Kritik zu Marvel's the Avengers
All together now: Joss Whedon, der Erfinder von legendären Serien wie »Buffy«, »Firefly« und »Angel«, bringt nun die Superhelden des Marvel-Universums als einen Haufen von merkwürdigen Typen endlich zusammen
Guys, I’m bringing the party to you!«, sagt Tony Stark alias Iron Man zu seinen Superheldenkollegen, bevor ein gigantischer biomechanischer Leviathan hinter ihm aus einem Wolkenkratzer birst. The Avengers ist die von Marvel lang angekündigte und von Comicfans dementsprechend heiß ersehnte Party der beliebtesten Superhelden des amerikanischen Comic-Universums. Auf dieses 220 Millionen Dollar teure Gipfeltreffen wurde das Publikum mit den durchweg gelungenen Comic Adaptionen Der unglaubliche Hulk (2008), Iron Man (2008), Iron Man 2 (2010), Thor (2011) und Captain America – The First Avenger (2011) eingehend vorbereitet. Nur Spider-Man ist (aus rechtlichen Gründen) derzeit noch nicht reif für einen Beitritt in der Supergruppe. Der netzschwingende Teenager soll sich diesen Sommer mit The Amazing Spider-Man erst mal einer dreidimensionalen Generalüberholung in Marvels hauseigener Filmproduktion unterziehen. Mit im Team sind dafür die in Iron Man 2 eingeführte russische Agentin Black Widow (Scarlett Johansson) und der weltbeste Bogenschütze Hawkeye (Jeremy Renner). Alle titelgebenden Helden und ihre Sidekicks haben in diesen Vorgängerfilmen eine ausführliche Figurencharakterisierung erfahren. Davon profitiert die Dramaturgie der Avengers ungemein.
Sie sind vielleicht nicht so unangepasst wie die ebenfalls von Marvel/Stan Lee konzipierte Super-Mutanten-Truppe X-Men, die sich vornehmlich aus von der Gesellschaft ausgestoßenen Sonderlingen rekrutiert. Aber der unvermeidliche Patriotismus, der Superhelden wie dem ehemaligen Nazi-Jäger Captain America nun mal innewohnt, stößt einem längst nicht so sauer auf wie aktuell in dem unfreiwillig zynisch anmutenden Propagandafilm Battleship. In dem von der US Navy unterstützten Werbefilm ziehen ausnahmslos hirnlose Jungsoldaten wie Opferlämmer für ihr Vaterland in eine Seeschlacht gegen außerirdische Invasoren. Die Avengers hingegen sind kein dummes Kanonenfutter, sondern intelligente Individualisten. Auch wenn der Captain von seinen Kollegen als altmodisches Auslaufmodel belächelt wird und die menschliche Zeitbombe Dr. Bruce Banner alias Hulk warnt: »We are not a team. We are a timebomb«, sind die Avengers natürlich eine stolze multikulturelle Eliteweltpolizei unter amerikanischer Führung.
Das drückt sich auch in dem offiziellen Namen ihrer Vereinigung S.H.I.E.L.D und der Bezeichnung »International peace keeping agency« aus, die unter der Führung von US Agent Nick Fury (Samuel L. Jackson) agiert: »There was an idea to bring together a group of remarkable people, so when we needed them, they could fight the battles that we never could. . . «. Der einäugige Kriegsveteran Fury trommelt die ungleichen, extrovertierten Superhelden zusammen, weil der aus dem Götterreich Asgard verstoßene Loki (Tom Hiddleston) die globale Sicherheit mit einer Armee außerirdischer Biester gefährdet. Doch es gibt Anlaufschwierigkeiten. Zum einen enttäuscht Loki als Oberbösewicht des lang erwarteten Avenger-Films – denn eigentlich hat man den ungezogenen Stiefbruder des blonden Donnergottes schon in Thor abgefrühstückt. Und zum anderen haben die unbequemem Helden eigentlich gar keine Lust, sich zu einem Team zu formieren und die Welt zu retten. Sie hauen sich lieber gegenseitig die Köpfe ein und sorgen damit für die eigentliche Attraktion des Films. Iron Man (Robert Downey Jr.) gegen Thor (Chris Hemsworth), Hulk (diesmal Mark Ruffalo anstelle von Edward Norton) gegen Captain America (Chris Evans) usw.
Die gemeinsame finale Schlacht der Rächer gegen Lokis Armee am obligatorischen Battleground New York kommt dagegen lediglich einer ritualisierten Ehrenrunde gleich. Mit ironischen Dialogen gespickte Duelle unter Helden sind originalgetreue Umsetzungen aus den Comics der 60er Jahre, die vor allem ältere Comic-Nerds entzücken werden. Jahrzehntelang scheiterten Superheldenverfilmungen an der technischen Realisierbarkeit solcher Konfrontationen. Digitale Spezialeffekte machen heute eine nahezu werkgetreue Umsetzung möglich. Die Grenze zwischen Real- und Animationsfilm verwischt. Die Medien Comic und Film verschmelzen in Marvel’s The Avengers formal und inhaltlich zu einem stimmigen Gesamtbild.
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