Apple TV+: »Silo« Staffel 2

»Silo« (Staffel 2, 2023). © Apple TV+

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Dystopische Gesellschaftsentwürfe sind eigentlich nichts Neues. Filme wie »Blade Runner«, »Children of Men« oder »Brazil« prägten das Genre. Die von Apple produzierte Serie »Silo« variiert dieses Motiv geschickt. Showrunner Graham Yost, der unter anderem für »Slow Horses« verantwortlich zeichnet, verknüpft mit seiner Adaption von Hugh Howeys dreiteiliger Romanvorlage faszinierende Schauwerte mit einem differenzierten Blick in eine düstere, von der Außenwelt hermetisch abgeriegelte Welt.

Etwa zehntausend Menschen hausen in einem Bunker, der 144 Stockwerke in die Tiefe reicht. Die Gesellschaft im Silo ist hierarchisch gegliedert. Die Führungselite in den oberen Stockwerken genießt Luxus in einem deutlich helleren Interieur. Die normale Bevölkerung lebt in der Mitte. In den untersten Ebenen sorgen die Mechaniker mit schweißtreibender Muskelarbeit dafür, dass Atemluft mit gewaltigen Ventilatoren durch das Silo zirkuliert.

In dieser totalitären Gesellschaft hat der Autokrat Bernard Holland die Macht. Tim Robbins spielt ihn als Hohepriester, der seine Untergebenen einschwört auf den »Pakt«, ein bibelartig anmutendes Buch, in dem die Unterdrückung der Silobewohner einen religiösen Anstrich bekommt.

In der ersten Staffel stellte Juliett Nichols (Rebecca Ferguson), eine Mechanikerin von ganz unten, die Macht des Führers infrage. Ist die Außenwelt vielleicht gar nicht so unbewohnbar, wie Bernard behauptet? Ist der Blick aus dem Fenster der »Cafeteria«, dem einzigen Raum, von dem aus die Bewohner die vermeintlich verwüstete Erdoberfläche sehen können, vielleicht nur eine Projektion?

Als Juliett, inzwischen zum Sheriff ernannt, diese subversive Behauptung verbreitet, wird sie aus der Gemeinschaft ausgestoßen. Durch das Fenster beobachten die Bewohner des Silos, wie sie mit ihrem Raumanzug hinter einem Hügel verschwindet. In der zweiten Staffel wird nun klar: Die Außenwelt ist tatsächlich verwüstet. Juliett findet aber den Einstieg in ein benachbartes Silo, eine gespenstische Ruine, in der sie zunächst nur auf Leichen stößt.

Ein einziger Überlebender schaut sie durch das winzige Fenster einer gigantischen Tresortür an. Solo, großartig gespielt von Steve Zahn, ist eine Mischung aus verlorener Seele und infantilem Nerd. Er kann kaum aufhören zu reden, erzählt wundersame Dinge über Katzen und Vögel. Und er weiß über die Taucherkrankheit Bescheid. Szenen, in denen dieser kindliche Mann und die toughe Macherin Juliett gemeinsam das Silo wieder in Betrieb nehmen, überzeugen als Hommage an Jules Vernes »20 000 Meilen unter dem Meer«.

Die zweite Staffel alterniert zwischen Actionszenen und dem Geschehen in jenem Silo, das Juliett verlassen musste. Der betont langsam erzählende Zehnteiler nimmt sich Zeit, um die repressive Gesellschaftsstruktur dieser unterirdischen Welt weiter auszuleuchten. Das Ganze wirkt zuweilen dialoglastig und etwas ausgewalzt. An die erfrischende Originalität der ersten Staffel reicht die zweite nicht ganz heran. Sehenswert ist sie trotzdem.

OV-Trailer

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