09/2017
In diesem Heft
Tipp
13. bis 17. September 2017, Oldenburg – National und international genießt das norddeutsche Festival längst den Ruf als »deutsches Sundance«. 2015 wurde es vom Movie Maker Magazine unter die 25 coolsten Filmfestivals gewählt – auch, weil es die JVA Oldenburg zu einem von sechs Spielorten erklärt hat. Filmemacher aus aller Welt sind mit ihren Arbeiten vertreten, auf deutschen und amerikanischen Produktionen liegt traditionell ein Schwerpunkt. Eine Retrospektive ist dem Produzenten Edward Pressman gewidmet, der u.a. Terrence Malicks »Badlands« (Foto) realisierte
29. September bis 6. Oktober 2017 – Mit den Schwerpunkten Fernsehen und Medien lockt das Film Festival Cologne in diesem Jahr zum 27. Mal in die Rheinmetropole. In Reihen wie »Top Ten TV« oder »Look« setzt das Filmfest weitere Akzente, so etwa auf audiovisuell innovative Produktionen. Neben Filmvorführungen wird das Programm um öffentliche Vorträge und Diskussionen mit Medienschaffenden erweitert
25. September bis 1. Oktober 2017, Chemnitz – Vor allem junge Zuschauer werden in der sächsischen Großstadt erwartet, wenn sich dort zum 22. Mal internationale Gäste über den Jugendfilm austauschen. Über 160 Filme werden aufgeboten, zahlreiche Preise in drei Altersstufen vergeben, unter anderem von einer europäischen Kinderjury
25. bis 29. September 2017, Leipzig – Über 70 Spiel-, Dokumentar-, Kurz- und Kinderfilme verspricht die 17. Filmkunstmesse Leipzig. Bietet sie vor allem Kinobetreibern und Verleihern eine Plattform, stehen bei zahlreichen Vorführungen die Türen auch für Publikum offen. So gibt es die Möglichkeit, Filme noch vor ihrer Premiere in Test-Screenings zu erleben. Abschließend wird ein Publikumspreis verliehen
20. bis 24. September 2017, Potsdam – In diesem Jahr feiert das Festival des historischen Films Potsdam Premiere. Das Besondere: Alle Beiträge haben einen Bezug zur Zeitgeschichte. Neben aktuellen Kino- und Fernsehproduktionen wird es eine Retrospektive geben, die den Blick auf die Filmhistorie schärfen soll. Masterclasses sprechen auch Branche und Wissenschaft an
16. bis 17. September 2017, Frankfurt – Drei Jahre nach ihrem Tod wird die Filmemacherin Maria Lang mit einer Werkschau geehrt. Lang, die sich zeitlebens für die Rechte von Homosexuellen starkmachte, hat einen fragilen Korpus von eigenwilligen Filmen und Schriften geschaffen. Präsentiert durch die Kinothek Asta Nielsen, in Kooperation mit dem Deutschen Filmmuseum und dem Festival Spectrale, wird das Kinoprogramm um Lesungen ergänzt
15. bis 17. September 2017, Bad Saarow – Für ein Wochenende im Spätsommer begrüßt das Filmfest seine Besucher am Brandenburger Scharmützelsee. Das familienfreundliche Programm unter dem Motto »Ohne Grenzen« dreht sich um Themen des menschlichen Miteinanders. Zugeschnitten auf einen Spielort, soll ein konzentrierter Austausch von Publikum und Künstlern möglich sein. Zum Schluss talkt Barbara Schöneberger mit Gero von Boehm
8. bis 13. September 2017, Berlin – Karlheinz Mund gehörte zu den produktivsten und interessantesten Dokumentarfilmregisseuren der DDR. Zu seinem 80. Geburtstag am 11. September gibt das Zeughauskino in Berlin einen Überblick über sein Schaffen. Mund interessierte sich für den Alltag der Menschen in der DDR. Besonders im Gedächtnis geblieben ist sein Film Memento (1966) über den jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee
Ein Cop kehrt zurück in die Heimat, kommt aus der tosenden Stadt Brüssel aufs ruhige Land. Peeters hat allerdings eine schwere Vergangenheit im Gepäck...
