Film des Monats Mai: "Fruitvale Station"

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Empfohlen von der Jury der Evangelischen Filmarbeit

Ein verpixelter Handyclip in schlechter Qualität: Wir sehen vier schwarze junge Männer, die von – ausnahmslos weißen – Bahnhofspolizisten in Schach gehalten werden. Unter Protesten des Handybesitzers beginnen sie, den Schwarzen Handschellen anzulegen. Dabei gehen sie auffallend brutal vor. Während dieser unübersichtlichen und gewalttätigen Prozedur fällt ein Schuss. Nächster Halt: Fruitvale Station beginnt mit authentischen Handycam-Bildern zu den Ereignissen, die sich in den frühen Stunden des neuen Jahres 2009 in einer Bahnstation San Franciscos abgespielt haben. Danach begleitet der Film in einer Rückblende seine Hauptfigur Oscar in quasidokumentarischem Stil durch die 24 Stunden vor den Geschehnissen jener Nacht. In grobkörnigen Bildern erzählt Regisseur Ryan Coogler von Oscars Tag. Davon, dass Oscar mit seiner Freundin und seiner kleinen Tochter über die Runden zu kommen versucht. Von seinem Verhältnis zu seiner Familie. Aber auch von der Versuchung, wieder auf die schiefe Bahn zu geraten und wie schon einmal im Gefängnis zu landen.

Oscar wird nicht zu einem Helden hochstilisiert, sondern bleibt ein Jedermann, der einfach nur seinen Alltag bewältigen möchte. Und wie andere auch die besten Vorsätze für das neue Jahr gefasst hat. Mit he­rausragenden darstellerischen Leistungen, milieutypischen Details und einem Gespür für das Erzählen von Geschichten gelingt Coogler ein beeindruckendes Langfilmdebüt. Die finale Bahnfahrt wird zur Metapher für eine Gesellschaft, die sich – wie auf Schienen – einem fatalen Ziel nähert. Und jeder hat ein Ticket. Nächster Halt: Fruitvale Station ist eine eindringliche Erinnerung daran, dass man immer noch um Leib und Leben fürchten muss, wenn man nicht die »richtige« Hautfarbe hat. Und das auch in sogenannten »zivilisierten« und »demokratischen« Ländern. Der Film stellt sich unmissverständlich auf die Seite der Opfer von rassistisch motivierter Gewalt. Und ist damit ein unsanfter Weckruf aus dem Traum, dass alle Menschen gleich sind.

Start am 1. 5.

... zur Filmkritik von Patrick Seyboth

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