10/2021
In diesem Heft
Tipp
Marburg, 28.–30.10. – Nachdem die Verleihung coronabedingt zunächst verschoben werden musste, kann nun die 20. Jubiläumsausgabe des Marburger Kamerapreises zusammen mit den 22. Bild-Kunst-Kameragesprächen stattfinden. Der Preis ehrt Filmschaffende für national und international herausragende Bildgestaltung und geht dieses Jahr an den französischen Kameramann Philippe Rousselot.
Hof, 26.–31.10. – Die 55. Internationalen Hofer Filmtage schaffen auch dieses Jahr wieder eine Plattform für deutsche Nachwuchsregisseure sowie Independent-Filme aus aller Welt. Das breite Angebot an Filmpreisen wird in diesem Jahr um die erstmals vergebenen Kategorien »Kurzfilmpreis« und »Publikums-Kurzfilmpreis der Stadt Hof« erweitert.
Leipzig, 25.–31.10. – Das Internationale Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm findet zum mittlerweile 64. Mal statt und bietet eine einzigartige Verbindung der beiden Sparten mit verschiedenen Wettbewerben und Sonderreihen. Nach einem Jahr Pause wird dieses Jahr auch wieder der Filmpreis »Leipziger Ring« an einen Film zum Thema Demokratie, Menschenrechte und zivilgesellschaftliches Engagement verliehen.
Wien, 21.–31.10. – Das größte Filmfestival Österreichs präsentiert in verschiedenen Sparten ein breit aufgestelltes internationales Filmprogramm und möchte die diesjährige Ausgabe zum Anlass nehmen, um über die Rolle des Films und der Filmfestivals in der Gesellschaft zu diskutieren. Auch die Filmauswahl nimmt gesellschaftliche Themen in den Blickpunkt, unter anderem mit dem Debütfilm von Ignacio Ceroi »Qué será del verano«.
Köln, 21.–28.10. – Das Internationale Film- und Fernsehfestival zeigt erneut die weltweit wichtigsten Trends und herausragende Arbeiten audiovisuellen Erzählens. Höhepunkt ist die Verleihung der renommierten Film Festival Cologne Awards.
Jena, 19.–24.10. – Das Internationale Kurzfilmfestival cellu l'art geht in die 22. Runde. In zwei Jenaer Kinos präsentiert der internationale Wettbewerb insgesamt 29 Filme aus 16 verschiedenen Ländern unterschiedlichster Genres. Als Specials laufen bekannte Reihen wie die »B-Sides« und der »Schock-Block«, aber auch Neuheiten wie die »Music Shorts«. Der diesjährige Länderschwerpunkt ist dem japanischen Kurzfilm gewidmet.
Frankfurt am Main, 15.–24.10. – Als crossmediales Festival schafft die B3 Biennale seit 2012 ein interdisziplinäres Netzwerk des bewegten Bildes. Im Filmprogramm läuft unter anderem der Kurzfilm »Corona Sick« und der finnische Film »Laughing Matters«. Zudem gibt es eine Sonderreihe zum Thema Identität. Den Ehren-BEN Award erhalten in diesem Jahr Oliver Stone und die Filmemacherin und Autorin Hito Steyerl.
Chemnitz, 9.–16.10. – Zum 26. Mal bietet das Internationale Festival ein Programm für Kinder und junges Publikum. Neben bekannten Formaten gibt es dieses Jahr zusätzlich den ersten »Central European Children's Film Market«. Das Festival wird, wie auch schon letztes Jahr, im Kino stattfinden.
Hamburg, 30.9.–9.10. – In insgesamt neun Sektionen zeigt das Filmfest Hamburg jedes Jahr im Herbst rund 100 nationale und internationale Spiel- und Dokumentarfilme. Zusätzlich zu den Kinofilmen sind im Rahmen des Hamburger Produzentenpreises auch acht abendfüllende Fernsehfilme noch vor ihrer TV-Ausstrahlung zu sehen. Der ebenfalls verliehene »Douglas Sirk Preis« geht dieses Jahr an den französischen Regisseur Leos Carax, dessen »Annette«, Eröffnungsfilm in Cannes, im Rahmen des Festivals Deutschlandpremiere feiert.
Nürnberg, 29.9.–6.10. – Das Nuremberg International Human Rights Film Festival ist Deutschlands größtes und ältestes Filmfestival zum Thema Menschenrechte. Zum ersten Mal als hybride Ausgabe mit Veranstaltungen vor Ort und Online-Angeboten, gibt es ein vielfältiges Filmprogramm aus Spiel-, Dokumentar- und Animationsfilmen mit politischem Anspruch. Zudem werden verschiedene Talkformate zu den Themen angeboten und Filmpreise in drei Kategorien verliehen. Im internationalen Wettbewerb läuft unter anderem die Tragikomödie »Blutsauger«, in der Julian Radlmaier die Absurditäten des Kapitalismus vorführt.