Mit dem bildgewaltigen Autorenfilm »Körper und Seele« gelingt der Ungarin Ildikó Enyedi ein poetischer Film über ein Schlachthaus, das sich als Schutzraum für zwei versehrte Seelen entpuppt
am So., den 3.9. in Frankfurt am Main – epd-Film-Autor Ulrich Sonnenschein
spricht mit dem Regisseur Krystof Zlantnik über »Immigration Game«
Thema
Als Elvis' Enkelin und Michael Jacksons Stieftochter schien Riley Keough die Musikkarriere in die Wiege gelegt, aber die 28-Jährige zeigt in Steven Soderberghs »Logan Lucky« erneut, dass ihr eigentliches Talent das Kino und die Darstellung machtbewusster junger Frauen ist
Der japanische Regisseur Sabu erzählt in seinen Filmen von Gangstern, Killern, Gelegenheitskriminellen. Und entwickelt ein sehr eigenwilliges Genrekino mit Gespür für die Verwerfungen der zeitgenössischen Gesellschaft, für moderne Ausbeutungsverhältnisse. Und manchmal scheint sogar etwas Utopisches auf – wie in seinem neuen Film »Mr. Long«. Sascha Westphal über die schrecklich schöne Unberechenbarkeit des Sabu-Universums
Um die Meinungs- und Kunstfreiheit in Ungarn muss man sich berechtigte Sorgen machen. Dennoch hat der ungarische Autorenfilm in den letzten Jahren eine Blüte erlebt – ausgerechnet in der Ära des »Rambo«-Produzenten Andrew Vajna, der die Filmförderung umgekrempelt hat
Ausgerechnet mit der Darstellung der sozialen Netzwerke und damit eines der wichtigsten Alltagsphänomene des modernen Lebens hat das Kino so seine Schwierigkeiten, wie die Verfilmung von Dave Eggers' Erfolgsroman »The Circle« erneut belegt. Tim Lindemann über das schwierige Verhältnis von Film, Screen und Monitor
Unsere "steile These" des Monats September
Wo, bitte, geht's nach Downton Abbey? Früher hätte man Einheimische nach dem Drehort der beliebten Serie fragen müssen. Heute führen Wegweiser und Apps den Fan zu Filmsets in aller Welt – von Dubrovnik über Island bis ins österreichische Sölden. Filmtourismus liegt im Trend und ist eine organisierte Angelegenheit. Alexander Matzkeit meint, Reisende solle man nicht aufhalten
Meldung
Mit der Ausstellung »Alles dreht sich . . . alles bewegt sich« widmet sich das Filmmuseum Potsdam den vielfältigen Wechselwirkungen zwischen dem Tanz und dem Kino
Filmkritik
Zwei Generationen mit stolz vorgerücktem Babybauch: Dieses Zusammentreffen könnte im 21. Jahrhundert eigentlich unkompliziert sein, aber Noémie Saglios Komödie will es anders. Juliette Binoche und Lambert Wilson stehen als werdende (Groß-) Eltern auf ziemlich verlorenem Posten
Mit dem bildgewaltigen Autorenfilm »Körper und Seele« gelingt der Ungarin Ildikó Enyedi ein poetischer Film über ein Schlachthaus, das sich als Schutzraum für zwei versehrte Seelen entpuppt
Von Hamburger Nachwuchsdetektiven zu international ermittelnden Superagenten: In ihrem ersten Kinofilm ermitteln die Pfefferkörner in den Südtiroler Alpen und da ist Schluss mit hanseatischer Beschaulichkeit. Witzig, actionreich und spannend
In der drolligen Odyssee einer tollpatschigen Kanadierin in Paris lebt das Komikerduo Abel & Gordon seine Liebe zum Slapstick à la Jacques Tati aus: »Barfuss in Paris«
Eine junge Frau, die Audiodeskriptionen für Blinde verfasst, und ein Fotograf, der das Augenlicht verliert, helfen sich gegenseitig. »Radiance« ist ein eintöniges, hart am Rande zum sentimentalen Kitsch entlang schrammendes Drama über Trauer und Verlust
Philippe de Chauveron konfrontiert nach »Monsieur Claude und seine Töchter« in »Hereinspaziert!« erneut Franzosen mit ihrem alltäglichen Rassismus und setzt dabei vor allem auf den gemeinsamen Nenner lauwarmer Klischees
