Alexandra Seitz

Filmkritiken von Alexandra Seitz

So pathetisch der Titel, so lebendig, unkitschig und gutgelaunt die Umsetzung: Der achtjährige Samay verliebt sich in die siebte Kunst; fortan gilt sein gesamtes Sehnen und Trachten dem filmischen Geschichtenerzählen; und während er gemeinsam mit seinen Freunden sogar ein Kino bastelt, erhält das Publikum Unterricht in analoger Vorführtechnik.
Schlicht und schrecklich ist dieser Horrorfilm aus dem Hohen Norden, angesiedelt in einer von den Sommerferien nahezu entleerten Hochhaussiedlung und kreisend um vier Außenseiter-Kinder, die sich mit einer grausamen Macht einlassen. Unschuldig ist am Ende keiner mehr.
Beobachtung dreier Tierpräparatoren, die sich auf die European Taxidermy Championship vorbereiten. Die Drei eint die Überzeugung, dass mithilfe ausgestopfter Tiere die Distanz des Menschen zur Natur überwunden und Impulse zu deren Schutz gesetzt werden können. Ein aufschlussreicher Einblick nicht nur in ein vielgestaltiges Handwerk, sondern auch in ein komplexes Wechselspiel zwischen Leben, Tod und Schein.
Weil seine Adoptiveltern seinerzeit keinen Einbürgerungsantrag für ihn gestellt haben, soll der koreanisch-stämmige Antonio, mittlerweile Familienvater, abgeschoben werden in ein Land, das er nicht kennt. Eine Stellvertretergeschichte, die mit dickem Farbauftrag und groben Pinselstrichen einen realen Missstand im US-amerikanischen Adoptionsrecht anklagt. Da bleibt kein Auge trocken.
Allen Unkenrufen zum Trotz ist der American Dream nicht totzukriegen; denn wenn Richard Williams ihn nicht geträumt hätte, hätten es seine beiden Töchter Venus und Serena nicht an die Weltspitze des Tennis geschafft. Ein erfreuliches Sport-Biopic, in dem der Schauspieler in Will Smith endlich mal wieder was zu tun bekommt.
Die letzten Stunden der christlich-jüdischen Familie Klepper, die sich im Dezember 1942 gemeinsam das Leben nimmt. In Szene gesetzt wird das historische Ereignis als gewagte Mischung aus Psychodrama, Horrorfilm und Kammerspiel, schwankend zwischen Abstraktion und Realismus, einnehmend und abstoßend zugleich. Im Ergebnis niederschmetternd.
Biografisches Porträt, das sich mit dem Leben des tschechoslowakischen Heilers Jan Mikolášek (1889-1973) zwar einige Freiheiten herausnimmt, das die Essenz von dessen Wirken abseits und inmitten der Politik aber wohl gerade deswegen mühelos auf den Punkt bringt. Mikolášek in zwei Lebensaltern wird hervorragend dargestellt von Ivan Trojan und seinem Sohn Josef.
Der Lehrer Ugyen wird nach Lunana strafversetzt, an die entlegenste Schule Bhutans. Dort, nicht mehr abgelenkt von den Errungenschaften des digitalen Zeitalters, setzt bei dem jungen Mann ein Nachdenken ein. Doch für ein simples Zurück-zur-Natur-Happy-End ist der am Originalschauplatz mit Lai*innen gedrehte Film zu klug.
1402: Ein Unbekannter erhebt Anspruch auf den Thron der drei Reiche und droht die Kalmarer Union von Dänemark, Norwegen und Schweden zum Platzen zu bringen. Das Drama einer politischen Intrige, die Herzen zerreisst; dargeboten als brodelnder Ozean aufgewühlter Gefühle unter karger, kühl kontrollierter Oberfläche.
Und wieder findet eine Trilogie rund um den Spinnenmann ihren Abschluss. Mit ordentlich Pomp und Getöse, wie sich das gehört. Mit witzigen Einfällen und gelungenen Überraschungen. Doch leider auch mit zu viel Pathos und Kitsch. Zeigt der Superhelden-Film in seiner Endlosschleife hier womöglich erste Ermüdungsbrüche?

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