04/2009

In diesem Heft

Tipp

Entstanden nach einer Idee von Tom Tykwer, soll »Deutschland 09«, so das Verständnis der Filmemacher, Aussagen über das heutige Deutschland treffen. »13 kurze Filme zur Lage der Nation«, so der Untertitel: da liegt die Latte hoch

Filmkritik

Unter der betriebsamen Hektik der Hochzeitsvorbereitungen schwelen Schuldgefühle und Trauerverarbeitung über eine Familientragödie. Der Film glänzt mit sensibler Handkamera und schauspielerischen Balanceakten unter anderem von Anne Hathaway, Rosemarie De-Witt und Debra Winger
Wie in vielen südkoreanischen Filmen wird auch in dieser Leidensgeschichte einer Frau das Primat des gleichmütigen Lächelns mit Macht gebrochen: In einer Gesellschaft, die sich dem Kontroll- und Leistungswahn überlassen hat, sind die Ausfälle aus dem Normativen umso gewaltiger
Erster Teil der Filmbiografie des französischen Schwerverbrechers Jacques Mesrine: eine spannende Mischung aus Actionthriller und Charakterstudie, die vor allem dank des herausragenden Hauptdarstellers Vincent Cassel eine große Faszinationskraft gewinnt: »Public Enemy No. 1«
Fünf Episoden, die jeweils einen Tag aus zwölf Jahren ganz normaler Familiengeschichte schildern: Ein schwungvolles Kaleidoskop persönlicher Entwicklungen, Brüche, Anfänge und Enden, mit so liebevollem wie ehrlichem Blick und einem philosophischen Gespür für das Verstreichen der Zeit
Eine Hommage an die B-Filme der fünfziger Jahre, in dem die amerikanische Regierung eine Handvoll Monster als letzte Waffe gegen fiese Aliens einsetzt. Der Film gefällt durch seine gradlinige Erzählweise und einigermaßen originelle Charaktere
Zwei liebenswerte Darsteller – Devid Striesow und Nadja Uhl – und eine herzige Rettungsaktion. Hübsche Erlösung-durch-Liebe-Story, erzählt mit flunkerndem Hochstapler-Witz und gesellschaftskritischer Ironie, aber recht glanzlos in Szene gesetzt: »So glücklich war ich noch nie«
Der Episodenfilm »Kopf oder Zahl« möchte so gern amerikanisches Gangsterkino in Deutschland sein, taugt aber noch nicht mal zur Parodie seiner eigenen Ambitionen
Florian Gallenberger setzt in Gemeinschaftsarbeit mit seinem Hauptdarsteller Ulrich Tukur dem »guten Menschen von Nanking«, John Rabe, ein filmisches Denkmal. Aufwendig inszeniert, international besetzt und packend gefilmt, bleibt da kein Auge trocken
Verhalten-poetischer Film über ein bosnischen Dorf, in dem fast nur Frauen den Krieg überlebt haben. Als in einer Woche gleich zwei Fremde ihnen eine bessere Zukunft versprechen, müssen sie sich entscheiden
In langen Einstellungen erzählt Carlos Reygadas die alte Geschichte vom Mann zwischen zwei Frauen auf ungewöhnliche Weise neu, diesmal unter Mennoniten in Mexiko. »Stellet Licht« ist ein Fall für belastbare Arthaus-Cineasten
Ein Film über Freundschaft, Pop und einen Ort, der vom Zeitgeist erfolgreich ignoriert wird. Nach einem Roman von Rocko Schamoni hat Lars Jessen einen Film gedreht, der sich auf der Suche nach dem Punk ins Dorf begibt und leider ebenso erfolgreich am Zeitgeist vorbeigeht
Nicolas Cage als melancholischer Astrophysiker kämpft verzweifelt gegen das Schicksal und das Ende der Welt. »Know1ng« ist ein furchterregender, apokalyptischer Film aus der digitalen Feder des düsteren Kino-Visionärs Alex Proyas
