Kritik zu Eine deutsche Partei
Simon Brückner begleitet Parteimitglieder der AfD auf verschiedenen Ebenen im Alltag ihrer politischen Arbeit. Ohne einmischenden Kommentar entsteht ein sich selbst entlarvendes Porträt
Die Diskussionen um Simon Brückners »Eine deutsche Partei« sind gewissermaßen vorprogrammiert. Schließlich gibt der Filmemacher, der sich im Stile des Direct Cinema in seinem Dokfilm jeglicher Kommentare enthält, hier der AfD und damit einem Haufen rechtsnationaler Populisten mit demokratiefeindlichen, homophoben und rassistischen Ansichten eine Bühne. Im Sinne der Kunstfreiheit ist das ein legitimes filmisches Unterfangen, das allerdings, wie etwa Pablo Ben-Yakov und André Krummel mit ihrem »Lord of the Toys« am eigenen Leib erleben mussten, auch auf Ablehnung stoßen kann. Das beim DOK Leipzig ausgezeichnete dokumentarfilmische Porträt des mit rechts schwanger gehenden Influencers Max »Adlersson« Herzberg wurde seinerzeit hart kritisiert.
Brückners »Eine deutsche Partei«, dessen Untertitel »In sechs Kapiteln« das Fragmentarische des Films vorwegnimmt, ist eine unaufgeregt gehaltene, gleichsam soziologische Bestandsaufnahme. Man wollte einen, erzählt der Regisseur im Interview, »gänzlich unpopulistischen Film über Populisten drehen«. Das trifft es ziemlich gut, wobei der Film, mit Aufnahmen von 2019 bis 2021, indirekt doch politisch Stellung bezieht.
Manchmal bringt ein Bild die Zerrissenheit der Partei auf den Punkt. Während etwa die Parteikollegen in Plexiglaskabinen über die Corona-Maßnahmen herziehen, hält die Kamera lange auf einen Mann, der immer heftiger den Kopf schüttelt ob der irrsinnigen Aussagen seiner Genossen. Dann gibt es ganze Episoden, in der sich die Partei quasi selbst vorführt. Am Geflüchtetenlager Lipa in Bosnien und Herzegowina kriegt ein AfD-Team es mit der Angst zu tun, als 150 Meter entfernt drei »Migranten« zu sehen sind. Geballte Menschenverachtung schließlich, als die AfDler sich mit internationalen Rechten treffen und wie Wackeldackel nicken, als diese davon sprechen, das die europäische Schuldkultur abzuschaffen sei.
Ohne auf die A-Prominenz der Partei zu fokussieren, entwirft Brückner mit Eindrücken aus Bundes-, Landes- und Bezirksebene das Bild einer zerrissenen Partei: hier die (vermeintlich) Moderaten um Frank-Christian Hansel oder um Georg Pazderski, dort die Extremen vom Flügel oder Aaron Kimmig und Anna Leisten von der extremen Jungen Alternative. Der Film zeigt auf Parteitagen, Bezirksfraktionssitzungen, beim JA-Straßenwahlkampf in Brandenburg oder auf Coronaleugnerdemos den realpolitischen Alltag am rechtspopulistischen Rand auf dem Weg nach noch weiter rechts.
Eine überhaupt nicht geschlossene Partei, die sich medienfeindlich gibt, sich ein krudes Weltbild »gegen den Mainstream« zusammenzimmert und mit reaktionären Ansichten demokratische Standards torpediert: Wirklich neu ist das nicht, was Brückner über die AfD erzählt. Nur ist wohl noch niemand zuvor derart emotionslos und neutral an die Sache herangegangen. »Eine deutsche Partei« folgt dem Motto, dass wegschauen keine Lösung sein kann. Ob man sich die AfD-Gesichter wirklich im Kino anschauen will, muss jeder für sich selbst entscheiden.
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