Marli Feldvoß
Marli Feldvoß ist Publizistin, Filmkritikerin und Lehrbeauftragte für Filmgeschichte. Aufgewachsen in Frankfurt am Main. Ausbildung als Dolmetscherin und Übersetzerin für Englisch und Französisch (Frankfurt, London, Nizza); Studium der Germanistik, Romanistik, Filmwissenschaft (Frankfurt, Paris). Seit 1985 freie Autorin. Kritiken, Porträts, Essays über Film und Literatur für FAZ, Frankfurter Rundschau, NZZ, DIE ZEIT, epd Film u. a.; zahlreiche Buchbeiträge; Radio- und Fernsehsendungen für BR, DLR Köln, HR (»Kinostarts«), WDR (Begleitfilme »Agnès-Varda-Retrospektive«) u. a.
Quelle: Stroemfeld Verlag
Filmkritiken von Marli Feldvoß
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Susanne-Bier-Filme zeigen Extremfälle, um einen Ausweg zu suchen. Sie sind so überzeugend, weil sie große Gefühle zeigen, das Melodrama nicht scheuen und trotzdem – auch wegen ihrer durchweg großartigen Akteure – klein, echt und menschlich bleiben
Die etwas rätselhafte Dreiecksgeschichte ist eine typische Versuchsanordnung à la Jacques Doillon. Ein paar Klänge Debussy setzen eine Ahnung von Struktur, die ansonsten ganz den Worteskapaden und abwechselnden Auftritten der Darsteller anvertraut bleibt. Aus diesem komplizierten Spiel von Worten und Körpern gewinnt der Film seine Spannung
Man muss – trotz einiger Unzulänglichkeiten – den Hut ziehen vor einem außergewöhnlichen waghalsigen Film aus Deutschland, der sich traut, in jeder Hinsicht über die Stränge zu schlagen: »Poll«
Die einfühlsam erzählte Coming-of-Age-Story lotet mit außerordentlichen Darstellern die ganze Palette des von zwischen Depression und stiller Verzweiflung pendelnden Lebensgefühls aus, das nur Übergangsstadium ist, aber oft als Endstadium erlebt wird. Ein sensibles und bei aller Traurigkeit doch hoffnungsfrohes und einfach schönes Filmerlebnis
Der Regiedebütantin Massy Tadjedin allein kann man nicht anlasten, dass dieser Film nur gähnende Langeweile erzeugt, denn sie ist auch eine erprobte Drehbuchautorin, die demnächst für Spielberg arbeiten soll. Das schier endlos drehende Karussell, das auf dem Niveau eines Lifestyle-Magazins der Frage nachstellt, wer mit wem und wann, ist ganz und gar überflüssig
Die einfache Filmerzählung geht virtuos mit dem schwierigen Thema Tod und den unterschiedlichen Religionsansichten um. Der unterkühlte schwarze Humor verträgt sich hervorragend mit der tiefgekühlten Oma, die mit ihrem Selbstmord einen für den Exmann unvorhersehbaren Wirbel auslöst
Mut braucht es auf jeden Fall, wenn sich einer auf die Reise durch die Parallelgesellschaft der Hartz-IV-Empfänger begibt, die man heutzutage an jeder Ecke beim Leergutsammeln antrifft. Leider fehlt so etwas wie analytische Stringenz
Behutsam verwandelt Angela Schanelec die gläserne Abflughalle von Orly in eine Bühne, auf der sie ihre Protagonisten spazieren führt. Obwohl dem Zufall meistens nachgeholfen wird, entsteht ein Nachdenken über die »geschenkte Zeit« des Wartens, die jeder schon so erlebt hat
Akribisch vollzieht Michael Haneke hier den unausgesprochenen Zusammenhang von autoritärer Erziehung und Terrorismus jedwelcher Art (wer will, kann sich auch auf den Hitlerfaschismus kaprizieren) nach. »Das weiße Band« ist ein Filmjuwel, das mit seiner universellen Botschaft weit über den zeitlichen Filmrahmen von 1913/14 hinausreicht
Der Libanonkrieg, geschildert aus dem Innern eines Panzers: Ein Film, der die Todesängste völlig unvorbereiteter junger Menschen physisch und psychisch nachvollziehbar macht