Kritik zu Planet der Affen: Revolution
Matt Reeves setzt das erfolgreiche Reboot der Planet der Affen-Serie fort und geht einen Schritt weiter: Nun sind es erstmalig die Affen, ihre Pläne, Intrigen und Verletzungen, die das Drama bestimmen. Möglich wird das durch das Performance-Capture-Verfahren, das feinste Schauspielnuancen auf digitale Figuren überträgt und damit der anti-rassistischen Vorlage von einst neuen Realismus verleiht
Was bisher geschah: Im 2011 in die Kinos gekommenen Reboot des Planet der Affen-Franchises mit dem Zusatztitel Prevolution (2011) verabreichte ein Wissenschaftler dem Schimpansen Caesar ein potentielles Heilmittel gegen Alzheimer. Der daraufhin hyperintelligente Affe brach aus dem Labor aus und zettelte einen Aufstand gegen seinen Unterdrücker, den Menschen, an. Bald danach infiziert die sogenannte "Affen-Grippe" die Menschheit.
Im aktuellen Sequel Planet der Affen: Revolution hat der vor nunmehr zehn Jahren freigesetzte Virus die Menschheit nahezu ausgerottet. Die wenigen immunen Überlebenden hausen in den von Pflanzen überwucherten Ruinen von San Francisco und sind auf der Suche nach Stromversorgung. Die könnte ein in der Nähe befindlicher Staudamm erzeugen. Doch um dorthin zu gelangen, müssen die Menschen durch den Wald, in dem Caesar mit seinem Affenvolk lebt.
Gespielt wird Caesar abermals von dem britischen Schauspieler Andy Serkis - in den 90er Jahren hätte man über eine solche Aussage zu einer "Affenrolle" noch den Kopf geschüttelt. Doch das Performance-Capture-Verfahren, eine Weiterentwicklung des Motion-Capture-Verfahrens, das nicht nur Körperbewegungen, sondern auch die Mimik des Schauspielers aufzeichnet, macht es möglich: Serkis, seit seinem Gollum in den Herr der Ringe-Filmen der wohl bekannteste Darsteller nichtmenschlicher Filmfiguren (er stand auch als romantisch-emotionaler Riesengorilla King Kong vor der Kamera), verleiht seinem digital erzeugten Affen-Anführer eine fein nuancierte Persönlichkeit. In Planet der Affen: Revolution überzeugt nun auch besonders Toby Kebbell in der Rolle des traumatisierten Labor-Affen Koba. Der von Narben übersäte Schimpanse lernt im Verlauf des Films den Umgang mit Schusswaffen, wird den zur Moderation neigenden Caesar hintergehen und zum Krieg gegen die verhassten Menschen aufrufen
"Man kann wunderbar etwas über die Menschen sagen, wenn man selbst kein Mensch sein muss", sagt Andy Serkis im Promo-Interview. Für ihn bedeutet Performance-Capture eine "Befreiung des Schauspielers" weil die Grenzen des menschlichen Körpers, das Geschlecht oder die Rasse, bei dieser Methode kein Hindernis mehr darstellen. Damit greift der aktuelle Film auch produktionstechnisch auf unerwartete Weise eines der Leitthemen der Planet der Affen-Reihe auf. Schließlich wurde schon in Franklin J. Schaffners gesellschaftskritischem Originalfilm von 1968 Rassismus in jeglicher Ausprägung angeprangert. Revolution spiegelt also nicht nur die Motive und Szenarien der Originalserie, sondern setzt diese dank Performance-Capture in Bildern von erschreckendem Realismus um.
Vom Camp-Appeal der alten Affenmasken - für den Zuschauer immer auch ein erlösend-vergnüglicher Aspekt - ist nun nichts mehr zu sprüren. Konsequent liegt der dramaturgische Schwerpunkt des Films ganz bei den Affen. Wir erleben die Gründung einer "zivilisierten" Gesellschaft und hören sie erste Worte grunzen. Die menschlichen Darsteller haben hier eindeutig das Nachsehen - und vielleicht auch zu wenig Screentime. Das gilt vor allem für den herrlich verzweifelt agierenden Gary Oldman. Für seinen Wissenschaftler sind die Affen Schuld am Virus, der die Menschheit ausgerottet hat. Und so muss sich am Ende der Schimpanse Caesar menschlicher verhalten als die Menschen, um zum Erlöser seines Volkes zu werden. Regisseur Matt Reeves (Cloverfield) ist ein elegant moralisches Lehrstück in Gestalt eines effektvollen Blockbusters gelungen.
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