05/2017

In diesem Heft

Tipp

Von eleganter Schönheit: Die Fantasyserie »American Gods« nach dem gleichnamigen fantastischen Roman von Neil Gaiman
23. bis 28. Mai, Frankfurt – Mit über 100 Kurz- und Langfilmen ist das Nippon Connection Filmfestival, das dieses Jahr zum 17. Mal stattfindet, das weltweit größte Festival für japanischen Film. Ein besonderes Augenmerk liegt in diesem Jahr auf dem Dokumentarfilm. Gezeigt wird etwa »Mifune: The Last Samurai« über den legendären Schauspieler Toshiro Mifune, der u.a. für Kurosawa arbeitete
11. bis 12. Mai, Berlin – Am 18. Dezember 1917, also vor fast 100 Jahren, wurde die Universum Film AG (Ufa) in Berlin gegründet, die zu Deutschlands größter Produktionsgesellschaft und einem mächtigen Propagandainstrument der Nazis werden sollte. Die Berlinale hat dieses Jubiläum nicht zum Anlass einer Retrospektive genommen, aber unter dem Titel »Linientreu und populär. Das Ufa-Imperium 1933 bis 1945« beschäftigt sich die Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen mit den Verstrickungen der Firma in der NS-Zeit
11. bis 16. Mai, Oberhausen – Vom 11. bis 16. Mai wird Oberhausen wieder zur Hauptstadt des internationalen Kurzfilms. Über 500 kurze Arbeiten aus mehr als 50 Ländern zeigen die Kurzfilmtage in diesem Jahr. Dazu gehören das Themenprogramm »Soziale Medien vor dem Internet«, eine große Werkschau von Bjørn Melhus, weitere Retrospektiven von Barbara Sternberg, Sandro Aguilar, Nina Yuen, Jaan Toomik und Larissa Sanssour sowie die Ausstellung »Happyland« von Khavn de la Cruz. In den fünf Wettbewerben präsentiert das Festival aktuelle kurze Produktionen aus der ganzen Welt
6.5. bis 28.5., Hamburg – Die Österreicherin Ruth Beckermann dreht seit vier Jahrzehnten Dokumentarfilme, die sich vor allem mit der Geschichte auseinandersetzen. Zu ihren wichtigen Werken gehören »Ein flüchtiger Zug nach dem Orient«, über die Spuren, die Kaiserin Elisabeth in Ägypten hinterlassen hat, und »Jenseits des Krieges« über die Reaktionen auf die Wehrmachtsausstellung. Nach Stationen in Nürnberg und Frankfurt ist die Werkschau nun im Metropolis Hamburg zu Gast
3. bis 14. Mai, München – Neben den beiden Hauptwettbewerben, dem internationalen und dem deutschen, legt das 32. Internationale Dokumentarfilmfestival München in diesem Jahr einen Schwerpunkt auf Europa. In der Reihe »dok.euro.vision« laufen Filme, die Fragen nach der Zukunft Europas stellen. Fünf Dokumentarfilme stellen das Gastland Mexiko vor
Trostbedürftige Helden – Das Filmprogramm auf dem 37. Evangelischen Kirchentag im Mai kreist um Fragen dieser Zeit. Diskutiert werden moderne Spiritualität im Autorenkino, serielles Erzählen – und amerikanische Blockbuster
26. April bis 2. Mai, Wiesbaden – Im Zentrum der 17. Ausgabe des dem mittel- und osteuropäischen Film gewidmeten Festivals stehen wie immer die beiden Wettbewerbe mit Spielfilmen und Dokumentationen; es läuft etwa »Requiem für Frau J« von Bojan Vuletić. In diesem Jahr gibt es eine neue, projektbegleitende Festivalsektion: Oppose Othering, sich den Ausprägungen von Othering – also gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Ausgrenzung – widmet. Das traditionelle Symposium begibt sich in diesem Jahr unter dem Titel »Feministisch wider Willen« auf Spurensuche nach den Regie-Frauen aus dem Osten
Gesehen durch die Augen eines Jungen vermittelt Mike Mills in dieser Hommage an seine Mutter fein gezeichnete und ungewohnt authentische Bilder von unterschiedlichen Frauen, ihrer Art zu leben und der Weise ihrer Wahrnehmung
am So., den 21.5. in Frankfurt am Main - epd Film-Autor Rudolf Worschech spricht mir dem Kameramann Frank Griebe über »Denk ich an Deutschland in der Nacht«