Soleen Yusef ist mit dem kurdisch-deutschen Roadmovie »Haus ohne Dach« ein poetischer Abschlussfilm an der Filmakademie Baden-Württemberg gelungen. Darin erzählt sie von Familienstreitigkeiten, der Suche nach Wurzeln und dem Wunsch in der Heimat beerdigt zu werden. Gegen alle Widerstände
Aberwitzige Komödie über zwei junge Männer, die sich eher zufällig als Kleinkriminelle mit Migrationshintergrund ausgeben und zu Medienstars avancieren. »Die Migrantigen« ist frech, flott und politisch höchst unkorrekt
Gut besetzt und geschmackvoll inszeniert, hat das Melodram »Meine Cousine Rachel« nach einem Roman von Daphne du Maurier zu wenig Biss, um ein heutiges Publikum zu ergreifen
Porträt des Künstlers als junger Mann, zugleich eine Beobachtung in seinem Atelier. Lynchs Erzählungen und die kluge Montage laden auf eine faszinierende Reise in die Geheimnisse seines Schaffens ein: »David Lynch – The Art Life«
Das Sequel von »Eine unbequeme Wahrheit« kommt in anderer Regie aber sehr ähnlicher Form daher und folgt erneut Friedensnobelpreisträger Al Gore auf seiner Mission gegen den Klimawandel
Wahr anmutende Geschichte nach dem Roman von Erik Fosnes Hansen, die bei der Transformation auf die Leinwand Kraft und erzählerische Tiefe eingebüßt hat: »Das Löwenmädchen«
Nach einem schweren Asthmaanfall muss die 13-jährige Berlinerin in eine Spezialklinik nach Südtirol. Von dort haut sie ab in die Berge. »Amelie rennt« ist ein witziger und zugleich einfühlsam erzählter Jugendfilm
Taylor Hackford kapituliert bei »The Comedian« vor einem unwitzigen Drehbuch und kann aus der Leidenschaft seines Hauptdarstellers Robert de Niro kein Kapital schlagen
Zwischen Hochstaplerkomödie und Politdrama siedelt Doug Liman seine auf wahren Begebenheiten basierende Geschichte an, was unterhaltsam anzusehen ist, aber dem Iran-Contra-Skandal nicht gerecht wird: »Barry Seal – Only in America«
Ein Serienkiller geht um im viktorianischen London. Stimmungsvoller Psycho-Thriller, der durch seine opulente Ausstattung und treffende Besetzung überzeugt, allerdings an einem schwachen Drehbuch krankt
Ein Amerikaner und eine Französin denken an einen One-Night-Stand in Porto zurück, der ihr Leben verändert hat. Eine einfache, leise Geschichte, experimentell-verschachtelt und in poetischen Bildern erzählt. Das wirkt manchmal prätentiös, dann wieder sehr sinnlich und berührend
Zwei Brüder geraten in die Fänge der Staatsgewalt und verfallen zusehends Wahnvorstellungen. In der hier atmosphärisch eindringlich evozierten Türkei herrschen bürgerkriegsähnliche Verhältnisse, die die Grundfesten der Wirklichkeit und der Zivilgesellschaft aus den Fugen geraten lassen: »Abluka«
Die Verfilmung von Dave Eggers' dystopischem Erfolgsroman »The Circle« über ein Social-Media-Unternehmen krankt – wie bereits die Vorlage – daran, dass sie ihre Botschaft allzu plakativ vor sich herträgt
Das Glück und die Freiheit, aber auch den Schmerz und die Scham einer wild anarchischen Aussteigerkindheit fängt Destin Daniel Cretton mit grandiosen Schauspielern in allen Widersprüchen ebenso wahrhaftig wie unsentimental ein: »Schloss aus Glas«
Ein alter Wehrmachtssoldat reist in die Ukraine am Rande des Bürgerkriegs, um eine verlorene Liebe wiederzufinden: Einerseits lose strukturiert, andererseits bedeutungsüberfrachtet, findet »Leanders letzte Reise« einen originellen Zugang zum Aufarbeitungsthema
Ein überkorrekter Bodyguard soll einen Auftragskiller zum Internationalen Gerichtshof bringen. Die zwischen Klamauk und Gewalt pendelnde Actionkomödie »Killer's Bodyguard« macht trotz Ryan Reynolds und Samuel L. Jackson nichts aus seiner reizvollen Konstellation