Die zweite Staffel der »Morning Show« stellt fiktiv die letzten drei Monate vor der Pandemie nach
Die Geschichte eines todkranken Vaters, der Adoptiveltern für seinen kleinen Sohn sucht: hochsensibel inszeniert und herausragend gespielt, frei von Pathos und zutiefst bewegend. Eine kleine Filmperle
Von Identitätspolitik bis zu Smoothie-Rezepten: Julie Delpy liefert mit »On the Verge« ihre in Los Angeles spielende »Sex and the City«-Variante
»American Crime Story: Impeachment« widmet sich der Bill-Clinton-Monica-Lewinsky-Affäre und verspricht ein tiefenscharfes Sittengemälde des Washingtoner Politikbetriebs
Die Geschichte ist schon oft erzählt worden, aber »Die skandalöse Affäre der Christine Keeler« stellt nun endlich die junge Frau in den Mittelpunkt, mit der alles begann
Mit unterkühltem Humor erzählt »Mein eigenes Begräbnis« vom letzten Glück eines verbitterten Todkranken
Am 14.10. sprechen York-Fabian Raabe und Eugene Boateng mit epd-Film-Autor Ulrich Sonnenschein im Kino des Deutschen Filmmuseums über ihren Film »Borga«
Mit »Wellington Paranormal« baut Taika Waititi das Mockumentary-Konzept seines »5 Zimmer, Küche, Sarg« weiter aus
Krimikomödie: Detlev Bucks »Wir können nicht anders« nach dem Netflix-Start jetzt auch auf DVD/Blu-ray
Stilistisch gelungen und mit viel Flair widmet sich die sechsteilige Agentenserie »Spy City« dem Kalten Krieg der frühen Sechzigerjahre
Der Tenno hat ihn nicht so interessiert. Werner Herzog wollte Japans letzten Dschungelkrieger treffen
Knut Elstermann hat DEFA-Stars seit der Wende begleitet. Und in seinen Interviews zeigen sie sich erfrischend bodenständig
In »Day of the Dead« dürfen Zombies wieder Zombies sein: Anlass für explizit ins Bild gesetzte Gewaltorgien und Ornament für Metaphern über den üblen Zustand unserer Welt
Der schwedische Sechsteiler »Box 21« trägt das Etikett »Nordic Noir«. Das steht nicht zwangsläufig für Qualität
Die Schönheit der Fremde: Raum und Grenze in den Filmen von David Lean
Hatten die Nazis ihre Filmproduktion propagandistisch voll im Griff? Oder haben sie sich vom Publikumsgeschmack treiben lassen? Eine Studie über die Filmhits der Zeit wirft Fragen auf
In »Y: The Last Man« wird der männliche Held beerdigt – in mehr als nur einem Sinn. Die vom Sender FX produzierte Serie nach Brian K. Vaughans Comic-Vorlage siedelt die Handlung in einer vom Trumpismus geprägten Ära an
DEFA in 70 mm: »KLK an PTX – Die rote Kapelle«
Thema
Mit festem Schritt verlässt Daniel Craig die Büros des MI6: »Keine Zeit zu sterben« ist sein letzter Auftritt als James Bond. Was hat der Mann uns bedeutet? Musste er überhaupt etwas bedeuten? Oder ist »007« eine Stelle, die jeder und jede besetzen kann? Eine Zukunftsspekulation von Georg Seeßlen
Sie sehen gut aus, sind hochdramatisch, dauern aber nicht so lange, und man weiß, wer die Guten sind. Meistens jedenfalls. Über den Appeal der Serien aus Südkorea
Die Französin Léa Seydoux, jetzt bei Bond und Wes Anderson, kann verführerisch sein, schräg oder bodenständig. Nur eins ist sie nicht: berechenbar
Meldung
Das 55. Filmfestival in Karlovy Vary kam mit starkem tschechischem Aufgebot, einem Hauch Politik und originellem Hygienekonzept. Unschlagbar trotz Corona: das Publikum und die Atmosphäre
In Toronto lief es in diesem Jahr noch nicht so richtig rund. Hybride Organisation, wenig Topproduktionen. Aber auch: große Darsteller und spannende psychologische Einblicke
Murathan Muslu, 39, Schauspieler, ist in österreichischen (Filmpreis für »Risse im Beton«) und deutschen Produktionen (»Tatort«, »Skylines«, »Pelikanblut«) zu sehen. Sein neuer Film »Hinterland« startet am 7.10.