Thema

Seit 20 Jahren ist Billy Crudup einer der souveränsten Schauspieler des amerikanischen Kinos. Nur zum Star hat es irgendwie nie gereicht. In diesem Monat spielt er gleich zwei markante Nebenrollen in denkbar gegensätzlichen Filmen, Ridley Scotts »Alien: Covenant« und in der Charakterstudie »Jahrhundertfrauen«
Ridley Scotts Space-Ungeheuer war stets auf Fortpflanzung aus. Und es hat eine Menge Eier gelegt, auch in den Sparten Comic und Game. Wiedererkennungseffekte gibt es dabei immer. Über das Spiel mit Standardsituationen
Wie filmt man Musik? Dieser Frage stellt sich Romuald Karmakar in seinem neuesten Dokumentarfilm »Denk ich an Deutschland in der Nacht« bereits zum wiederholten Mal. Kein anderer deutscher Regisseur hat sich derart intensiv mit Technomusik und ihrem Umfeld beschäftigt. Andreas Busche sprach mit Karmakar in Berlin über Clubkultur, die visuellen Signaturen der Musik und die sozialen Architekturen, die daraus entstanden sind
Humor und Horror ­– das war in den letzten Jahren oft die Formel spanischer Filme. In diesem Monat läuft mit »Sieben Minuten nach Mitternacht« ein berührendes Horrormärchen an. Wolfgang Martin Hamdorf hat sich umgeschaut im neueren spanischen Film
Der Nahe Osten, die arabische Welt: Das scheint im Kino vor allem eine Problemzone zu sein. Tatsächlich aber suchen immer mehr Filmemacher die Lücken im System: popkulturelle Biotope, Orte widerständigen Alltagshandelns. Über Rapper und Raver zwischen Gaza und Algier
Unsere "steile These" des Monats Mai
»Twin Peaks« von David Lynch hat das Erzählen in Fernsehserien neu definiert. 1990 auf ABC zum ­ersten Mal ausgestrahlt, entwickelte sie sich auch bei uns zum Kultphänomen. Vor 25 Jahren lief der Kinofilm an. Jetzt hat Lynch eine dritte Staffel gedreht, die am 25. Mai im deutschen Pay-TV startet. Georg Seeßlen wirft einen Blick zurück auf eine Serie voller Geheimnisse und erfindungsreicher Bilder

Meldung

Iranische und irakische Filmemacher präsentieren sich auf dem internationalen Kurzfilmfestival in der irakischen Stadt Kerbala
Rainer Kaufmann, 57, Regisseur und Autor, arbeitet fürs Kino (»Stadtgespräch«, »Die Apothekerin«, »Ein fliehendes Pferd«), inzwischen aber vor allem sehr erfolgreich fürs Fernsehen (»Marias letzte Reise«). Sein neuer Tatort (»Die Liebe, ein seltsames Spiel«) läuft am 21. Mai

