Venedig: Männliche Stars beim Filmfestival

»The Brutalist« (2024). © Universal Pictures

»The Brutalist« (2024). © Universal Pictures

George Clooney und Brad Pitt machen sich in »Wolfs« gegenseitig Konkurrenz, Jude Law legt in »The Order« Nazis das Handwerk und Adrien Brody brilliert in »The Brutalist« auf eine Weise, die den Film zum heißen Anwärter auf den Goldenen Löwen macht

Während der Wettbewerb um den Goldenen Löwen bei den 81. Filmfestspielen von Venedig noch andauert, wird mal der eine, mal der andere Film zum potenziellen Gewinner ausgerufen. Seit Sonntag aber gibt es einen Top-Favoriten: Brady Corbets »The Brutalist«. Man konnte es bereits während der Vorstellung spüren. Nicht nur, dass trotz einer Länge von dreieinhalb Stunden kaum jemand den Saal früher verließ – in der auf die erste Hälfte folgenden Pause zählten ganze Gruppen von Zuschauern den Countdown zum Wiederbeginn der Projektion laut mit. Was als bloße Filmvorführung begonnen hatte, war zum Kino-Ereignis geworden. Zu beschreiben, warum der Film die Zuschauer so packt, ist dabei gar nicht so einfach. »The Brutalist« ist alles andere als ein Action-Film.

Der amerikanische Regisseur Brady Corbet erzählt darin von der Karriere eines fiktiven Architekten der Moderne, der nach dem Zweiten Weltkrieg in die USA auswandert und dort von einem Großindustriellen sowohl gefördert als auch ruiniert wird. »Er flieht vor dem Faschismus und gerät in die Fänge des Kapitalismus«, so brachte es Corbet in der Pressekonferenz selbst auf den Punkt. Tatsächlich aber lässt der Film selbst solche einfachen gesellschaftskritischen Formeln auf faszinierende Weise hinter sich.

Adrien Brody verkörpert diesen Laszlo Tóth, den es 1947 als ungarisch-jüdischen Holocaust-Überlebenden und ehemaligen Bauhaus-Architekten in die USA verschlägt. Ohne viel davon auszusprechen, macht Brody sichtbar, was seine Figur im Europa der 30er und 40er Jahre erlitten hat – und wie die Erfahrung als Immigrant in Amerika davon geprägt bleibt. Ihm gegenüber spielt Guy Pearce in einem ebenfalls starken Auftritt den Kapitalisten, der die kühnen Visionen Laszlos ermöglicht, aber den Künstler so um sein Talent beneidet, dass er ihn kleinhalten muss. Das fiktive Biopic eines Bauhaus-Architekten ist eine Reflexion über Tradition und Moderne, altes Europa und neues Amerika und über das Trauma des Holocausts und darum, ob ein Weiterleben möglich ist.

In Justin Kurzels »The Order« gibt Jude Law sich alle Mühe, als FBI-Agent einem sich radikalisierenden Verband von amerikanischen Nazis in den Wäldern des Staates Washington den Garaus zu machen. Die nach Tatsachen abgehandelte Geschichte, die in den frühen 1980er Jahren die amerikanische Öffentlichkeit erschütterte, wird in Kurzels Regie aber zum recht konventionellen Action-Thriller. Dass die Parolen der weißen Suprematisten von damals heute immer noch erschreckend aktuell klingen, hinterlässt unwohle Gefühle, wozu der Film als solcher aber wenig zu sagen hat.

Die größte Aufmerksamkeit kam unterdessen den nach Venedig gekommenen amerikanischen Stars George Clooney und Brad Pitt zu, die hier ihren Film »Wolfs« außer Konkurrenz präsentierten. Dabei hielt sich die Begeisterung über den Film selbst in Grenzen. Clooney und Pitt stehen sich in der Gangster-Komödie als Konkurrenten gegenüber, die ein Zufall am selben Tatort zusammenbringt, den sie als professionelle »Fixer« aufräumen sollen. Daran gewöhnt, ihren Job als »einsame Wölfe« – daher der Titel – zu bewältigen, behindern sie sich zunächst gegenseitig, entdecken aber unfreiwillig viele Gemeinsamkeiten. So überraschend der Fall sich auch entwickelt, weiß man sehr bald schon, worauf es zwischen den beiden hinauslaufen wird.

Einerseits kommt die Handlung über bloßes Geplänkel der Figuren nur schwer voran, andererseits bleiben die Hintergründe am Ende verwirrend. In jedem Fall kann man die vor wenigen Wochen bekannt gewordene Entscheidung des produzierenden Streaminganbieters AppleTV+, »Wolfs« gar nicht im Kino auszuwerten, sondern Ende September exklusiv auf der Plattform zu starten, nachvollziehen.

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