Kritik zu Solo: A Star Wars Story
Das Alte und das Neue: Der Versuch, die Vergangenheit neu zu erfinden, und sei es auch nur für eine Figur, gelingt in Ron Howards routinierter, aber auch biederer Inszenierung nur bedingt
Harrison Fords Han Solo gehört zu den »Star Wars«-Charakteren, ohne die die nun über vier Jahrzehnte fortdauernde Popularität von George Lucas' »Weltraumoper« nicht vorstellbar wäre. Trotzdem ist der erkennbar als eine Art Westernheld konzipierte Solo wohl die Figur, die am wenigsten eine »Origin Story« gebraucht hätte, war er als charmanter Draufgänger und »Space Cowboy« doch stets genug. Welchen Beruf sein Vater hatte, wo er aufgewachsen ist und woher sein Name kommt – all das waren keine Fragen, die die Fans über die Jahre nachts nicht hätten schlafen lassen. Trotzdem werden sie nun sämtlich beantwortet im neuen Film, mehr oder weniger befriedigend, einschließlich natürlich der Geschichte jener großen Freundschaft, die Han Solo mit seinem hochgewachsenen Wuscheltier Chewbacca verbindet. Und selbst wenn auch daran nichts wirklich überrascht, gehört der Wookie noch zu den Highlights des neuen Films, dessen unglückliche Produktionsgeschichte – die ursprünglich eingesetzten, aber relativ unerfahrenen Regisseure Phil Lord und Christopher Miller waren inmitten der Dreharbeiten durch Veteran Ron Howard ersetzt worden – sich als Schatten über die Erwartungen gelegt hatte.
Anders als befürchtet schlägt sich auch Alden Ehrenreich wacker in der undankbaren Rolle, die jüngere Version eines ikonographischen Schauspielauftritts erfinden zu müssen. Sein Han Solo ist unschuldiger und gutmütiger als Harrison Fords Variante, dafür eben auch etwas langweiliger. Emilia Clarke als sein romantisches Gegenüber kann ihre »Drachenmutter«-Aura aus »Game of Thrones« kaum entfalten, weil ihre Figur ganz besonders vom Prequel-Sparzwang betroffen ist: Um Stoff für die offenbar unvermeidlichen Sequels zu lassen, wird hier möglichst wenig definiert. Die interessanteren Gestalten in »Solo: A Star Wars Story« sind Woody Harrelsons Freibeuter Tobias Beckett und Donald Glover als Lando Calrissian. Der Erstere spielt mit überraschender Zurückhaltung den kaltschnäuzigen alten Haudegen, der weiß, wann seine Stunde geschlagen hat, der Letztere gibt eine so verspielte, idiosynkratische Variante des Weltall-Dandys, dass sie das enge Konzept des Franchise fast sprengt. Die vielleicht originellste Idee des Films besteht darin, Lando als »love interest« keine Frau, sondern eine Maschine an die Seite zu stellen: »L3-37« ist ein selbstbewusster Droid mit Frauenstimme und gleichzeitig eine Karikatur auf die moderne Aktivistin. Wo auch immer sie hinkommt, fordert sie die Roboter zur Rebellion auf: »Denkt doch mal für euch selbst!«
Ausgefeilte Action, ab und zu eine Pointe und viel Liebe zum Detail machen einmal mehr die Erfolgsmischung aus. Wer Freude an der oft absurden Kombination von Westernmotiven und Alien-Monstern hat, etwa an der x-ten »Kantinenszene«, in der Aliens Bossanova singen und sich verhalten wie Bogart und Konsorten in Ricks »Casablanca«-Café – der kommt auch hier auf seine Kosten. Wirklich aufregend und neu aber ist an »Solo: A Star Wars Story« nichts. Und das Problem dabei ist: Genau so sollte es wohl auch sein.
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