Amazon: »My Old Ass«

englisch © Amazon MGM Studios

Altersweise unbeschwert

Irgendwann während Megan Parks »My Old Ass« fragt man sich vielleicht, ab welchem Alter man einst, mit 18 Jahren, andere Menschen als »alt« betrachtete. 39 zählte wohl mit Sicherheit dazu – ein Lichtjahre entfernter Lebensabschnitt. Es ist also in mehrfacher Hinsicht ein Besuch aus der Zukunft, als die 18-jährige Elliott sich während eines nächtlichen Mushroom-Trips plötzlich mit ihrem 39-jährigen Ich konfrontiert sieht. Nach dem ersten Schreck kommen die beiden ins Gespräch, wobei es zu den schönen Feinheiten des Films gehört, dass die junge Elliott ihr »Old-Ass«-Selbst zunächst wie eine fremde – und »alte« – Frau behandelt, der sie mit der Überheblichkeit der Jugend begegnet: Sie ist mit 39 noch am Studieren?

Ernsthaft? Der mögliche Grund für diese Lethargie erschließt sich erst ganz am Ende des Films, ohne dass es ausgesprochen würde – es bleibt eine melancholische Möglichkeit im Auge des Betrachters, und diese Unaufdringlichkeit ist eine weitere Stärke des Films, der zu Beginn noch wie eine etwas alberne und etwas zu süßliche Teenage-Sommergeschichte im ländlichen Kanada wirkt – als i-Tüpfelchen lebt Elliott tatsächlich auf einer Cranberry-Farm wie aus dem Bilderbuch.

Bald zeigt sich, dass Park dieses Disney-Channel-Set-up zwar nicht ab absurdum führt, aber liberal unterwandert: Wiederholte Mushroom-Experimente sind hier keine große Sache, Elliotts Mutter ist ein fürsorglicher Helikopter, und Elliott selbst ist mit einer Selbstverständlichkeit »schon immer« lesbisch beziehungsweise pansexuell, die man in Mainstream-Jugendfilmen selten sieht. Die Newcomerin Maisy Stella spielt das genau richtig zwischen jugendlichem Selbstvertrauen und jugendlicher Selbstgefälligkeit, sympathisch, aber manchmal auch nervig

Dazu passt, dass die ältere Elliott, von Aubrey Plaza in einer treffenden Mischung aus Abgeklärtheit und hintergründiger Traurigkeit verkörpert, ihrem jüngeren Ich keine billigen Lebensweisheiten mit auf den Weg gibt, sondern nur ein paar Tipps und eine Warnung: Wenn sie einen Typen namens Chad kennenlernt, soll sie sich tunlichst von ihm fernhalten. Es kommt natürlich anders, doch nur so viel: Alberne Zeitreise-Twists oder Erklärungsversuche bleiben aus, der Film behält bis zum Schluss seine bescheidene Bodenständigkeit. Das ist humorvoll, aber weder cool-ironisch noch bissig angelegt, sondern mit wohltuender Versöhnlichkeit.

Das vielleicht Überraschendste an »My Old Ass« ist dabei die Balance, mit der er zwar aus der Perspektive einer Jugendlichen erzählt ist, zugleich aber auch wie der Rückblick einer Erwachsenen auf ihre Jugend wirkt, eine Art Coming-of-Age mit umgekehrten Vorzeichen, an dessen Ende eine bewegend traurige Szene und dann der Mut zur Lebensfreude steht – mit all dem Schmerz, der noch kommen mag. Dass man nicht genau sagen kann, ob diese Haltung nun unbeschwert jugendlich oder altersweise ist, macht genau den Punkt dieses schönen, kleinen Films aus.

Meinung zum Thema

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt