Kritik zu Conjuring – Die Heimsuchung

© Warner Bros.

»Splat Pack«-Mitglied James Wan überrascht nach seinen brachialen Saw-Exzessen mit atmosphärischer Feinmechanik des Gruselns und einer prominent-populären Besetzung: Vera Farmiga, Patrick Wilson, Lili Taylor und Ron Livingston

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Im Hörsaal der Uni werden wissenschaftlich überprüfbare Erkenntnisse vermittelt, was normalerweise nicht aufregend ist. Dozieren jedoch Ed und Lorraine Warren über paranormale Ereignisse, dann sind die Studenten aus dem Häuschen. Die beiden Psi-Experten werden gerufen, wenn ein abgelegenes Farmhaus von dunklen Mächten heimgesucht oder die liebgewonnene Stoffpuppe zum bitterbösen Quälgeist wird.

Ed und Lorraine Warren sind authentische Figuren. Nach den »X-Files« der bekannten Dämonologen, die schon Klassikern wie Amityville Horror zugrunde liegen, schuf James Wan nun eine Poltergeist-Variation, die in diesem Subgenre neue Akzente setzt. Conjuring - Die Heimsuchung nimmt sich Zeit, um die Figuren der esoterischen Kammerjäger einzuführen, die in den frühen 70er Jahren Übernatürliches mit einer selbst entwickelten Mixtur aus Weihwasser und Gaga-Technologie dingfest zu machen versuchten. Als glücklich erweist sich dabei die Entscheidung, auch die Geschichte in diese Epoche zu verlegen. Dank der historischen Distanz kann nicht nur der Ausstatter mit Automobilen, Kleidung und einem altmodischen Kassettenrekorder glänzen. Das zurückhaltende Auftreten von Menschen, die vor vierzig Jahren noch nicht so abgebrüht und selbstironisch waren, gibt den beiden Hauptdarstellern Vera Farmiga und Patrick Wilson Gelegenheit, sich als einfühlsame Geisterjäger hervorzutun.

Ihren Einsatz absolvieren sie bei der siebenköpfigen Familie von Roger und Carolyn Perron, in deren frisch bezogenem Haus es spukt. Derartige Geschichten sind bekannt, nicht zuletzt von James Wan selbst, der mit Conjuring eher überzeugt als mit seinem überzogenen Gruselschocker Insidious. Die Charaktere sind diesmal entschieden differenzierter – nicht zufällig profiliert sich mit Ron Livingston und Lili Taylor in der Rolle der Perrons neben den Geisterjägern ein zweites starkes Darstellerpaar. Mit Gespür für knarzende Dielen und quietschende Türen zieht Wan den Zuschauer hinein in dieses Haus, in dem sich immer mehr verborgene Räume auftun. Auf Schockeffekte und blutige Details verzichtet er ebenso wie auf den Einsatz von Wackelkamera und dokumentarischem »Footage«, was in den Splatter-Remakes der vergangenen Dekade auf Teufel komm raus Authentizität suggerieren sollte. Der Einbruch des Übersinnlichen erfolgt durch eine temperierte Mischung aus sparsam eingesetzten Computertricks und buchstäblich handgemachten Effekten. Wenn eine der Töchter nachts ruckartig am Bein gezogen wird und die Mutter jeden Morgen mit blauen Flecken aufwacht, dann geht der Horror buchstäblich unter die Haut: Auf liebenswürdig altmodische Art wird das Heim unheimlich.

Nur gegen Ende, wenn die Geisterbahn Fahrt aufnimmt, verliert man den Überblick, welcher Dämon hier sein Unwesen treibt. Mit der finalen Hommage an Der Exorzist, bei der auch das »Rituale Romanum« zum Einsatz kommt, ist es vielleicht etwas zu viel des Bösen, den Gesamteindruck trübt dies nicht.

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