Filmkritik

Fernando Muracas Film »Das Land der Heiligen« setzt die Frauen der kalabrischen 'Ndrangheta ins Zentrum und entwickelt daraus ein feines Drama über die Zwänge ihres Lebens
Um weiterhin Hartz IV beziehen zu können, lässt ein »Sozialschmarotzer« seinen angeblichen Burn-out in einer Klinik therapieren. »Happy Burnout« ist eine unentschlossen zwischen Komödie und Drama pendelnde »Kuckucksnest«-Variation
Kameraexpedition in die mit Ideologie und Waffen aufgerüstete Südgrenze der USA, die jenseits der konkreten Begegnungen das Regime der Ausgrenzung anklingen lässt: »Borderland Blues«
Gemeinsam mit jener Frau, die sie einst als verlassenes Neugeborenes fand, sucht Rosemari nach ihrer leiblichen Mutter. Unterwegs geraten Lebensentwürfe in Bewegung und müssen Erwartungshaltungen justiert werden. Es ist eine Reise auf dem Terrain komplexer Emotionen, die sicher geleitet wird von einem subtil agierenden Ensemble
In ihrem Regiedebüt »Beat Beat Heart« improvisiert Luise Brinkmann mit ihren Schauspielern und landet bei verschiedenen Modellen der Trennungsverarbeitung, die zwar nicht neu, aber glaubhaft geschildert sind
Die Dokumentation über drei Referendare folgt dem üblichen Muster der Langzeitbeobachtung und regt an, über die Lehrerausbildung in Deutschland nachzudenken: »Zwischen den Stühlen«
Eine australische Fotografin wird in Berlin von einem Englischlehrer mit DDR-Kindheitstrauma entführt. »Berlin Syndrom« ist ein küchenpsychologischer Entführungsthriller mit Berliner Lokalkolorit, der nur selten Spannung aufkommen lässt
Mirjam Ungers Romanadaption »Maikäfer, flieg!« erzählt vom Kriegsende in Wien im Jahr 1945 und einer Welt, die aus den Fugen ist. Der Film kontrastiert schlüssig die Welt der Erwachsenen mit der der Kinder
Sobo Swobodnik will an die Opfer der NSU-Mordserie erinnern, doch mit ausdruckslosen Schwarz-Weiß-Bildern und greller Musikuntermalung versteigt sein Dokumentarfilm »6 Jahre, 7 Monate und 16 Tage« sich in ein vordergründiges Pathos
Die Tragikomödie »Victoria« über eine Strafverteidigerin (Virginie Efira), der die Grenzziehung zwischen Beruf und Privatleben nicht gelingen will, ist eine hintergründige Studie über Rolle und Identität
Jedes Jahr ruft die evangelische Kirche in Tansania einen Chorwettbewerb aus. Julia Peters porträtiert in ihrer Doku »Sing It Loud« drei Chöre auf dem Weg dahin, mit viel Gespür für die afrikanische Musik
Die Geschichte des Liedes, das zur Fußballhymne wurde und längst nicht mehr nur in Liverpool im Stadion an der Anfield Road gesungen wird. Regisseur André Schäfer gönnt sich in seiner Doku »You'll never walk alone« allerdings auch manche Abschweifung
Vordergründig erzählt Angela Schanelec in »Der traumhafte Weg« von zwei Paaren, die auseinandergehen. Aber das ist nur die Folie für eine so irritierende wie grandiose Folge loser Szenen, die sich zu einem die Essenz des Lebens einfangenden Filmpoem zusammenfügen
Tamara Tal begleitet in »Shalom Italia« drei Brüder einer jüdischen Familie, die Monate der Verfolgung in einer toskanischen Höhle überlebten und nun aus Erinnerungsgründen zur Spurensuche zurückkehren
Neurosen, Spleens und Macken von 13 Stadtneurotikern werden in »Einsamkeit und Sex und Mitleid« zu einem erzählerischen Bilderbogen verflochten, der mit prätentiösen Provokationen nur eine Blütenlese kopfgebürtiger Extravaganzen ist
Flirrend zwischen diskreter Dokumentation und behutsamer Inszenierung erzählt Monja Art in ihrem Spielfilmdebüt »Siebzehn« von den Verwirrungen der Gefühle in einer Teenager-Schulklasse auf dem österreichischen Land
Esoterik goes Hipster: Terrence Malick kehrt zurück in die Zivilisation und findet sie schrecklich. In seinem in der Musikszene von Austin, Texas angesiedelten, hochkarätig besetzten Liebesdrama »Song to Song« erweist sich die Welt als Hölle der emotionalen Einsamkeit
In einem kontrastreichen, mehrstimmigen Bewusstseinsstrom aus Musik und Erzählungen porträtiert Romuald Karmakar fünf Techno-DJs und schafft es mit wunderbar kontemplativen Bildern, die Leidenschaft zur Musik filmisch einzufangen: »Denk ich an Deutschland in der Nacht«
