Venedig: Dämonen aus der Vergangenheit

»Beetlejuice Beetlejuice« (2024). © Warner Bros. Pictures

»Beetlejuice Beetlejuice« (2024). © Warner Bros. Pictures

Das 81. Filmfestival von Venedig eröffnet mit einem Ehrenlöwen für Sigourney Weaver und Tim Burtons Fortsetzung der Horrorkomödie »Beetlejuice«

Der Spätsommer in Venedig ist noch in seiner heißen Phase, aber am Horizont braut sich etwas zusammen. Nur ein abkühlendes Gewitter oder doch ein Sturm? Das Wetter entspricht der Stimmung der Kinobranche, die sich zur Eröffnung des Filmfestivals von Venedig feiert, während die Zeichen diverser Krisen – Streiks, schrumpfende Budgets, Streaming-Konkurrenz – nicht zu leugnen sind. Die französische Schauspielerin Isabelle Huppert, in diesem Jahr die Präsidentin der Wettbewerbsjury, sprach bei der Auftaktpressekonferenz von einer Phase der »Schwäche«, die das Kino überwinden müsse.

Zur Eröffnung setzte man auf bewährte Star-Power. Die US-amerikanische Schauspielerin Sigourney Weaver nahm sichtlich bewegt einen Ehren-Löwen für ihr Lebenswerk in Empfang. Die 79-Jährige verkörpert die Langlebigkeit des Kinos, war sie doch der Star der ersten »Alien«-Filme von 1979 an, deren jüngste Fortschreibung erst vor wenigen Wochen in die Kinos kam. Als Spezial-Gast gratulierte Regisseur James Cameron per Videobotschaft. Er beschrieb Weaver als »längst überfällig für einen Oscar«.

Auch der Eröffnungsfilm, Tim Burtons »Beetlejuice Beetlejuice«, hat Wurzeln in der Vergangenheit. Wie so viele aktuelle Filme ist er eine Fortsetzung, nämlich von Burtons Durchbruchserfolg aus dem Jahr 1988, der Horrorkomödie über den Dämonen »Beetlejuice«. Das späte Sequel hält sich an das Rezept, das andere seiner Art, wie »Top Gun: Maverick«, vorgemacht haben. Mit Winona Ryder, Catherine O'Hara und Michael Keaton nehmen wesentliche Stars von damals ihre Rollen wieder auf und übergeben den Staffelstab an die nächste Generation, für die im neuen Film Jenna Ortega steht.

Die Handlung nimmt den Faden von vor 36 Jahren auf und variiert im Wesentlichen dieselben Plot-Punkte. Der Burton so eigene, erfindungsreiche Flair funktioniert heute noch – das Publikum am Lido amüsierte sich köstlich.

Gleichzeitig leidet »Beetlejuice 2« am Fluch aller späten Fortsetzungen: Was 1988 noch ein herrlich anarchisches Vergnügen war, in dem Burtons Freude an Basteleien, Esoterik und Humor zu einem mitreißenden »Alles ist möglich«-Charme führte, wirkt in der Wiederholung bemüht. Besonders da, wo die visuellen »Tricks« bewusst an die Machart von 1988 anschließen, verliert das Handgemachte manchmal seinen amateurhaften Reiz, weil es Zitat ist.

Dass die gute Laune am Ende des Films überwiegt, ist dem lustvoll aufspielenden Ensemble zu verdanken, darunter besonders Jung-Star Ortega, die mit ihrer großartigen Präsenz dem Ganzen doch noch einen Zug Modernität verleiht.

Die Ängste der italienischen Kulturpolitik-Debatte scheinen derweil ausgeräumt. Im November vergangenen Jahres war der als »Rechtsintellektuelle« gehandelte Pietrangelo Buttafuoco zum Präsidenten der Biennale, der dem Filmfestival übergeordneten Dachorganisation, ernannt worden. Dies fasste man zunächst als aggressiven Akt der Regierung von Ministerpräsidentin Georgia Meloni auf. Sie hatte einst angekündigt, die »linke Hegemonie« in Italiens Kulturbetrieb brechen zu wollen.

Buttafuoco, früher Mitglied der post-faschistischen MSI-Partei, passt als Autor und Journalist jedoch wenig in vorgegebene Schemata, angefangen damit, dass er zum islamischen Glauben übergetreten ist. Zur Eröffnung des Filmfestivals gab er sich nun als leidenschaftlicher, beredter Kino-Enthusiast, der mit überschwänglichem Pathos explizit die Tätigkeit des bekennenden linksliberalen Festivaldirektors Alberto Barbera lobte.

Von Forderungen, das Festival »nationaler« auszurichten und dem italienischen Film mehr Geltung zu verschaffen, ist in diesem Jahrgang zumindest noch nichts zu spüren.

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