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Gerhard Midding

Im Februar war im Magazin »Kulturzeit« auf 3sat ein Beitrag zu sehen, der von den Schwierigkeiten handelte, eine Filmreihe über den Massenmord an den Armeniern auf die Beine zu stellen. Das Katholische Bildungswerk des Bistums Mainz will sie aus Anlass des 100. Jahrestags der Deportationen zeigen. 14 Filme hatte der für die Programmreihe verantwortliche Johannes Kohl dafür ins Auge gefasst. Aber seine Suche lief weitgehend ins Leere. Nur zwei Filme waren zu diesem Zeitpunkt in zeigbaren Kopien verfügbar.

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Einmal im Jahr bedauere ich die Mitarbeiter von German Films, der Exportorganisation des deutschen Films, sehr. Dieses Bedauern fällt auf einen festen Termin und auch die Tageszeit lässt sich präzis vorhersagen: Es ist der Nachmittag nach der Pressekonferenz, auf der alljährlich in Paris das Programm von Cannes bekanntgegeben wird. Die Pressemitteilung, die German Films dann verschickt, ist meist sehr knapp.

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Am Anfang mancher Dokumentarfilme steht ein Zögern, das ich sehr mag. In dieser Spielart des Auftakts scheint nichts entschieden, sie geben die Richtung allenfalls diskret vor. Die Kamera nähert sich beispielsweise behutsam einen Schauplatz, wagt es noch nicht, ihn offensiv in den Blick zu nehmen. Er soll seine Aura erst allmählich entfalten. Einen ähnlichen Respekt lassen einige Dokumentarfilmer auch walten, wenn sie einen Protagonisten zeichnen wollen.

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Seit Anfang des Jahres trage ich ein Bild aus seinem letzten Film ständig bei mir. Es ziert eine kleine Karte, die exakt in mein Portemonnaie passt. Von Zeit zu Zeit schaue ich sie mir an. Auf der Vorderseite ist ein Brunnen aus seiner Geburtsstadt Porto zu sehen, der das Motiv des Trailers ist, den er im letzten Jahr für die Viennale gestaltet hat (mehr dazu in meinem Eintrag vom 29.10.).

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Mitunter stehe ich gern Schlange. Nicht unbedingt auf Festivals, wo alle Welt sich in einen Film drängt. Bei anderen Gelegenheiten hingegen freut es mich, wenn zahlreiche Menschen meine Neugierde auf ein kulturelles Angebot teilen. So machte mir der Regen nicht viel aus, als ich am letzten Sonntag lange vor dem Berliner Willy-Brandt-Haus warten musste, um endlich in die Ausstellung eingelassen zu werden, in der Fotos von Vivian Maier zu sehen sind.

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Auch das Metier des freischaffenden Journalisten kennt seine Rituale und Unausweichlichkeiten. Der Beruf des Filmkritikers hält zumindest eine Besonderheit bereit. Wann immer man ihn bei einer Party erwähnt, wird man augenblicklich um aktuelle Empfehlungen gebeten. Ich nehme an, das passiert Kunst-, Musik oder Theaterkritikern erheblich seltener.

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Es ist gut möglich, dass Kurorte einmal die letzten Glieder in der Verwertungskette waren. An welch anderen Ort könnten Filme ein solch geruhsames Nachleben führen? Über das Sehverhalten von Kurgästen ist leider wenig bekannt. Wie gut verdaulich musste die Kost sein, die vorgesetzt wurde, nachdem sie die verschriebenen Anwendungen und das rituelle Kuchenessen erfolgreich hinter sich gebracht hatten? Dank der Knauserigkeit der Krankenkassen ist dies freilich zu einem höchst marginalen Forschungsgebiet geworden.

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Wäre man abergläubisch, dürfte man nun aufatmen: "Das haben wir ja doch mit heiler Haut überstanden." Aber seit der Aufklärung lösen Sonnenfinsternisse keinen Schrecken mehr aus, sondern faszinierte Schaulust. Das ist im Kino in der Regel noch ganz anders. Dort ist, um der dramatischeren Wirkung willen, eine Sonnenfinsternis allerdings auch meist total; ein Phänomen, dessen wir in unseren Breiten nur selten ansichtig werden.

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Im Gegensatz zu den anderen Künsten lässt sich die Geburtsstunde des Kinos sehr genau bestimmen: Es geschah in der Mittagszeit des 19. März 1895. Zu diesem Zeitpunkt postierte sich Louis Lumière mit seinem Cinématograph in der Rue Saint-Victor gegenüber der Hausnummer 22-23 und forderte seine Angestellten auf, die optischen Werke, die er zusammen mit seinem Bruder Auguste betrieb, durch das Fabriktor zu verlassen.

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Vor einigen Jahren betreute mein Pariser Gastgeber für die Zeitschrift "Positif" einen Themenschwerpunkt über Ernst Lubitsch und fragte, ob es nicht eine neue, frische Perspektive aus Deutschland dazu gebe. Ich hatte eine Idee, für dich ich selbst als Autor ungeeignet war, die ich aber viel versprechend fand: Man könnte doch einmal nachforschen, ob es trotz allem nicht Spuren von Lubitsch' Stil im deutschen Tonfilmkino gebe? Wir mussten die Idee fallen lassen, da sich kein Autor fand, der diese Forschungsarbeit in so kurzer Frist bewältigen könnte.