Kritik zu Der Siebzehnte

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2020
Original-Titel: 
Der Siebzehnte
Filmstart in Deutschland: 
07.10.2021
Sch: 
L: 
75 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Ein Film wie eine Versuchsanordnung: Ralf und Saskia Walker hinterfragen menschliche Liebes- und Beziehungsmodelle

Bewertung: 3
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Am 17. des Monats darf Andreas sich endlich, nach langer Zeit wieder mal, mit einem Mann treffen. Denn an diesem Tag hat auch seine Frau Bella ein Date, erotisches Ende nicht ausgeschlossen. Eifersucht existiert nicht, Lust und Leidenschaft sind nicht von einem diffusen Liebesgefühl in ihre monogamen Schranken verwiesen. Erotik soll Spaß machen, mehr nicht. 

In ihrem neuen Film suchen der Performer Ralf Walker und seine Frau Saskia, Mitherausgeberin der Filmzeitschrift »Revolver«, nach neuen Formen der Auseinandersetzung mit der immer gleichen Frage zwischenmenschlicher Beziehungen. Da ist der Junge, der endlich eine Freundin haben will und ausgerechnet dem Mädchen sein Leid klagt, das nicht abgeneigt wäre, diese zu werden. Da ist der Vater vieler Töchter, deren Mütter ihn nach und nach verlassen haben und dem jetzt nur noch ein eigenwilliges Pferd bleibt. Da ist der alte Mann, der die Einsamkeit der Gesellschaft vorzieht, nackt durch dichte Wälder streift und sich mit dem Blut eines erlegten Stück Wildes einreibt, und schließlich die hübsche Vegetarierin, die fremde Menschen zu sich zum Grillen einlädt, damit die von ihr geschossenen Wildschweine auch gegessen werden. 

In erotischen wie scheinbar belanglosen, zufälligen, Begegnungen bringen Ralf und Saskia Walker eine tiefe Unsicherheit gegebenen Strukturen gegenüber zum Ausdruck. Begriffe wie Paar, Freund, Familie, Partner, Bekannter verlieren ihre Eindeutigkeit und weichen einer visuellen Zuschreibung, die noch kein sprachliches Äquivalent hat. »Wir wollten eine Geschichte offener Systeme erzählen«, sagen die beiden Regisseure, »in der Anziehungskräfte herrschen und Verbindungslinien gezogen werden.« 

So entsteht eine Erzählung von Kon­stanten und Variablen, in der alles zu allem werden kann. In solch einer Versuchsanordnung stört ein linearer Handlungsablauf. Die Betrachtung der Paare, der einzelnen Menschen erfolgt szenisch, ist auf den Moment fixiert und kann nicht auf eine bestimmte Entwicklung hin ausgerichtet werden. Dabei bleibt notwendigerweise vieles offen, unerklärt und unausgesprochen. Das Drehbuch, der deutschen Mumblecore-Bewegung verpflichtet, setzt auch hier stark auf improvisierte Momente und gibt den Akteuren, darunter Devid Striesow und Lars Rudolph, einen großen eigenen Raum zur Interpretation. 

Da es zwischen den einzelnen Szenen nicht immer einen nachvollziehbaren Zusammenhang gibt, bekommt der Film die Struktur einer Versuchsanordnung. Das alles macht es dem Zuschauer nicht leicht, denn auf die Fragen, die der Film stellen will, gibt es keine einfachen Antworten. Und doch bleiben bei aller Verwirrung, bei der Unsicherheit darüber, was in diesem Film eigentlich passiert, die drängenden Fragen nach der eigenen Identität, der Bedeutung von Partnerschaften und emotionalen Beziehungen. »Wir wissen weder, wer wir sind, noch wer wir waren, noch wer wir sein werden«, sagen Ralf und Saskia Walker, »manchmal haben wir uns versucht und müssen weitersuchen.«

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