Kritik zu Der Vater meiner besten Freundin

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Das Remake einer Sexkomödie von Claude Berri bedeutet für Regisseur Jean-François Richet und Hauptdarsteller Vincent Cassel einen heiklen Registerwechsel, denn beide waren bisher eher für virile Action bekannt

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Die heute ziemlich in Vergessenheit geratene Komödie »Ein komischer Heiliger« von Klaus Lemke wurde seinerzeit mit einem unvergesslichen Slogan beworben: »Wenn ein Mädchen dich wirklich will, hast du keine Chance.« Aus dieser Zeile sprach, je nach Geschlechterperspektive, entweder vergnügte Schicksalsergebenheit oder keckes Durchsetzungsvermögen. Sie beschreibt recht gut das Dilemma, vor dem der geschiedene Mittvierziger Laurent (Vincent Cassel) steht, als er gemeinsam mit seinem Freund Antoine (François Cluzet) sowie ihren Töchtern auf Korsika Urlaub macht. Im Gegensatz zum strengen Antoine ist Laurent ein cooler Vater, der sich keine großen Sorgen macht, wenn Marie (Alice Isaaz) sich abends mit Gleichaltrigen treffen will. Mit seiner Gelassenheit ist es allerdings vorbei, als ihn Louna (Lola Le Lann), die Tochter seines Freundes, eines Nachts am Strand verführt. Nach diesem kurzen Augenblick der Verirrung, auf den der Originaltitel »Un moment d’égarement« anspielt, plagen ihn heftige Gewissensbisse, seinen besten Freund und seine Tochter verraten zu haben. Diese Reihenfolge ist bezeichnend, denn der erste Verrat verspricht komisches Potenzial, während der zweite zunächst nur Laurents väterliche Autorität zu untergraben droht.

Diese Geschichte ist bereits zweimal erzählt worden – zuerst 1977 von Claude Berri, dem Vater des Produzenten Thomas Langmann, und dann sieben Jahre später von Stanley Donen in »Schuld daran ist Rio«. Der Reiz einer Neuverfilmung läge in der Adaption an veränderte Zeiten und Sitten. Im ersten Film schläft das anstößige Paar mehrmals miteinander (was der deutsche Verleihtitel Aller Anfang macht Spaß vollmundig begrüßte), in der Neuverfilmung bleibt es hingegen bei dem ersten Mal. Ansonsten ist die Originalität die geringste Sorge des Films, was sich bereits im Vorspann ankündigt, wo die mediterrane Atmosphäre von Charles Trenets naheliegendem Dauerbrenner »La mer« beschworen wird.

Der deutsche Verleihtitel des Remakes lässt erwarten, diese dramatische Komödie mache sich die Perspektive Lounas zu eigen. Damit legt er eine falsche Spur aus, denn »Der Vater meiner besten Freundin« unternimmt kaum Anstrengungen, ihre Verliebtheit glaubhaft zu machen. Le Lann hat keine Chance, ihrer Figur jenseits einer nymphenhaften, raffinierten Koketterie Kontur zu verleihen. Dem Film ist anzusehen, wie stark erzählerische Impulse hier gegeneinander wirken. Regisseur Jean-Francois Richet ist für virile Gangster- und Polizeifilme bekannt; Cassel gelingt es nicht überzeugend, in die Fußstapfen seines Vaters Jean-Pierre zu schlüpfen, der ein vorzüglicher Komödiant war; Cluzet agiert im Gegenzug eine Spur zu boulevardesk; die Koautorin Lisa Azuelos (»LOL«) wiederum wurde wohl engagiert, um die Facebook-Generation zu vertreten; der Kameramann und der Komponist arbeiten sonst für Ozon und sollen der Komödie ein Flair von geschmeidiger Anarchie geben. Allein, all diese Brechungen helfen nichts: Die Lösung des Dilemmas wird verschämt männerbündisch ausfallen.

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