Kritik zu Wild wie das Meer

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In ihrem auf einer Atlantikinsel angesiedelten Langfilmdebüt schildert Héloïse Pelloquet die Affäre einer Fischerin mit ihrem Auszubildenden 

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Reife Frau & junger Mann, diese asymmetrische Paarbildung ist zurzeit im Kino beliebt, wie vor kurzem etwa »Salamandra« und »Im Herzen jung« zeigten. War Cécile de France in letzterem Film die Betrogene, deren Mann ihr eine Siebzigjährige vorzog, so ist sie nun die Ehebrecherin. Seit zwei Jahrzehnten lebt Chiara in glücklicher Ehe mit dem Fischer Antoine, mit dem sie auf Fischfang in den Gewässern rund um eine Insel im Atlantik geht. Dann stellt sie einen Auszubildenden ein, Maxence, einen jungen Typen aus großbourgeoisem Milieu, der nichts Rechtes mit sich anzufangen weiß. Anfangs bespöttelt und ständig seekrank, mausert sich das Milchgesicht zum umsichtigen Helfer und fügt sich mätzchenfrei in die eng verwobene Inselgemeinschaft ein. Auch weil er sich in seine Chefin verguckt, die anfangs nicht weiß, was sie von diesem Oboe spielenden, gesellschaftlich gewandten Knilch halten soll. Aus einer kumpelhaften Neckerei entwickelt sich eine leidenschaftliche Affäre, die nicht lange geheim bleibt und harsche Feindseligkeit hervorruft.

Die Porträts von Frauen in körperlich fordernden Berufen ist nicht erst seit Juliette Binoches Putzfrauen-Drama »Wie im echten Leben« eine interessante Seitenlinie im französischen Kino. Mit Chiara wird nun, in dokumentarischem Detail, das Fischerhandwerk, die harte Arbeit auf dem Boot demonstriert. Gedreht wurde der Film auf der Insel Noirmoutier mit lokalen Statisten. Die existenzielle Bedrohung durch Sturmschäden, aber auch Post-Brexit-Verhandlungen um Fangquoten kommen zur Sprache. Dann wiederum ist Maxences Beobachtung der burschikosen Chiara der Blick eines gesellschaftlich Höhergestellten, auf den diese attraktiv verwitterte Frau in einem proletarischen Männerberuf einen exotischen Reiz ausübt.

Regisseurin Héloise Pelloquet bezeichnet ihr Langfilmdebüt als »Anti-Bovary«-Liebesfilm, was bedeutet, dass entgegen klassischer Konvention weibliches Begehren und Ehebruch keine Strafe nach sich ziehen und psychologisch hergeleitete Gründe ausgespart bleiben. Cécile de France, die oft das Gegenteil jener feminin-kapriziösen Wesen verkörpert, die gerade in französischen Filmen lange so gerne gefeiert wurden, ist als wortkarge »femme libre« mit latenter Abenteurernatur die perfekte Wahl, eigentlich. Man bewundert auch diesmal ihr sinnlich-vitales Charisma, sei es in den Liebesszenen, in denen Chiara und Maxence mit kindlicher Verspieltheit agieren, oder beim angestrengten Herumschleppen schwerer Reusen. Doch der betonte Realismus lässt das Verkopfte dieser Liebelei umso stärker hervortreten. Trotz der anfangs stimmungsvoll inszenierten gegenseitigen Anziehung gerät die Affäre unglaubwürdig: nicht wegen des Altersunterschieds, sondern wegen der widersprüchlichen Charakterzeichnung. Der Stempel »starke Frau«, den Chiara trägt, passt nicht zu ihren Entscheidungen in Bezug auf Maxence, eines doch recht mickrigen Fangs. So will diese Liebesgeschichte kein Drama sein – wahrhaftig wirkt sie am Ende aber auch nicht.

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