Filmkritik
Ausgehend von seiner eigenen Biografie erzählt Sobo Swobodnik davon, was es bedeutet, die eigene Herkunft hinter sich zu lassen. Sein experimenteller Dokumentarfilm ist von Didier Eribon und Annie Ernaux geprägt und findet eindringliche Bilder für ein Gefühl andauernder Fremdheit
Völlig überdreht tritt in Teil 2 von »Boss Baby« Säugling Tina die Nachfolge vom einstigen Baby-Agenten Ted an, der nochmals in Aktion tritt. Viel zu schnell, wirr erzählt und auf Effekte haschend inszeniert, dürfte das Familien-Animationsabenteuer Kinder überfordern und zugleich die Erwachsenen langweilen
Florian Gallenberger gibt sich in seiner Bestsellerverfilmung nach der gleichnamigen Vorlage von Jochen-Martin Gutsch und Maxim Leo große Mühe, die Konventionen drastischer Teenie-Komödien für ein älteres Publikum zu adaptieren. Das Ergebnis ist eine Komödie, die Witz mit Peinlichkeit verwechselt und schamlos ein wertkonservatives Weltbild predigt
Vor dem Hintergrund eines landesweiten Stromausfalls erzählt Azra Deniz Okyay von verschiedenen Protagonisten in Istanbul, deren Wege sich kreuzen. Ein energiegeladenes Porträt einer Generation zwischen Armut, staatlicher Willkür und Repressionen
Zwischen Groteske und politischem Manifest werden in dieser Komödie über drei arme Teufel, die verfängliche Videos löschen lassen wollen, mit anarchischem Humor die Folgen der Online-Abhängigkeit veranschaulicht
Die letzte Reise des todkranken Vaters als komisch tragischer Roadtrip mit zwei besten Freundinnen, von Deutschland über Italien nach Griechenland. In der Verfilmung von Lucy Tanja Frickes »autofiktivem« Roman verbindet sich der Abschied vom Vater mit einer generellen Lebensrevision kurz vor dem 40. Geburtstag
Das Leben eines Paares in 15 Episoden. Dietrich Brüggemann kombiniert mit Anna Brüggemann und Alexander Khuon in den Hauptrollen Komödie, Tragödie, Groteske und Kulturkritik zu einem unterhaltsamen Bilderbogen
In Christophe Honorés turbulent-melancholischer Komödie ziehen die temperamentvolle Hosenjägerin Chiara Mastroianni und ihr lethargischer Mann Benjamin Biolay die Bilanz ihrer Ehe und begegnen den Geistern ihrer Vergangenheit
Dokumentation über die seit fünf Jahrzehnten andauernde Karriere der Sparks-Brüder, die mit musikalischen Experimenten, satirischen Texten und häufig wechselnden Musikstilen zu den bedeutendsten Musikern unserer Zeit gehören. Ein mit fast zweieinhalb Stunden Laufzeit langer, aber in keiner Sekunde langweiliger Film
Dank Valentin Riedls einfühlsamem Porträt der gesichtsblinden Künstlerin Carlotta bekommt der Zuschauer Einblicke in eine gar nicht mal so seltene Wahrnehmungsstörung, die Prosopagnosie. Das Vertraute wird fremd und das Fremde vertraut
Mit Stanley Tucci und Colin Firth als schwulem Paar erzählt Harry Macqueens Drama von einer Demenzerkrankung, doch weniger als Kranken- denn als Liebesgeschichte und in Form eines Roadtrips. Unsentimental, wunderbar gespielt und so zurückhaltend wie poetisch in Bilder gesetzt
Die Geschichte eines todkranken Vaters, der Adoptiveltern für seinen kleinen Sohn sucht: hochsensibel inszeniert und herausragend gespielt, frei von Pathos und zutiefst bewegend. Eine kleine Filmperle
Ein Dokumentarfilm über die gegenseitigen Berührungen von drei Frauen aus drei Generationen. Die Traumata einer Überlebenden. Tanzen zwischen Magie und Therapie
Michael Myers ist nicht totzukriegen: Im zweiten Teil der Horrortrilogie entzündet sich am Mörder mit der Gummimaske der unkontrollierte Hass der Masse. Horror als Trauma-Arbeit und Gesellschaftskritik, etwas unausgegoren.
