Disney+: »Andor« Staffel 2

»Andor« (Staffel 2, 2025). © Lucasfilm Ltd. and TM.

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Der Preis der Rebellion

Es ist etwas in Bewegung geraten. Aus den nadelstichartigen Sabotageakten zersplitterter Aufständischer formiert sich ein zunehmend organisierter interplanetarer Widerstand. Ein Jahr nach den Ereignissen aus Staffel 1 arbeiten Titelheld Cassian Andor (Diego Luna), das Rebellen-Mastermind Luthen Rael (Stellan Skarsgård) und Senatorin Mon Mothma (Genevieve O'Reilly) weiter an einer Graswurzelrebellion gegen das Imperium. Die unterkühlte wie übereifrige ISB-Agentin Dedra Meero (Denise Gough) ist ihnen stets auf den Fersen, und Geheimdienstdirektor Orson Krennic (Ben Mendelsohn) bastelt heimlich an einer legendären Waffe. Am Ende laufen die Fäden der über fünf Jahre erzählenden Staffel zusammen und bereiten inhaltlich den Kinofilm »Rogue One« (2016) vor.

Die gute Nachricht: Die zweite Staffel ist noch besser als die erste. Kameraführung und Set-Design sind erstklassig. Manche Shots zählen zum Atmosphärischsten, was »Star Wars« seit dem Neustart des Franchise unter Disney-Ägide zu bieten hat. Die Spannungskurve zieht enorm an, und die Story verknüpft virtuos aktuelles Weltgeschehen mit »Star Wars«-Lore zu einem düster-psychologischen Politthriller über die Opfer, die der bewaffnete Widerstand gegen ein totalitäres System einfordert.

Insbesondere Genevieve O'Reilly sticht aus der Besetzung hervor. Mit fragiler Janusköpfigkeit balanciert ihre Mon Mothma zwischen den Rollen als wohltätige Politikerin und besorgte Mutter sowie ihrer subversiven Tätigkeit als Finanzier der Rebellen. Von einem Moment auf den anderen wechselt sie zwischen charmantem Lächeln auf High-Society-Empfängen und ängstlichem Blick, wenn ihr die Situation zu entgleiten droht. Ihrem aufrechten Humanismus gegenüber verkörpert Luthen Rael die unbedingte Kompromisslosigkeit einer verwundbaren Rebellion. Als undurchsichtiger Strippenzieher eliminiert er gnadenlos alle Sicherheitsrisiken. Zu viel steht auf dem Spiel, als dass man sich Fehltritte leisten könnte. »Menschen versagen. Das ist unser Fluch«, sagt er. Cassian Andor komplettiert das Trio als hitzköpfiger Space-Desperado und Galionsfigur wider Willen.

Die schlechte Nachricht: In Staffel 2 kommt noch weniger »Star Wars«-Feeling auf als in der ersten. Obwohl der Auftakt sogar noch mit einer turbulenten Flucht im gestohlenen TIE Fighter aufwartet, man hier und da einen Stormtrooper sieht und der eine oder andere bekannte Name fällt, verzichtet »Andor« weitgehend auf Weltraum-Action und Fan-Service. Das hat zuletzt auch immer schlechter funktioniert. Die Serienableger »Ahsoka«, »The Acolyte«, »The Book of Boba Fett« und »Obi Wan« kamen trotz prominenter Auftritte beliebter Figuren und Anspielungen auf die Originaltrilogie nicht über erzählerisches Mittelmaß hinaus.

Showrunner Tony Gilroy hingegen traut seinem Publikum einiges zu. Wen schon das Gerede von Handelsblockaden in »Episode I – Die dunkle Bedrohung« (1999) gestört hat, muss sich hier in einem viel komplexeren Dickicht aus gravitätischen Dialogen, geheimdienstlichen Finten und politischen Ränkespielen zurechtfinden. »Andor« konfrontiert seine Zuschauer mit den schmutzigen Tricks des imperialen Geheimdienstes, aber auch der skrupellosen Rigorosität eines sich konsolidierenden Widerstands. Es geht um Ausbeutung natürlicher Ressourcen, Jagd auf illegale Arbeitsmigranten, Genozid und die Verdrehung der Wahrheit.

»Andor« ist immer dann besonders gut, wenn es zeigt, was sich in den opulenten Filmen nur andeutet: Welche Mechanismen halten ein autokratisches System auf der mittleren Ebene zusammen? Wie leidet das einfache Volk unter der eisernen Hand des Imperiums – jene, die sich nicht mit Laserschwertern, Sternenjägern oder der Macht zur Wehr setzen können? Das unterfüttert die galaktische Saga einerseits mit realistischer Substanz und Fallhöhe: Es geht um was – für beide Seiten!

Andererseits ist diese notorische Ernsthaftigkeit auch die größte Schwäche von »Andor«. Leichtfüßigen Abenteuerspaß, Androiden-Slapstick oder schlitzohriges Halunkentum à la Han Solo – man sucht es hier vergebens. Die politische Botschaft ist hingegen brennend aktuell. Ein faschistoides Lügenimperium macht Jagd auf einen »illegalen« Hispanic, der ihm die Stirn bietet. Man wünschte sich nur, all das würde sich allein »a long time ago in a galaxy far away« abspielen und nicht jeden zweiten Abend in der »Tagesschau«.

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