Kritik zu C'est la vie – So sind wir, so ist das Leben

© Kinowelt

2007
Original-Titel: 
Le premier jour du reste de ta vie
Filmstart in Deutschland: 
23.04.2009
L: 
113 Min
FSK: 
12

Drei Césars für Schnitt und Darsteller und ein enormer Kassenerfolg in Frankreich – Rémi Bezançons Familienchronik ist originell komponiert und überzeugt mit feinem Sinn für die Komik der Vergänglichkeit

Bewertung: 4
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Ein ziemlich ambitioniertes Unterfangen: Eine Familienchronik über zwölf Jahre hinweg zu erzählen, indem man fünf einzelne Tage herausgreift und jedes Mal ein anderes Mitglied der Familie in den Fokus rückt, so dass die Geschichte(n) sowohl aus verschiedenen Perspektiven als auch im Wandel der Zeit aufgefächert wird.

Dem 1971 geborenen Regisseur und Autor Rémi Bezançon ist dies in seinem zweiten Spielfilm erstaunlich souverän gelungen. Das Ergebnis wirkt weit weniger streng, als die Versuchsanordnung vermuten lässt, und hat nichts von der Banalität des peinlichen deutschen Verleihtitels. Im Original heißt Bezançons Film Le premier jour du reste de ta vie – »Der erste Tag vom Rest deines Lebens«, was den Grundton dieser zweistündigen Zeitreise recht gut erfasst. Sie schildert die Nostalgie angesichts des Vergehens der Zeit ebenso wie die Momente, in denen sie stillzustehen scheint, und sie nähert sich beiläufig dem Paradox, zu jedem Zeitpunkt in einem Jetzt zu leben, das doch immer nur die Passage ist, durch die die Zukunft in die Vergangenheit rast. Morgen ist heute schon gestern.

Fünf Tage also im Leben der Mittelschichtsfamilie Duval, von 1988 bis 2000, vom Auszug des ehrgeizigen älteren Sohnes Albert über den 16. Geburtstag der Tochter Fleur, die ihre Unschuld verlieren will, einen Wendepunkt im Leben des jüngeren Sohnes und ausdauernden Prokrastinierers Raphaël, eine Krisensituation der mit dem Altern hadernden Mutter Marie-Jeanne bis hin zu einem schicksalhaften Ereignis für den Vater Robert, Taxifahrer und eigentlich nie ganz erwachsen geworden. Wie dessen Konflikte mit seinem eigenen Vater, der ihn immer für einen Versager gehalten hat, spart der Film auch die Abgründe des Familienlebens nicht aus. Die unterschiedlichen Charaktere, ihren Blick und ihre Gefühle, auch manche Verstiegenheit, nimmt er zu jeder Zeit ernst. Und doch bleibt in den Katastrophen wie in den Glücksmomenten der Sinn für die Komik menschlicher Eigenheiten hellwach, so dass sogar ein paar Slapstickmomente nicht deplatziert wirken.

Stilistisch entwickelt dieses Auf und Ab geradezu sinfonischen Charakter: fünf Sätze mit Haupt- und Nebenmotiven, Durchführungen, Reprisen. Jeder Teil ist auch im Kamerastil auf den Charakter der jeweiligen Hauptfigur abgestimmt. Motive wie die vergeblichen Versuche des Vaters, das Rauchen aufzugeben, ziehen sich durch sämtliche Episoden. Nicht zu vergessen die Songs von Janis Joplin bis Indochine. In ein paar Szenen übernehmen sie das Steuer, schneiden sie aus dem Zeitfluss heraus und überführen sie in Poesie.

In der Fülle der Handlungsstränge sind ein paar Elemente etwas atemlos, andere ein wenig klischeehaft geraten – doch das bleiben kleinere Schwächen eines mitreißenden und berührenden Films, dessen wunderbare Darsteller stets den richtigen Ton treffen und der immer wieder mit verschmitzter Ironie überrascht. So ist der Initiationsritus für den jüngeren Sohn hier einmal nicht Abitur oder Studienabschluss, sondern: ein Luftgitarrenwettbewerb.

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