Homoerotik dieses Männergenres, und Sean Connery schoss sich in »Zardoz« (1974) als Revolutionär durch eine herrschende Klasse in griechischer Tracht. Star Wars schließlich zelebrierte die im Pulp und in Star Trek längst vollzogene Ehe von Sci-Fi und Antike, in der Tagespolitik und Mythologisches zusammengehen und dem Imperium qua ödipalem Vatermord der Garaus gemacht werden muss. Für Indiana Jones als »Jäger des verlorenen Schatzes« (1983) regt sich die Antike noch in ihren Felsgräbern, ist aber schon größtenteils musealisiert.
Etwa 35 Jahre dauerte es, bis wieder ein wirklich monumentaler Antikenfilm in die Kinos kam. Ridley Scott drehte »Gladiator« (2000) für das neue Jahrtausend mit einem Großaufgebot, erstmals auch an CGI. Vorbereitet worden war die neue Antikenbegeisterung schon durch das Fernsehen der 90er, allen voran die Abenteuerserien »Hercules« und »Xena«. 2004 folgten »Troja« von Wolfgang Petersen und Oliver Stones »Alexander«, in denen der männliche Körper wie selten zuvor in Hollywood zum Lustobjekt und gleichzeitig die Nähe zum Charakterdrama gesucht wurde.
Das Unterhaltungskino hatte zu neuen Formen gefunden, in deren opulenter Computervisualität und rascher Erzählweise die Bilder von den tausend Schiffen gen Troja, vom Zorn des Achill und den »300« (2006) Spartiaten »wirklicher« erschienen denn je – obwohl sie virtueller waren als die Gips- und Pappmaché-Welten der alten Filme. Die Ewige Stadt, die sich bis zum Horizont erstreckt, in ihrer Mitte das gigantische Kolosseum in all seiner Pracht, beschienen von der mächtigen Sonne Roms, bevölkert von Zehntausenden, die rufen und johlen, toben und schmachten, während unten im Sand Russell Crowe mit ausgewachsenen Tigern streitet: So etwas hatte man nun wirklich seit beinah 2000 Jahren nicht mehr gesehen. Dass die Post-9/11-Politisierung das Verlangen nach Heroismus schürte, tat ein Übriges zur Faszination.
Vom großen Antikenboom war die Rede, der das Genre zwar mit Nachdruck wiederbelebte, jedoch heißer gekocht als gegessen wurde. Zeitweise waren ganze fünf Alexanderfilme in Planung, darunter von Martin Scorsese und Baz Luhrmann. Vin Diesel wollte Hannibal sein, James Cameron einen Pompeji-Film drehen. Dem Genre im großen Stil etwas anderes als die ewige Maskulinität beizugeben, versäumte man vor wie hinter der Kamera auch dieses Mal.
Neben Fantasy-Abenteuern wie der Neuauflage von »Kampf der Titanen« (2010 und 2012) findet sich das Gros des Genres in Low-Fantasy-Erzählungen wie »Centurion« (2010) oder »Hercules« (2014) und in der Konstante der Bibelfilme. Ridley Scotts Mosesfilm »Exodus: Götter und Könige« (2014), die Actionklamotte »Gods of Egypt« (2016), auch »Pompeii« von Paul W. S. Anderson (2014) und das Remake von »Ben Hur« (2016) floppten allesamt, so dass die Budgets in bescheidenere Sphären zurückkehrten.
Vielleicht hatten wir es weniger mit einem Antikenboom zu tun als vielmehr mit zunächst einem Erstarken und dann einer Normalisierung des Monumentalfilms. In diesem Licht betrachtet war »Gladiator« eher ein Weggefährte von »Der Herr der Ringe« und ein Vorläufer der heute gängigen drei Stunden Laufzeit im Blockbusterkino. Reihen wie Fluch der Karibik, Avatar und schließlich das Marvel Cinematic Universe vereint vor allem ihr enormer Produktions- und Marketingaufwand. Die Antike war ein Katalysator für Kinogroßformat und Abenteuer, eignet sich aber kaum zum Franchise.
Und was ist nun neu in der letzten Film- und Serienwelle, was hat sich verändert im Blick aufs Altertum? Verschwunden sind vor allem die frühen Christen, die bis in die 50er Dreh- und Angelpunkt des Genres waren. Die Ruhmsucht und Grausamkeit des Großreichs sollten im Heiland überwunden werden, dessen frohe Botschaft ihren Weg zu den zunächst heidnisch-widerspenstigen Protagonisten fand. Darin wird auch das Janusgesichtige im Genuss dieser Filme deutlich wie nirgends sonst: Für die Frommen gab es Wundertaten und Nächstenliebe, für die Zyniker Mord und Totschlag (oder, und das ist wahrscheinlicher: umgekehrt). So oder so: Fluchtpunkt war die Vereinigung der Welt unter einer Idee, der christlichen oder der imperialen. Vom Reich Gottes will der Antikenfilm heute nichts mehr wissen, es geht weltlicher zu.