Sabus Geschichte eines verirrten Profikillers beginnt glamourös und blutig. Und entwickelt sich zu einem atmosphärischen Autorenfilm »Mr. Long« um die Frage, wie man die Ökonomie der Rackets überwinden kann
In wunderschönen Aufnahmen, aber mit kritischem Blick zeigt »Bananas, Pancakes und der Lonely Planet«, wie der Tourismus ein bis vor kurzem von der Welt abgeschiedenes Dorf in Laos verändert
Emir Kusturica beschäftigt sich selbstverliebt mit der Zeit der jüngsten Balkankriege. Gegen Kolportage und absurden Kitsch kommen die schönen Bilder in »On the Milky Road« nicht an
Nach dem Tod ihres älteren Geliebten stößt eine junge Transsexuelle auf Ablehnung und Hass. Filmemacher Sebastián Lelio zeichnet zwar ein eindringliches Porträt einer wahrhaft »fantastischen Frau«, schießt aber in seiner undifferenzierten Kritik an der chilenischen Gesellschaft übers Ziel hinaus
Die vierte Adaption von Ödön von Horvàths Faschismusparabel verlegt das Geschehen in eine dystopische Welt von Elitezöglingen – und ist mit ihren Teeniefilmklischees leider mehr wirr als aufklärerisch: »Jugend ohne Gott«
Als Techno-Roadmovie setzt »Magical Mystery« sujetbedingt auf Redundanz als Erzählprinzip, was anfangs lustig und dann eher langweilig ist. Wäre da nicht der großartige Charly Hübner, der den Ex-Drogie mit herzzerreißendem Understatement spielt
Gerade die französischen Künstlerfilme – man denke an »Van Gogh« (Maurice Pialat) oder »Camille Claudel« (Bruno Nuytten) – haben es mit eigenwilligen Erzählansätzen oft geschafft, einen neuen Blick auf das nationale Kunsterbe zu werfen. Ausgerechnet Rodin muss es sich nun gefallen lassen, in einem akademisch anmutenden, uninspirierten Episodenfilm gefeiert zu werden. Schade
Andreas Arnstedt inszeniert mit »Das schaffen wir schon« eine schrille Medienfarce mit explosiven Pointen und leider auch einigen Durchhängern
Der Anwalt Philippe Sands spricht mit zwei Söhnen von Naziverbrechern über ihre Väter. Gegen Ende bekommt die Doku »What Our Fathers Did: A Nazi Legacy« eine mitunter therapeutische Note
Ein homosexuelles Trio inmitten eines südafrikanischen Beschneidungsrituals zur Mannwerdung: In seinem Spielfilmdebüt »Die Wunde« lässt John Trengove mit gefährlicher Ruhe Tradition und Moderne aufeinanderprallen
Anders als die glamourösen »Ocean«-Filme stimmt diese liebevoll-ironische Gaunerkomödie um ein paar arme Südstaatler eine Ode auf die kleinen Leute an, die viel mehr als nur Trump-Wähler sind: »Logan Lucky«
Der Berliner Filmemacher Jakob Preuss (»The Other Chelsea«) schlitterte eher nebenbei in dieses dokumentarische Porträt eines afrikanischen Bootsflüchtlings, was der Klarheit, Intelligenz und Intensität der Umsetzung des mit dem Max-Ophüls-Preis ausgezeichneten Films »Als Paul über das Meer kam« aber keinen Abbruch tut
Zum 20. Jubiläum seiner erfolgreichen Sketch-Comedy blamiert sich Bully Herbig mit einem lahmen, weitgehend witzfreien Neuaufguss, in dem es ein Wiedersehen gibt mit Winnetou & Old Shatterhand, Sissi & Franz und einigen anderen Gestalten aus der »Bullyparade«
Als Einstieg in das elaborierte Universum rund um den Dunklen Turm und jene, die ihn zerstören respektive bewahren wollen, fällt diese Adaption des Zentralwerkes von Stephen King recht ansehnlich aus. Für sich allein genommen, kann Nikolaj Arcels Film, der einer eineinhalbstüdigen Exposition gleich, jedoch kaum bestehen. Immerhin die Schauspielerei macht Spaß