Max von der Grüns Jugendbuchklassiker »Vorstadtkrokodile« über eine Kinderbande wurde in die Gegenwart verlegt, die lakonische Erzählweise allerdings durch überdrehte Actiondramatik ersetzt
Unterhaltsames Martial-Arts-Märchen für Kinder, bei dem dank der Kungfu-Superstars Jackie Chan und Jet Li auch ältere Kampfkunst- Filmfans auf ihre Kosten kommen
Paolo Sorrentinos »Il Divo« ist für ein italienisches Publikum gedreht, aber auch als Outsider kann man sich dem Strudel der Verwicklungen italienischer Politikgeschichte nicht entziehen
Ein braver Familienvater stürzt sich in die Rolle des Geliebten einer jungen Frau, die ihr Gedächtnis verloren hat, und beginnt ein fatales Doppelleben. Ole Bornedal pendelt in seinem Erfolgsfilm »Bedingungslos« zwischen Liebesdrama und Mystery-Thriller, der gerade aus seiner Kolportagehaftigkeit seinen Reiz zieht
Die Erfolgsgeschichte des Plattenlabels Chess Records, das afroamerikanische Musiker wie Muddy Waters, Howlin' Wolf, Chuck Berry und Etta James zu Stars machte. Ein Panorama von Musikerschicksalen und zeitgeschichtlichen Vignetten, das vor allem in seinen Charakterporträts überzeugt: »Cadillac Records«
Zwei Menschen im besten Alter vor ausgelutschten Londoner Schauplätzen: Dustin Hoffman und Emma Thompson können bei bester Spiellaune nicht verhindern, dass ihre Liebesgeschichte eher zum Davonlaufen denn zum Mitfiebern einlädt: »Liebe auf den zweiten Blick«
Die schrägen Schrottplatz-Brüder Ludolf haben sich mit ihrer TV-Serie »Die Ludolfs« eine Fangemeinde errungen. Auf 95 Minuten für die Kinoleinwand hochgeschraubt, wirkt das Format aber recht langatmig, obwohl die Brüder durch ihre liebenswürdig-schrullige Authentizität zu bestechen wissen
Es hätte schlimmer kommen können, meinte »Slate«: Wenn Judd Apatow, Sofia Coppola oder Tarantino die Adaption des Comic-Klassikers besorgt hätten. Mit Zack Snyder ist es eine respektvolle Übertragung des »Watchmen«-A-Plots geworden: atmosphärische Bilder, elegischer Duktus, gebrochene Charaktere
Der wortgewandte amerikanische Komiker und Fernsehmoderator Bill Maher geht hinaus in die Welt, um gläubige Menschen vor laufender Kamera lächerlich zu machen: Ein respektloser Schenkelklopfer mit blasphemischer Botschaft, der seinen Machern einen Platz im Fegefeuer sichern sollte: »Religulous«
Charmant, wenn auch etwas unverbindlich ist Jan Schüttes Verfilmung von drei Kurzgeschichten des Literaturnobelpreisträgers Isaac Bashevis Singer: »Bis später, Max! Die Liebe kommt, die Liebe geht«
Werner Schroeters Verfilmung eines Romans von Juan Carlos Onetti ist Thriller und barockes Welttheater zugleich. Ein Arzt und Rebell (Pascal Greggory) kehrt nach verlorenem Krieg in die Stadt zurück, um seine Geliebte zu suchen, und gerät zwischen die Fronten ehemaliger Genossen und neuer Machthaber: »Diese Nacht«
Drei Jahre nach Christoph Hübners »Thomas Harlan – Wandersplitter« kommt jetzt eine im TV-Mainstream angesiedelte Dokumentation über Veit Harlan und den Harlan’schen Familienkomplex
In einer formal reizvollen Tour de force führt Slavoj Žižek den Zuschauer durch die Filmgeschichte und auf unterhaltsame Weise durch sein psychoanalytisches Denkgebäude: »The Pervert's Guide to Cinema«

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