Kritik zu Codename U.N.C.L.E.

© Warner Bros.

Guy Ritchies Kinoversion der 60er-Jahre-Serie über einen KGB- und einen CIA-Agenten legt wenig Wert auf Handlung oder Action, dafür mehr auf Stil und Atmosphäre

Bewertung: 4
Leserbewertung
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3.3 (Stimmen: 3)

Auf den ersten Blick wirkt es wie eine Marotte, dass Guy Ritchie seine Verfilmung einer Serienidee aus den 60er Jahren auch wieder in den 60ern spielen lässt. Dass russischer und amerikanischer Geheimdienst zusammenarbeiten, dafür ließe sich heute, gut 25 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges,  ein fast überzeugenderer Stoff entwickeln als damals, 1964, zum Zeitpunkt der Erstausstrahlung von »The Man from U.N.C.L.E.« Tatsächlich lässt sich ein anderes Kernelement der Serie nur schlecht in die Gegenwart übertragen: die Sympathie für den KGB-Agenten. Damals, so heißt es, zog die Figur des Russen Ilya Kuryakin (verkörpert vom Schotten David McCallum) so viel Fanl­iebe auf sich, dass entgegen der ursprünglichen Absicht, die Figur des Gentleman-Diebs und CIA-Agenten Solo zentral zu setzen, der Russe und der Amerikaner fürderhin als Paar im Fokus standen. Heute aber hat nicht zuletzt mit der Verbreitung des Typus »russischer Mafioso« als bevorzugter Filmbösewicht das Russische doch erheblich an Sex-Appeal eingebüßt.

Bei Guy Ritchie obliegt es nun Armie Hammer, jenen exotischen Charme zu rekonstruieren, den ein Mann von jenseits des Eisernen Vorhangs einst in westlichen Augen besaß. Hammer, der in seinen bisherigen Filmen (»J. Edgar«, »Social Network«, »Lone Ranger«) schon sein Talent dafür bewiesen hat, reine Mannequin-Rollen mit viel Charakter auszufüllen, ist auch diesmal wieder eine Überraschung. Sein Kuryakin kombiniert das Klischee (notorische sowjetische Steifheit bei großer Zähigkeit und viel Patriotismus) so gekonnt mit Anflügen von beseeltem Humor und Romantik, dass momenthaft förmlich Funken schlagen. Henry Cavill (»Superman«) hat es ihm gegenüber sichtlich schwer, seinem »Proto-James-Bond« namens Napoleon Solo genügend Seele einzuhauchen, scheint er doch selbst wie angeödet vom eigenen Hang zu Besserwisserei und Schwerenötertum. Kein Wunder also, dass Alicia Vikanders Gaby Teller, ihres Zeichens ostdeutsche Kfz-Mechanikerin und verwaiste Atomphysikertochter, ihre Kratzbürstigkeit mehr und mehr auf ­Kuryakin konzentriert.

Wie schön wäre es, wenn »Codename U.N.C.L.E.« diese hübsche Dreiecksgeschichte tatsächlich auserzählen würde. Aber die Gesetze des Marktes diktieren nun mal, dass ein Film wie dieser nicht für sich stehen darf, sondern unbedingt anschlussfähig für ein Sequel sein muss. Als TV-Pilotfolge einer jener Retro-Serien, die die 60er Jahre so selbstreflexiv wie selbstverliebt neu betrachten, würde »Codename U.N.C.L.E.« wunderbar funktionieren: Solo und Kuryakin könnten ihr Geplänkel von »Cowboy« zu »Roter Gefahr« (so ihre Spitznamen füreinander) weiterentwickeln und Gaby und Ilya ihr »Will they/Won’t they« in die Länge ziehen. Dazu passt auch, dass Ritchie seine cinematographische Sorgfalt statt auf Actionszenen auf andere Dinge verwendet: Auf die selten liebevolle Rekonstruktion des 60er-Jahre-Westberlins, auf die Szenen in Rom, die mit ihrem tief verschatteten Farbenreichtum förmlich auf der Klaviatur der damals dort gedrehten Hollywoodfilme spielen, auf die geschmackvoll ausgesuchte Mode samt einem handverlesenen Score mit zeitgenössischen Songs. »Codename« kann bzw. muss man ganz anders genießen als die übrigen Sommer-Spektakelfilme wie »Mission: Impossible«. Der Film funktioniert eher wie ein Jazzstück oder ein Konzeptalbum: launig, kapriziös und eigen. Und wird wohl deshalb auch keine Fortsetzung haben. 

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