Ein unterkühltes SF-Home-Invasion-Drama, entlang der Frage, was wäre, wenn die Invasion vom Home ausgeht
Vor dem Hintergrund einer faszinierend künstlichen Welt verzahnt Stefan Ruzowitzky Kriegsdrama, Horrorthriller und Serienkiller-Noir. Das Wien der 20er Jahre hat er, inspiriert von den Filmemachern und Malern des Expressionismus, im Computer komplett neu zusammengesetzt
Durch die Augen dreier junger, engagierter Frauen sehen wir eine Welt des Chaos. Ihr Kampf gegen Ungerechtigkeit und für mehr Klimaschutz bestärkt die Zuschauer darin, ebenfalls ihre Stimmen zu erheben. Eine ebenso motivierende wie aufrüttelnde Dokumentation
Eigenwilliger Film, der die Frage nach Partnerschaft, Liebe und Erotik neu stellt und in kleinen Szenen zu beantworten sucht
Als Verneigung vor dem Magazinjournalismus des 20. Jahrhunderts und nostalgische Liebeserklärung an ein idealisiertes Frankreich geht Wes Andersons episodisch angelegter Spielfilm zwar nicht unbedingt zu Herzen. Aber an visuellem Einfallsreichtum und geschliffenem Wortwitz ist er kaum zu überbieten
Julia Ducournaus Cannes-Gewinner über eine junge Frau, die Maschinen liebt und Menschen mordet, ist eine außergewöhnliche Erfahrung: düster, brutal und exzessiv, dabei aber auch von einer faszinierenden Vieldeutigkeit und fast sakralen Fluidität
Liam Neeson als Trucker kämpft im Schnee gegen Killer – unglaubwürdig konstruiert, schwerfällig inszeniert und schließlich unfreiwillig komisch. Ein Tiefpunkt in Neesons Action-Filmographie
»Die schönsten Jahre« heißt der Film im Original, aber Gabriele Muccino lässt offen, welche Zeitspanne im Leben seiner vier Protagonist:innen das sein könnte. Statt dessen also der Trinkspruch der Freunde fürs Leben, die sich früh finden, verlieren und spät wiederfinden. Die Kamera taucht ihren wechselvollen Werdegang in das Sonnenlicht einer Tourismuswerbung, ist aber oft ganz nah dran an ihren Erfahrungen von Verlust und Verbundenheit
Visuell überzeugende Naturdokumentation mit Defiziten bei der Vermittlung wissenschaftlicher Fakten
Mit ihrem handwerklich überzeugenden Debütfilm wirft Lisa Bierwirth einen unverkrampften Blick auf die Herausforderung einer interkulturellen Beziehung
Ein wahrer Fall aus dem 14. Jahrhundert, #Metoo im Kettenhemd: Dank fantastischer Besetzung und eines goßartigen Drehbuchs – von Matt Damon, Ben Affleck und Nicole Holofcener – gelingt Ridley Scott ein erstaunlich erwachsenes und zugleich packendes Ritterdrama
Einfühlsam und voller Respekt begleiten Imogen Kimmel und Doris Metz sieben Transmenschen auf einem Teil ihres Weges, erzählen von den Entbehrungen, Schmerzen und Glücksmomenten und übersetzen diese eindrücklich in eine eigene Bildsprache und Klangwelt
Amber Sealeys Film ist als psychologisches Duell angelegt, als Kräftemessen in Manipulationstechniken zwischen dem Frauenmörder und dem FBI-Analysten. Ein Kammerspiel als dynamisches Ballett der Blicke im nüchternen Verhörraum
Beeindruckende Dokumentation über drei Menschen in Kabul im Jahr 2018. Im Alltag sind Terror und Gewalt immer spürbar
Denis Villeneuves SF-Film saugt die merkwürdige ideologische Melange des Kultromans so energisch auf wie ein Riesensandwurm und verarbeitet sie zu einem visuell extrem attraktiven Wüstenabenteuer mit Hinweisen auf die aktuelle Weltlage. Trotz Überlänge: Da muss noch was kommen
Mit seiner originellen Verknüpfung zwischen Alltagsbeobachtungen und Science-Fiction-Motiven zeichnet Arturo Infante in seinem Debütfilm ein humorvoll-grimmiges Sittenbild der kubanischen Mangelwirtschaft
Allzu bemüht versucht Marcus H. Rosenmüller gesellschaftsrelevante Themen wie Gentrifizierung und Flüchtlingspolitik in seiner völlig überdrehten Komödie zu integrieren. Heraus kommt am Ende eine mit Milan Peschel, Sebastian Bezzel und Johanna Wokalek durchaus prominent besetzte Klamotte
Die bemerkenswerte und bittere Geschichte von Marcel Marceau, seinem Heldenmut und der lebensrettenden Kraft der Kunst im Frankreich des Zweiten Weltkriegs mag von Regisseur Jonathan Jakubowicz filmisch konventionell und auch ein wenig oberflächlich umgesetzt sein. Ihrer Faszination tut das nur bedingt Abbruch