Kritik zu Überflieger – Kleine Vögel, großes Geklapper
Ein verwaister Spatz wird von einer Storchenfamilie aufgezogen und bekommt Identitätsprobleme: Warum soll nicht auch er im Winter nach Afrika fliegen?
Mit rasanten Flugaufnahmen eines frechen Spatzes, der in der Stadt auf Nahrungssuche geht, beginnt dieser Film. Dieser Spatz ist noch nicht der Held der Geschichte, sondern dessen werdender Vater. Denn noch bevor unser Held, der Richard heißen wird, aus seinem Ei geschlüpft ist, wird er zum Waisenkind. Ein Marder nähert sich dem Spatzennest, und das darauffolgende Stück Schwarzfilm erspart uns zwar wenig kindgerechte und Angst einflößende Anblicke, verfehlt aber seine dramatische Wirkung nicht. Als Richard endlich schlüpft, ist er jedoch nicht allein: Eine Storchenfamilie hat ihn unter ihre Fittiche genommen, die Mutter Aurora kümmert sich rührend um ihn, mit Max hat er gleich einen Bruder, nur der Vater Claudius ist nicht gerade begeistert – als Anführer des Schwarms muss er das große Ganze im Auge behalten.
Doch dann nähert sich der Herbst und damit der Abflug nach Afrika. Für Richard schlägt die Stunde der Wahrheit: Seine Pflegeeltern versuchen, ihm klarzumachen, dass er eben kein Storch und deshalb der weiten Reise nicht gewachsen ist. In der Nacht macht sich der Schwarm auf den Weg, und Richard findet sich am nächsten Morgen alleingelassen im Nest wieder. Für ihn heißt das, dass er sich nun auf eigene Faust auf den Weg machen wird. Natürlich findet er schnell Gefährten, denn wie andere Kinder- und Animationsfilme hat auch dieser die Botschaft: Mit anderen gemeinsam schaffst du es. Richard trifft zunächst eine hilfsbereite Zwergeule namens Olga und später den ebenso bunten wie egomanischen Wellensittich Kiki, einen Sänger mit mehr Leidenschaft als Talent, der davon träumt, beim Schlagerfestival von Sanremo aufzutreten.
Alsbald treten sie zu dritt die Reise an – oder besser zu viert, denn Olga hat einen besten Freund namens Oleg, den allerdings nur sie sehen kann. So sind entsprechende Konflikte zwischen den dreien vorprogrammiert. Es kommt der Punkt, an dem Richard sich von seinen Freunden im Stich gelassen fühlt und im Alleingang einen waghalsigen Versuch unternimmt, doch noch über das Meer nach Afrika zu kommen und den Storchenschwarm einzuholen. Kann er das schaffen? Wird es eine Versöhnung geben? Und wird Richard schließlich akzeptieren, dass er kein Storch ist?
»Überflieger« erzählt seine Geschichte klassisch kindgerecht, mit einem Außenseiter in der Hauptrolle, der sich mit zwei anderen Außenseitern auf eine gefährliche Reise begibt, die die neuen Freundschaften auf die Probe stellt, bei der es aber auch eine Reihe von Begegnungen mit schrägen Charakteren (hier etwa internetaffinen Tauben) gibt. Die Figuren mögen in ihrem Aussehen nicht so originell sein wie die Protagonisten aus dem vorangegangenen Film von Regisseur Toby Genkel, aber das liegt am Stoff, schließlich ging es in »Ooops! Die Arche ist weg« um jene Spezies, die es eben nicht auf Noahs Arche schafften. Dass manche der Wortwitze hier eher kalauernd sind und dass Kiki eine ziemliche Karikatur ist, schmälert denn doch das Vergnügen des erwachsenen Zuschauers.
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