Netflix: »Zero Day«

»Zero Day« (Miniserie, 2025). © Netflix

»Zero Day« (Miniserie, 2025). © Netflix

Deep, deep State

Ein Knopfdruck – und alle Lichter gehen aus. Diese Wunschvorstellung eines jeden Hackers wurde schon häufig verfilmt. Die Netflix-Serie »Zero Day« versucht, in sechs Folgen nun diesem Thema neue Aspekte abzugewinnen. So bricht nach einem Cyberanschlag nie gekannten Ausmaßes in den USA die komplette Infrastruktur zusammen. Eine Minute dauert der Ausfall nur. In dieser Zeit aber sterben über 3000 Menschen.

Die eigentliche Katastrophe setzt die Serie allerdings nur mit wenigen Schockszenarien ins Bild. Mit Verweis auf die 9/11-Kommission spielt »Zero Day« das Szenario eines Ermittlungsausschusses durch, der den Cyberangriff auf die freie Welt rasch aufklären soll. Den Vorsitz übernimmt der von Robert De Niro verkörperte, angesehene Ex-Präsident George Mullen, der als Chef der Kommission »mit der größten Machtfülle in der Geschichte« Amerikas ausgestattet wird. In seinem Auftrag können Staatsbeamte ohne Haftbefehl Türen eintreten, um Verdächtige zu verhaften und sogar zu foltern. Wandelt Amerika sich dabei zu einem totalitären System?

Die Fragestellung ist spannend, aber dennoch kommt die Serie nie so richtig in Schwung. Die dahinplätschernde Geschichte gibt vor, sich an einem politisch brisanten Thema abzuarbeiten, fühlt sich aber eher wie eine Seifenoper an. So werden zunächst die Russen verdächtigt, später kommt dann eine fanatische Techmilliardärin ins Visier, die Mullen via Livestream hysterisch als »Faschisten« bezeichnet. Worauf Mullen sich erstaunt darüber äußert, »wie mächtig diese Techleute geworden sind«.

Ja, die Dialoge dieses Politthrillers, die der »New York Times«-Korrespondent Michael Schmidt zusammen mit Noah Oppenheim verfasste, klingen zuweilen nach Papier. Involviert sind zahlreiche Figuren, von denen jedoch kaum eine ein glaubhaftes Innenleben hat. Oft genug fungieren sie nur als Stichwortgeber für einen unübersichtlichen Plot. Umgeben ist der Vorsitzende des Ermittlungsausschusses von zahlreichen »starken« Frauen. Sogar das Amt des Präsidenten nimmt eine Afroamerikanerin ein. In dieser Rolle vermag Angela Bassett ebenso wenig Akzente zu setzen wie die übrigen Darsteller. Selbst ein begnadeter Akteur wie Robert De Niro, der normalerweise mit wenigen Gesten einen Charakter zum Leben erwecken vermag, wirkt ein wenig verloren in diesem Szenario, in dem bis zuletzt offenbleibt, ob er nun einen Demenzkranken verkörpert oder Opfer einer neuartigen neurologischen Waffe wurde, die seinen geistigen Zerfall bewirkt.

In der Kernszene erklärt ein Verschwörer, die Hälfte des Landes läge in einem Fiebertraum aus Lüge und Verschwörung, während die andere Hälfte »sich über Pronomen ereifert«. Von dieser Situation, die auf die gegenwärtige Stimmung in den USA anspielt, ist in der Serie leider kaum etwas zu spüren. Die politischen Lager werden nie beim Namen genannt. So erscheint diese Mixtur aus gefühltem Politthriller, Demenzdrama und Katastrophenszenario unausgegoren und zuweilen zäh.

OV-Trailer

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