Kritik zu Girl Gang
Dokumentarfilmerin Susanne Regina Meures (»Raving Iran«) porträtiert die Berliner Influencerin Leonie im Umfeld ihrer Eltern. Beobachtungen aus dem Hamsterrad der Selbstverwirklichung
Der Influencer:innen-Film hat es zu einem eigenen, ambivalenten Subgenre im Dokumentarfilmbereich gebracht. Ambivalent, weil es eine Herausforderung dieser Filme ist, sich Medien- und Selbstvermarktungsprofis zu nähern. Auch wenn Filme wie »Pornfluencer« oder »Lord of the Toys« eigene Wege finden, ihre Protagonist:innen zu porträtieren, steht eine Frage im Raum: Geraten diese Filme selbst in den Repräsentationsstrudel, werden Teil der Vermarktungsmaschine ihrer Protagonist:innen?
Mit Blick auf diese Fragen lässt folgender Satz von Vater Andreas in »Girl Gang« aufhorchen: »Wir müssen sie dahin kriegen, dass andere Leute sie außerhalb von Instagram kennen.« Sie, das ist Tochter Leonie, eine heute 1,6 Millionen Instagram-Follower:innen starke Influencerin aus Berlin, die natürlich durch Susanne Regina Meures' Dokumentarfilm in neuen Kreisen Bekanntheit erlangt. Ob das eine rühmliche ist, tut erst mal nichts zur Sache.
Alles im Leben von Leonie dreht sich um den kleinen »schwarzen Spiegel«, wie ihr Smartphone in jener nicht wirklich nötigen Märchenerzähler-Klammer zu Beginn und am Ende genannt wird. Der Film zeigt, wie sich Leonie, gemanagt (oder getrieben?) von ihrem Vater und ihrer Mutter, quasi das Abziehbild eines neoliberalen Familienbetriebs im durchdigitalisierten Turbokapitalismus, ihren Ruf als Influencerin schwer erarbeitet.
Über vier Jahre hinweg ist Meures (»Raving Iran«) der Familie gefolgt. Es kommen immer größere Marken hinzu, für die Leonie tagein, tagaus wirbt. »Du musst heute noch ne Story machen«, sagt Andreas zu seiner gern pubertierend krakeelenden Tochter. »Wir müssen liefern, wir müssen einfach die ganze Zeit liefern«, fasst seine Frau in einem jener selbstreflexiven Momente, die Meures allen Familienmitgliedern zwischendurch zugesteht, den Druck zusammen.
Das ins Sakrale kippende musikalische Leitmotiv ist dabei durchaus passend, wenn man sich den gottähnlichen Hype anschaut, den die zu Filmbeginn 14-Jährige in einem Wiener Einkaufszentrum auslöst und der auch von Melanie, ihrem Superfan, aus deren Perspektive der Film auf Leonie blickt, gelebt wird. »86 Prozent der befragten Teenager streben eine Karriere als Influencer:in an. 80 Prozent aller Brands setzen auf Influencer-Marketing«, heißt es einmal.
»Girl Gang« erzählt von einer Familie im Selbstverwirklichungshamsterrad. Alles für den Erfolg. Die Wohnung in Berlin wird von einem Haus mit Pool am Rande der Hauptstadt abgelöst, die Eltern selbst werden mit ihrem Familien-Account zu Influencern, während ihre Tochter – das sei aber wirklich der einzige Abstrich, sagt der Papa – kein soziales Leben hat. Alles dreht sich um Followerzahlen und Marken-Deals. Je »authentischer« Leonie rüberkommt, und der Aufwand für diese Authentizität ist immens, desto besser.
Doch so erschreckend Meures' Porträt auch ist: Wie authentisch ist das, was wir zu sehen bekommen, beziehungsweise wie viel Werbung für die Influencer-Familie ist dabei? Ein Dokumentarfilm, so aktuell wie produktiv irritierend.
Kommentare
Girl gang
Das ist das schlechteste was ich jemals gesehen habe wie kann man ein Kind nur so in die Medien drängen bei die Eltern reich werden wollen man merkt richtig wie genervt sie ist und überhaupt gar keine Lust und der Vater so geltungsbedürftig die Mutter auch einfach nur wirklich traurig die Bildüberschrift der Dokumentation stimmt auch nicht von wegen ein Kind aus den Armen Osten kämpft sich als influencer nach oben da ist gar nichts die Leben ganz normal in einem Haus und denken und können Sie 5000 € im Monat mit ein bisschen Werbeclips verdienen jeder macht diese Stories über irgendwelche Produkte und die firmenzahlen fast überhaupt gar nichts wenn man sich ein bisschen auskennt nur Selbstdarstellung der Eltern
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