Jens Balkenborg
Filmkritiken von Jens Balkenborg
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Drei Freundinnen, darunter eine Kurdin, inszenieren in der Gebetskleidung der Mutter ein Musikvideo zu »Losing My Religion«. Kurdwin Ayub inszeniert flippig und ganz ohne Problemfilm-Duktus ein migrantisch geprägtes Coming of Age zwischen (digitaler) Moderne und (religiöser) Tradition.
In einem Bergdorf wird die Liebe zwischen Marco und Anna auf eine harte Probe gestellt, als ein Gehirntumor bei ihm zu Persönlichkeitsveränderungen führt. In Michael Kochs bildgewaltigem Film treffen Mensch auf Natur, dokumentarische Bilder auf formale Austerität, griechische Tragödie auf Heimatfilm. Ein so strenges wie zartes Drama.
Luca Guadagnino erzählt mit den fantastischen Hauptdarstellern Taylor Russell und Timothée Chalamet ein kannibalisches Coming of Age: eine Geschichte über gesellschaftliche Außenseiter im Reagan-Amerika der 1980er Jahre.
Fatih Akin hat die irre Biografie des Gangsta-Rappers Xatar als Mischung aus Geflüchtetendrama, Gangster- und Heist-Geschichte verfilmt. Eine so überkandidelte wie unterhaltsame Jungsfantasie.
Über vier Jahre hinweg hat Dokumentarfilmerin Susanne Regina Meures die Berliner Influencerin Leonie und ihre Eltern begleitet. Herausgekommen ist ein düsteres Porträt einer Familie im Selbstverwirklichungshamsterrad, dessen Rolle in der Vermarktungsmaschinerie seiner Protagonistin ambivalent bleibt.
In der Lagune von Venedig will Daniele mit seinem hoch frisierten Motorboot der schnellste sein. Zwischen dokumentarischer und fiktionaler Form erzählt Ancarani ohne Drehbuch in einem realen Milieu seine Geschichte um Konkurrenz-Gebaren und Hedonismus. Ein produktiver, selbstbewusst überästhetisierter Grenzgang voller fantastischer Bilder.
Die Enddreißigerin Clara promoviert in Berlin und kehrt zum 60. Geburtstag ihrer Mutter in die alte Heimat in die brandenburgische Provinz zurück. Annika Pinske gibt mit einem brandaktuellen, angenehm unaufgeregten Debüt Einstand: über die Differenz zwischen dem urbanen Bildungsbürgertum und dem dörflich-proletarischen Gepflogenheiten. Ein pointiertes Gesellschaftsporträt.
Eine Prophezeiung besagt, dass der im Südsudan lebende Muzamil mit 20 sterben wird. Regisseur Amjad Abu Alala erzählt in seinem Debüt eine Emanzipationsgeschichte, die zugleich Freiheitsparabel ist für die Menschen, die sich gegen den Autokraten Umar al-Baschir gestellt haben.
In sechs Kapiteln entwirft Simon Brückner mit soziologischer Neutralität eine Introspektive der zwischen (vermeintlich) Moderaten und Extremen zerrissenen AfD. Ein kontroverser Film, der Kraft seiner Bilder die Partei vorführt. Aber: Will man die ganzen AfD-Nasen wirklich im Kino sehen?
Angelehnt an den juristisch gesehen ersten homophoben Mord Belgiens erzählt Nabil Ben Yadir in seinem radikalen filmischen Triptychon von Hass und Homophobie. Ein formal starker Film mit Haltung, der wehtut, um Augen zu öffnen.
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Blogeintrag
Mottos konnte der scheidende Berlinale-Direktor Dieter Kosslick schon immer gut. In diesem Jahr steht mit »Das Private ist politisch« ein Spruch aus der 1968er Frauenbewegung über dem Wettbewerb und irgendwie auch über allem, schließlich ist die gesellschaftspolitische Verantwortung des Kinos ein Herzensthema Kosslicks
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Dem Schauspieler Tom Schilling konnte man regelrecht beim Erwachsenwerden zusehen: von »Crazy« über »Oh Boy« bis zu finsteren Zeitgeschichtsfilmen. Jetzt ist er in Florian Henckel von Donnersmarcks »Werk ohne Autor« zu sehen
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Immer mehr Künstler und Filmemacher experimentieren mit der Virtual Reality-Technik. Jens Balkenborg hat sich im »Raumfilm«
umgeschaut
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Können die Deutschen großes Serienfernsehen? »Babylon Berlin«, inszeniert von Tom Tykwer, Hendrik Handloegten und Achim von Borries, soll es beweisen. Der beispiellos aufwendige 16-Teiler führt in die späten Zwanzigerjahre zurück
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Yorgos Lanthimos' »The Lobster« hält dem Paarungsverhalten im digitalen Zeitalter einen absurd-komischen Spiegel vor
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Noch ist es ein weiter Weg: Aber als Favoriten der Golden Globes gehen »Die Entdeckung der Unendlichkeit« (James Marsh), »Boyhood« (Richard Linklater), »The Imitation Game« (Morten Tyldum) und »Birdman« (Alejandro González Iñárritu) ins Rennen.
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Improvisation als Stilmittel? Jakob Lass, Tom Lass, Aron Lehmann, Axel Ranisch, Nico Sommer, Urs Spörri und Bernd Zywietz diskutierten im Rahmen des Filmz-Festivals Mainz/FFM neue Wege in der deutschen Filmproduktion