Wenn es um Rom geht, kommen wir am Denken in Imperien und Herrschaft nicht vorbei. In der Vorliebe für Pharaonen, Feldherren und Kaiser, seltener auch ihre weiblichen Entsprechungen, steckt die Sehnsucht nach dem guten Herrscher so sehr wie die Angst vor der Macht in den falschen Händen. Ein vertrackt undemokratisches Sehnen drückt sich hier aus – das Gute scheint stets schon in der Vergangenheit zu liegen. Wie in »Gladiator«, wo es heißt: der »Traum, der Rom war«.
Die Perspektive aufs Imperium aber hat sich gewandelt: Nicht mehr das strahlende Reich und das Bangen um seinen Fall interessieren uns, sondern das partikulare »barbarische« Außen und dessen Widerstand gegen die Besatzungsmacht. In Ländern, die während der Neuzeit kolonisiert wurden, ist dieser Antiimperialismus längst Teil des Blicks auf die weitere Vergangenheit. Alexander der Große etwa, von Hollywood auf Eroberungsfeldzug gesandt, wird im indischen Kino regelmäßig ganz antikolonial durch König Poros gestoppt. Für das westliche Kino ist das eine Neuausrichtung. Michael Fassbender wird als »Centurion« (2010) abtrünnig und bleibt bei seiner piktischen Geliebten. In »Pompeii« (2014) widersetzt sich ein Liebespaar aus der titelgebenden Provinzstadt der hauptstädtischen Einflussnahme, und bei »Barbaren« (2020/22) weiß man gleich, wessen Perspektive zum Tragen kommt. In der Serie »Those About to Die« (2024) ist der moralische Anker eine numidische Familie, die grausam in die römische Sklaverei entführt wurde. Der Rest von Rom ist zu einem reinen Sündenpfuhl verkommen, es ist ein einziges Hauen und Stechen, Geld und Macht allein sind von Bedeutung, vom niedersten Sklaven bis zum Kaiserthron. Der »Traum, der Rom war«, er ist ausgeträumt.
Ob diese Wandlung vom Eroberungs- zum Befreiungskrieg von Dauer sein wird, wissen wir noch nicht. Ein J. D. Vance sieht die Vereinigten Staaten derzeit in spätrepublikanischen Zeiten, ein Zug des Präsidentenamtes ins Kaiserhafte zeichnet sich ab, auch Mark Zuckerberg kokettiert immer offener mit seinem Selbstverständnis als Wiedergänger von Kaiser Augustus. Wenn Emmanuel Macron daran erinnert, dass dieses Europa sterben kann, dann verdeutlicht das, wie sehr das imperiale Denken gerade wieder kollektiv erlernt wird. Ans Ende der Geschichte glaubt nun niemand mehr, unsere Zeiten sind historisch. Sollte der monumentale Antikenfilm wiederkehren, dann am wahrscheinlichsten als bellizistischer Begleiter dieser Erfahrung. »Gladiator II« wird uns sicherlich etwas verraten über unser Verhältnis zu Imperium und Widerstand, Herrschaft und Macht. Ob er eine neue Schar an Antikenfilmen nach sich ziehen wird, bleibt abzuwarten, auch wenn der dritte Teil schon in Planung ist.
Aber vielleicht ist das auch nicht nötig, denn das Genre gewinnt gerade dann an Reiz, wenn es abseits der Pfade wandelt, über die bereits zu viele Triumphwägen gerollt sind. Der Operettenfilm »Amphitryon – aus den Wolken kommt das Glück« (1935) beispielsweise nahm leichtfüßig den Führerkult aufs Korn, indem er Zeus auf Brautschau unter Menschen schickt. Einem republikanisch-römischen Unterhaltungsverständnis kommt ein Musicalfilm wie »A Funny Thing Happened on the Way to the Forum« (1966) erstaunlich nahe. Klassizistische Bildungsliebe und Formensprachen sind nirgends so lebendig wie im Frühwerk Peter Greenaways, wo »Der Bauch des Architekten« (1987) und »Prosperos Bücher« (1991) die größte Altertumsaffinität haben.
Immer noch viel zu selten gesehen ist Alejandro Amenábars »Agora – Die Säulen des Himmels« (2009), in dem Rachel Weisz als Philosophin Hypatia die Ausbreitung des Christentums im spätantiken Alexandria miterleben muss. Sie ist eine der seltenen weiblichen Hauptfiguren im Genre und ermöglicht uns kontemplativen Abstand zum hysterischen Gemetzel. Kaum ein Film fühlt sich so heimisch in seinem antiken Setting, und siehe da: Aufs menschliche Maß gebrochen, wird das Große auch wieder monumental.
»The Northman« (2022) von Robert Eggers ist zwar mittelalterlich, bringt aber eine genuine historische Fremdheitserfahrung – der Ägyptologe Jan Assmann nannte sie das Kontrapräsentische – mit sich, indem seine Figuren auf eine ganz und gar unzeitgemäße Weise von Mythen und Schicksal besessen sind.Und wer vergeblich die jugendliche Leichtfüßigkeit oder das kindliche Pathos sucht, die den Alten Griechen gemeinhin nachgesagt werden, der sollte vielleicht den »Zorn der Titanen« vergessen und sich »Call Me by Your Name« (2017) noch einmal hingeben.
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