Kritik zu Salamandra

© Alpenrepublik

Alex Carvalho beginnt seine ­Romanadaption über weibliches ­Begehren jenseits der 40 und ­Affären mit großem Altersunterschied als stimmungsvoll-melancholische ­Charakterstudie, um doch wieder beim Thema Schuld zu enden

Bewertung: 2
Leserbewertung
0
Noch keine Bewertungen vorhanden

Erzählt ein Mann von einer Affäre zwischen einer 40-jährigen Frau und ihrem deutlich jüngeren Liebhaber, regt sich aus leidiger Erfahrung Unbehagen. Wenn das Presseheft dann noch stolz verkündet »Ein […] unkonventioneller Blick auf die Dynamik eines Paares, das gegen alle Regeln des gesunden Menschenverstands Begehren empfindet«, schrillen alle Alarmglocken. Welche Regeln des gesunden Menschenverstandes werden hier also gebrochen? 

Im Mittelpunkt steht die Französin Catherine (Marina Foïs). Nach dem Tod des Vaters, den sie jahrelang in Paris gepflegt hat, besucht sie ihre Schwester in Brasilien. Sie kommt nicht recht an und wirkt verloren in der großen Stadt, durch die sie sich melancholisch treiben lässt. Das ändert sich, als sie am Strand den jungen Gil kennenlernt. Zwar versteht sie kein Wort von dem, was er sagt, fühlt sich aber angezogen und stürzt sich in eine Affäre. 

Sie ignoriert die Warnungen ihrer Schwester, mietet ein Haus am Strand, genießt den Sex und die gemeinsame Zeit mit Gil. Spätestens als Catherine ihm aber ein Motorrad schenkt, bekommt die Beziehung ein Geschmäckle. Die vermögende Europäerin und der als Barkeeper jobbende Brasilianer, der auch in ein paar semilegale Geschäfte verwickelt scheint, werden sich der unterschiedlichen Welten, in denen sie leben, zunehmend bewusst.

Sind es also die Regeln der Klassenzugehörigkeit in der kapitalistischen Logik eines globalen Nord-Süd-Gefälles, die hier gebrochen werden? Den Fokus kolonialismuskritisch auf diesen Aspekt zu richten, hätte durchaus Potenzial gehabt. Narrativ bleibt »Salamandra« in dieser Hinsicht aber zu fragmentarisch. In welche Machenschaften Gil tatsächlich verstrickt ist und ob er Catherine nur ausnutzt, erfahren wir nicht. Stattdessen fokussiert sich der Film ausgiebig auf die körperliche Komponente der Beziehung. 

Der oben genannte Regelbruch muss demnach im Altersunterschied bestehen. Und das ist der ärgerliche Knackpunkt: Marina Foïs als Catherine ist eine zierliche, attraktive Frau. Das ist keine oberflächliche Betrachtung, sondern erwähnenswert, weil uns Regisseur Alex Carvalho reichlich Gelegenheit gibt, ihren (halb-)nackten Körper eingehend zu studieren: Mit ihrem flachen Bauch, den straffen Brüsten, ihren perfekt geformten Beinen bar jeder Cellulite, der reinen Haut und ein paar wenigen Lachfältchen ist sie unabhängig von ihrem Alter eine durch und durch normschöne Frau, die sich mit einem attraktiven Mann in gegenseitigem Einverständnis sexuell austobt. Was ist daran skandalös?

Nun kann Alex Carvalho nichts für die Strafe, mit der Jean-Christophe Rufin, Autor der gleichnamigen Romanvorlage, seine Protagonistin für dieses unerhörte Begehren ahndet. Schauspielerisch liefern sowohl Foïs als auch der brasilianische Newcomer Maicon Rodrigues routiniert ab, auch wenn die Chemie zwischen ihnen trotz der expliziten Darstellung nicht so richtig knistern will. Am Ende krabbelt Catherine wie ein lädiertes Phönixküken aus der Asche und ist um eine Erfahrung reifer, während Gil bis zum Ende ein Sympathieträger bleibt.

Meinung zum Thema

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt