Kritik zu Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim
Mittelerde als Anime: In einem Trickfilm-Prequel wird die Vorgeschichte des Reiches Rohan geschildert
Mädchen & Pferde, das ist filmisch meist eine sichere Bank. Das wusste auch der große Tolkienator Peter Jackson, der in seinem »Herr der Ringe«-Epos Éowyn, Nichte des Königs von Rohan und meist hoch zu Ross unterwegs, anders akzentuierte als in der Romanvorlage. Mit der leuchtend blonden, mit dem Schwert gegen den Hexenkönig von Angmar antretenden Schildmaid schuf er eine bleibende Symbolfigur. Dieser Animationsfilm will mit seiner, im Original, Éowyn-Darstellerin Miranda Otto als Off-Erzählerin an diesen emblematischen Charakter anknüpfen. Angesiedelt ist das Prequel im Königreich Rohan, 200 Jahre vor Bilbo Beutlins Ringabenteuer. König Helm liebt besonders seine Tochter Héra, einen abenteuerlustig durch die Steppe reitenden Wildfang. Die ruhigen Tage seines Reichs sind jedoch gezählt, als er bei einem Kampf mit dem machtgierigen Vasallen Freca diesen mit einem Fausthieb unbeabsichtigt tötet. Frecas Sohn Wulf, Héras Kinderfreund, schwört Rache und unternimmt einen Vernichtungsfeldzug mit dunländischen Söldnern.
Die Inszenierung des Japaners Kenji Kamaiyama, der sich mit Anime-Serien einen Namen machte, erweist sich als stilistischer Wechselbalg. Der Soundtrack, die Wikinger-Architektur des Rohan-Palastes Edoras und die Landschaftspanoramen erinnern an die HdR-Realfilme. Auch Olifanten, Balrog-Ungeheuer und andere Ausgeburten von Tolkiens wuchernder Fantasie feiern ihr Comeback. Menschen und Menschenähnliches dagegen bewegt sich mit grafischem Strich in zweidimensionaler Anime-Manier ruckelig durchs Gelände: muss man mögen.
Wie eine Spur von Brotkrumen sind in dem komplexen Getümmel HdR-Motive ausgelegt, angefangen von einem gefundenen Ring und einem Adler als Deus ex machina bis hin zu Saruman und Gandalf. Die Feste Hornburg, in die sich die Frauen und Kinder Rohirrims flüchten, verweist auf das künftige »Helms Klamm«. Die Krieger durchleben in ihrem Kampf um Rache und Ehre trotz eingeschränkter Animationsmimik Shakespear'sche Emotionen. Ausgerechnet die designierte Heldin Héra aber passt mit ihrem starren, im Kindchenschema gestalteten Gesichtchen mit den angstvoll aufgerissenen Riesenaugen so gar nicht in dieses martialische Universum. Bebildert wird hier eine keusche Amazonenfantasie, in der als Weiterdichtung von Tolkiens Geschichten ein tapferes Mädchen gefeiert wird, das gegen die ihm zugedachte Rolle löckt. Dass als Grund für Wulfs verzehrenden Hass auch Héras Weigerung genannt wird, ihn zu heiraten – weil sie generell der Ehe abgeneigt ist – ist leider ein gewohnt lahmer Vorwand für ausufernde Kriegshandlungen. So erscheint Héra mehr als erzählerischer Spielball denn als ausgeformter Charakter.
Es ist nicht so, dass dieser Film mit seinen eindrucksvoll animierten Szenen, etwa ein Belagerungsturm à la Gondor, keinen Spaß machen würde. Insgesamt aber wirkt dieses Prequel wie mit heißer Nadel an das Vorbild angeflickt.
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