Gesehen durch die Augen eines Jungen vermittelt Mike Mills in »Jahrhundertfrauen«, einer Hommage an seine Mutter, fein gezeichnete und ungewohnt authentische Bilder von unterschiedlichen Frauen, ihrer Art zu leben und der Weise ihrer Wahrnehmung
Postapokalyptischer Western, metaphysischer Krimi, biblische Odyssee: Bouli Lanners schickt in seinem surrealen kleinen Meisterwerk »Das Ende ist erst der Anfang« zwei Kopfgeldjäger auf die Suche nach einem Handy und nach Erlösung
Inspiriert von Max Frisch reflektiert Volker Schlöndorff in »Rückkehr nach Montauk« unsentimental, uneitel und offen über die Missverständnisse der Liebe und des Erinnerns
In einer an starken Führungspersönlichkeiten armen Zeit entdecken Film und Fernsehen Winston Churchill. Nach »The Crown« und vor »Darkest Hour« zeigt Jonathan Teplitzkys solider Film »Churchill« den legendären britischen Premier in den schwierigen Tagen vor dem D-Day
Kindgerechter Animationsfilm, in dem einmal mehr ein Außenseiter zeigen kann, wozu er fähig ist. Dass die Wortwitze in »Überflieger« eher kalauernd sind, schmälert allerdings das Vergnügen des erwachsenen Zuschauers
Mit großer Materialfülle beleuchtet Andres Veiel den politisch-ästhetischen Hintergrund von Josef Beuys und verlässt sich dabei ganz auf seine Montagefähigkeit
Die Anatomie einer terroristischen Aktion: Zuerst beschreibt Bertrand Bonello, der große Melancholiker des neuen französischen Kinos, minutiös die Vorbereitungen der unbeschreiblichen Tat. Dann zeigt er den schrecklichen Nachhall des Terrors. »Nocturama« ist ein struktureller, geheimnisvoller Film über eine verlorene junge Generation
Jonathan Littell, berühmt geworden mit seinem Roman »Die Wohlgesinnten«, porträtiert in »Wrong Elements« vier ehemalige ugandische Kindersoldaten. Einfühlsam und geduldig, auch ästhetisch bemerkenswert, beleuchtet er deren persönlichen Umgang mit Leid und Schuld
Aus dem Porträt einer Berliner Alternativschule für junge Erwachsene macht Ale­xander Kleider ein lebendiges Pamphlet für einen ganzheitlichen Lern- und Bildungsbegriff jenseits von PISA-Kriterien: »Berlin Rebel High School«
In seinem Spielfilmdebüt »Die Reste meines Lebens« macht Jens Wischnewski den Zuschauer zum Komplizen eines jungen Mannes, der die Puzzlesteine seines Lebens nach dem plötzlichen Tod seiner Frau neu sortieren muss
»Get Out«, das fantastisch besetzte Regiedebüt des Komikers Jordan Peele, ist ein von gruseligen Untertönen und Humor durchzogener Gesellschaftskommentar, der auf unterhaltsame Weise den dauerpräsenten Rassismus in der US-Gesellschaft zum Thema macht
Toro und Victor sind Freunde. Der Boxer aus Polen und der drogensüchtige Spanier gehen in Köln auf den Strich. Elemente von Film noir und Melodram verbinden sich in »Toro« zu einer Coming-out-Geschichte, die den schwul-­katholischen Schuldkomplex angreift, dabei jedoch zu viele Klischees einsetzt
Die Romanze über einen verliebten Franzosen, der einer Schwimmlehrerin bis nach Island nachreist, erweist sich mit ihrem lakonischem Humor und ihrem ästhetischen Feingefühl als aparter Ausreißer im Liebeskomödien-Einerlei: »Der Effekt des Wassers«
Mit seiner Dokumentation »Gimme Danger« setzt Jim Jarmusch Iggy Pop und den Stooges ein glorioses Denkmal. Sein hemmungslos subjektives Bandporträt entwickelt dabei eine ästhetisch-politische Kraft, die den Alben der Stooges in nichts nachsteht
Asaph Polonskys Film »Ein Tag wie kein anderer« forscht nach den Absurditäten in der Verlustbewältigung und nähert sich auf humorvoll tänzelnde Weise der traumatischen Erfahrung
Ein Paar trifft sich ein halbes Jahr nach der Trennung wieder: Olivier Jahan inszeniert in »Die Schlösser aus Sand« das Zusammenkommen mit unsentimentaler Wehmut, einnehmenden Darstellern und einem Hauch Zuversicht
Ein Junge, konfrontiert mit dem nahenden Tod seiner Mutter: J. A. Bayona hat ein furioses Drama über Trauer und Loslassen gedreht. Mit einem Baummonster. »Sieben Minuten nach Mitternacht« ist kein Family Entertainment, aber für die ganze Familie
Auch in Sequel Nummer 8 gibt es noch Straßenrennenszenen, die überzeugen. Aber so ganz stimmt in »Fast & Furious 8« ohne Paul Walker die Mischung nicht mehr unter Dom und seinen Leuten

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