Gerhard Midding

Gerhard Midding ist freier Autor für Tageszeitungen (Berliner Zeitung, Die Welt), Zeitschriften (epd Film, filmbulletin) sowie Radio-(rbb Kulturradio) und Fernsehsender (3sat). 

Filmkritiken von Gerhard Midding

Dominik Graf setzt dem frühverstorbenen Kritiker Michael Althen mit »Was heißt hier Ende?« ein filmisches Denkmal. Es ist das Porträt eines Freundes und einer durchaus glamourösen Kultfigur einer selbstbewussten Feuilletonisten-Generation, das sich den Fallstricken des Formats (talking heads vor Bücherregalen) fantasievoll entwindet
Alle Welt hat sich dagegen verschworen, dass Michel Leproux (Christian Clavier) endlich das lang gesuchte Album eines Jazzklarinettisten hören kann. Patrice Leconte inszeniert die Mischung aus Boulevardkomödie und Slapstick als flinke Fingerübung
Ein Hacker führt in China einen Reaktorunfall herbei und manipuliert Börsenwerte in Chicago: Michael Manns Thriller gewinnt zwar durch die Cyberattacke auf Sony unverhoffte Aktualität, findet jedoch keine filmisch überzeugende Antwort auf die Gesichtslosigkeit von Internetverbrechen
Diese sechs Miniaturen über die Explosion der Gewalt im argentinischen Alltag schlagen sarkastische Widerhaken in die gesellschaftlichen Verhältnisse. Der Zuschauer darf in Damián Szifróns Episodenfilm »Wild Tales« buchstäblich mit allem rechnen
Die wahre Geschichte der taubblinden Marie Heurtin und der Ordensschwester, die ihr im Frankreich des ausgehenden 19. Jahrhunderts die Sprache beibringen will, erzählt Jean-Pierre Améris als platonischen Liebesroman und taktvoll schwelgerischen Überschwang der Sinneserfahrungen
Eine kleine Zerstreuung, wie sie sich der aufrecht bukolische Sozialfilmer Robert Guédiguian in regelmäßigen Abständen erlaubt: An ihrem Geburtstag verschlägt es seine Heldin Ariane (Ariane Ascaride) auf märchenhafte Weise in die Idylle eines Restaurants, das einer Vielzahl pittoresker Figuren Zuflucht bietet
Was bedeutet das Vergehen der Zeit für eine Schauspielerin? Olivier Assayas Film »Die Wolken von Sils Maria« ist keine neue Variation über Tschechows »Die Möwe«, sondern wirft anhand der Rollenarbeit einer Schauspielerin und ihrer Assistentin (Juliette Binoche und Kristen Stewart: beide hervorragend) die Frage nach der Identität auf, dem Verhältnis der Generationen und den sich wandelnden Gesetzen des Ruhms
Auf den Spuren von Claude Sautet schildert der Romancier und Filmemacher Philippe Claudel eine männliche Sinnkrise, die von der Zerbrechlichkeit, aber auch Robustheit der bürgerlichen Existenz erzählt. Gediegen und hintergründig erzählt, glänzend besetzt
Längst sollte man Xavier Dolan nicht mehr das Wunderkind aus Québec nennen: Er ist ein blutjunger Meister. Sein neuer Film »Mommy« verstrickt einen hyperaktiven 16-Jährigen, seine Mutter (die großartige Anne Dorval) und ihre Nachbarin in eine übermütige und abgründige Dreiecksgeschichte, die unvorhersehbare Wege geht
Der Japaner Hirokazu Koreeda erzählt die Geschichte vom Tausch zweier Neugeborener mit großzügiger Empathie. »Like Father, like Son« ist ein Meisterstück der sozialen und psychologischen Beobachtung