DVD-Tipp: »The Lobster«
Eine Frau fährt durch eine verregnete Einöde. Sie hält an, steigt mit einem Revolver aus dem Wagen und erschießt einen Esel. Der danebenstehende Artgenosse trottet langsam zum toten hinüber.
Mit diesem verstörenden Prolog startet Yorgos Lanthimos' erster englischsprachiger Film »The Lobster«. Ein konsequenter Einstieg des eigensinnigen Griechen, der in seinen komischen und zugleich bitterbösen Reflexionen über die Spezies Mensch noch nie viel für Komfortzonen übrig hatte. Während er in »Dogtooth« (2009) die finsteren Machtstrukturen einer pervertierten Familie beleuchtete, hält er in der dystopischen Zukunft von »The Lobster« (2015) dem Paarungsverhalten im digitalen Zeitalter einen absurd-komischen Spiegel vor.
Darin wird die arme Socke David – herrlich sympathisch: Colin Farrell mit Schnauzer und Plauze – von seiner Frau verlassen und muss in ein auf Partnervermittlung getrimmtes Hotel umziehen. Ihm bleiben 45 Tage, um eine neue Partnerin zu finden, bevor er in ein Tier verwandelt wird. David möchte als Hummer enden, falls es nicht klappt. Die strenge Hotelmanagerin (Olivia Colman) beaufsichtigt die Singles und ahndet Selbstbefriedigungsversuche mit getoasteten Händen, buchstäblich. Verrückte Theaterszenen erklären den Bewohnern die Vorzüge des Zusammenlebens. Gelegentlich wird Jagd auf die entflohenen Wilden gemacht, einen im Wald hausenden subversiven Haufen. Die Figuren schlurfen beinahe emotionslos durch das Selbsthilfezentrum für Singles und suchen ihr Pendant. Tatsächlich folgt die Verkuppelung jener kruden Logik, die auch den Algorithmen von Partnersuchmaschinen zugrunde liegt: Matchings, also gemeinsame Stärken oder auch Schwächen, entscheiden, wer zusammen passt. Eine aberwitzige Beziehungspragmatik, die die moderne Partnersuche verballhornt und nebenbei verkitschte Liebesmythen dekonstruiert.
»The Lobster« auf der großen Leinwand
Trotz der begeisterten Aufnahme bei Kritik und Publikum europaweit war in Deutschland bislang nur ein DVD-Start am 28. April vorgesehen. Die Yorck Kinogruppe ist sich jedoch mit dem Weltvertrieb Park Circus einig geworden, »The Lobster« ab 23. Juni in Kinos in Berlin, München und Hamburg herauszubringen.
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