Sascha Westphal

Filmkritiken von Sascha Westphal

Eine Attentäterin soll im neunten Jahrhundert den Herrscher der Provinz Weibo töten. Das klingt nach einem typischen historischen Martial-Arts-Stoff. Doch in Hou Hsiao-Hsiens Händen verwandelt er sich in ein atemberaubendes Kinopoem: »The Assassin«
Ihre beachtliche Körperfülle war für Carmen und Alfredo nie ein Thema. Doch das ändert sich, als sie nach Mexiko City ziehen. Mariana Chenillos Komödie »Paraíso« um zwei Liebende, die im wahrsten Sinne aus dem Gleichgewicht geraten, ist aber nicht nur ein beherztes Plädoyer gegen den grassierenden Schlankheitswahn. Die mexikanische Filmemacherin zeichnet auch ein sehr genaues Porträt einer Ehe in der Krise
Die 17-jährige Layla wird ungewollt schwanger und verliert dadurch erst einmal alles, was sie sich selbst aufgebaut hatte. Micah Magees Spielfilmdebüt »Petting Zoo« ist reinster amerikanischer Neorealismus und zugleich ein Triumph eines Independent-Kinos
»A Bigger Splash«, das Remake von Jacques Derays »Swimming Pool«, führt nicht nur vier Verlorene auf Kollisionskurs, Luca Guadagnino erweitert auch den Blick und erzählt voll bösem Witz vom traurigen Scheitern linker Utopien
Vordergründig erzählt Thomas Vinterbergs hervorragend besetztes Porträt einer kleinen Kommune in den 70er Jahren eine melodramatische Dreiecksgeschichte. Zugleich aber zeichnet dieser in vieler Hinsicht überraschende Film auch noch ein sehr differenziertes Bild alternativer Lebensentwürfe: »Die Kommune«
Eine überforderte Mutter überlässt ihre drei kleinen Kinder ihrem Schicksal. Das könnte der Stoff eines bitteren Sozialdramas sein. Doch Mara Eibl-Eibesfeldts poetisches Debüt »Im Spinnwebhaus« gleicht eher einem kunstvollen Märchen, dessen betörende Schwarz-Weiß-Bilder einen verzaubern
Ein ehemaliger Boxer erfährt, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleibt. Thomas Stuber ist mit »Herbert«, seinem Porträt eines Mannes, dem alles entgleitet, eine enorm beeindruckende Krankheits- und Milieustudie gelungen, die zudem Erinnerungen an die Filme Rainer Werner Fassbinders weckt
Ein junger Deutscher verliebt sich während seines Praktikums auf einem Containerschiff in einen französischen Schiffsingenieur. Stefan Butzmühlens melancholische Liebesgeschichte »Lichtes Meer« ist zugleich auch ein beinahe dokumentarischer Abgesang auf die Romantik der Seefahrt
Eine Frau (Isabelle Huppert) und ein Mann (Gérard Depardieu), die schon lange kein Paar mehr sind, verbringen auf Wunsch ihres Sohnes, der sich umgebracht hat, eine Woche im Death Valley. Aus ihrer Trauerarbeit erwächst ein Geflecht von Fragen und Gefühlen, in dem man sich wunderbar verstricken kann: »Valley of Love«
Ein lesbisches Pärchen verstrickt sich in sadomasochistischen Ritualen, die das fragile Gleichgewicht von Liebe und Macht immer wieder neu austarieren. Peter Strickland verbeugt sich mit dieser rauschhaften Liebesgeschichte vor den Softcore- und Sexploitation-Filmen der 1970er Jahre und erweckt dabei den alten Traum der Surrealisten von einem Kino, das reine Poesie ist, zu neuem Leben: »The Duke of Burgundy«