Kritik zu Planet der Affen (2001)

Trailer englisch © 20th Century Fox

Tim Burtons Remake eines Klassikers von 1968

Leserbewertung
2.5
2.5 (Stimmen: 2)

Planet of the Apes beginnt und endet mit einem typischen subtilen Tim-Burton-Scherz. Anfangs sehen wir entrückte Weltraumbilder - aus der Perspektive eines Schimpansen, der im Astronautenanzug eine Raumkapsel durch unwegsames Terrain lenkt. Als sein kleines Raumschiff ins Trudeln gerät und schließlich havariert, öffnet sich mit einem Mal die Einstiegsluke und Captain Leo Davidson (Mark Wahlberg) nimmt seinen verwirrten Patienten in Empfang - das Ganze war eine Flugsimulation auf einer Weltraumstation und der Schimpanse ein versagender Testpilot. Am Filmende steuert Davidson in einer ähnliche Raumkapsel im Steilflug auf die Erde zu, wo er reichlich unsanft zu Füßen eines Monuments in Washington landet und eine schockierende Entdeckung macht, die erst später verraten wird.

Beide Szenen gehen ironisch auf die Erwartungshaltung des Zuschauers ein und spielen auf den Filmzyklus an, der ab 1968 nach der Romanvorlage von Pierre Boulle entstand.

Tim Burton hat sich weitgehend sowohl von der literarischen Vorlage (mit Ausnahme des Endes) als auch von den in ihn gesetzten Erwartungen entfernt. Er lässt seine Geschichte im Jahr 2029 beginnen, als Captain Davidson seinem (diesmal ins echte Manöver entsandten) Schimpansen unerlaubterweise folgt und dabei selbst im Sternenhagel vom Kurs abgerät. Mit einer Crash-Landung kommt Davidson auf einem fremden Planeten nieder und erlebt am eigenen Leib, wie martialisch bewaffnete Affen auf Menschen Jagd machen. Sie erwischen auch Davidson, und die ersten in bestem Amerikanisch geäußerten Gorilla-Worte, die er vernimmt, lauten: "Nimm deine stinkigen Hände von mir, du verdammter, dreckiger Mensch." Der umgekehrte Rassismus, der 1968 in Franklin J. Schaffners "Planet of the Apes" historisch relevanter und politisch vehementer vertreten wurde, zeigt sich zwar auch in Burtons Film, vor allem in Ari (Helena Bonham Carter), einer Schimpansin, die sich als Tochter eines einflussreichen Senators eine antirassistische Haltung erlauben kann. Doch die "soziale Phantasie", als welche Pierre Boulle seinen Roman beschrieben hat und die auch in 68er-Filmversion deutlich wurde, bleibt bei Burton genauso anekdotische Reminiszenz wie alle Anspielungen auf Tierversuche oder die sodomitische Romanze zwischen Ari und Leo.

Auch in Planet of the Apes bleibt Burton seinem eigentlichen Metier, dem Bild und seiner Ausgestaltung, treu. Mit Hilfe bewährter Mitstreiter ist ihm erneut eine einnehmende visuelle Anmutung gelungen, an der der Produktionsdesigner Rick Heinrichs, die Kostümbildnerin Colleen Atwood und Make-up-Spezialist Rick Baker teilhaben. In den Massenkampfszenen gegen Ende des Films, die in einer bizarren Wüstenlandschaft spielen, gelingt es Heinrichs, dem Set Design eine grafische Qualität zu verleihen, die den im Internet zugänglichen Konzeptskizzen von Burton gut entsprechen. So ist etwa Gaudís Kirchenfragment "Sagrada Familia" in Barcelona als ironische Vorlage für ein gestrandetes Raumschiff im Zustand fortgeschrittener Entropie zu erkennen. Überzeugend und dem Klassiker-Zyklus künstlerisch (wie technisch) überlegen sind auch die Kostüme und das Make-up der verschiedenen Affengattungen bis in die filmische Naheinstellung hinein.

Burton hat den Affen, die auf dem Planeten eine Hochkultur bilden, eine interessante anti-zivilisatorische Charaktergrundierung verliehen. das zeigt sich besonders an der Figur des Cholerikers General Thade (Tim Roth), der stets von niederen Instinkten übermannt wird, sobald er seine Machtinteressen in Gefahr sieht; zum bedrohlichen Unterton trägt das Sound Design bei, das hier überhaupt eine manipulative Funktion erfüllt. Allenfalls bei Burtons erster "Batman"-Verfilmung war eine vergleichbare Unverhältnismäßigkeit der Mittel zu beobachten. Und wie Batman (1989) will Burton mit Planet of the Apes als kassenträchtigem Sommerfilm offenbar seine "bankability" unter Beweis stellen.

Doch bei aller Planung wirkt Planet of the Apes im Resultat unausgegoren. Sieht man von der gewohnt unzulänglichen Burtonschen Dramaturgie ab, so gelingt es dem Regisseur auch nicht, eine stimmige Atmosphäre zu schaffen. Als am Schluss von Schaffners 68er Film Charlton Heston (der in Burtons Version einen Cameo-Auftritt als im Sterben liegender Ahnherr der Affen hat) den endlosen Strand entlang wandert und schließlich auf die Reste der versunkenen Freiheitsstatue trifft, wird Melancholie spürbar, die Ted Posts Sequel Beneath the Planet of the Apes (1971) aufgreift und noch verstärkt. Beide Filme nehmen explizit Bezug auf die Atombombe und die potenzielle Auslöschung der Menschheit. Bei Burton kehrt Leo Davidson am Ende vom Planeten der Affen zurück, auf die Erde, nach Washington, und er muss feststellen, dass sich alles verändert hat. Anstatt den Schock zu vermitteln, erweckt Wahlbergs steife Darstellung den Eindruck, er sei mal kurz in Europa gewesen und würde jetzt mit dem Einheimischen fremdeln. Den existenziellen Konflikt von Burtons typischen Außenseiter-Figuren muss man sich hier dazudenken.

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