Kritik zu The Secret Man

© Wild Bunch

2017
Original-Titel: 
Mark Felt: The Man who brought down the White House
Filmstart in Deutschland: 
02.11.2017
L: 
103 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Was waren die Motive des mysteriösen Informanten, der die Washington Post auf die Spur der Watergate-Affäre brachte? Peter Landesmann (»Parkland«) evoziert dies epochale Ereignis mit Blaufilterästhetik und Sinn für Ambivalenzen

Bewertung: 3
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Nein, dem Geld folgen die Ermittler hier nicht. »Follow the money!«, das Mantra von »Deep Throat«, dem Informanten der Reporter, die die Watergate-Affäre aufdeckten, ist in diesem Film nicht zu hören. Das ist doppelt erstaunlich, weil es seither unter Journalisten (und in Filmen über sie) zum geflügelten Wort geworden ist und Regisseur Peter Landesmann selbst einmal in diesem Metier gearbeitet hat.

Landesmanns Film nähert sich dem Skandal, der die politische Kultur der USA unwiderruflich veränderte, aus der Insiderperspektive von Mark Felt, der sich 2005 als »Deep Throat« zu erkennen gab. Das könnte aufschlussreich sein, entlässt »The Secret Man« aber nie aus dem Schatten des nach wie vor definitiven Watergate-Films »Die Unbestechlichen«. Die einzige Szene, in der Washington-Post-Reporter Bob Woodward auftaucht, ist leider die kläglichste des Films.

Man könnte den Eindruck gewinnen, beide Filme erzählten unterschiedliche Geschichten. Allerdings ist Landesmanns Blickwinkel verlockend und kühn, denn Informanten tragen erst einmal den Makel des Verrats. Felt (Liam Neeson), der stellvertretende Direktor des FBI, ist indes von schillernder Unbestechlichkeit. Das zeigt sich schon, als ihm anfangs Mitglieder von Nixons Stab verfängliche Fragen zu einer möglichen Absetzung von J. Edgar Hoover stellen, der die Behörde seit einem halben Jahrhundert leitet. Felt hat nur Verachtung für ihr frivoles Ansinnen übrig. Wenn er betont, ihre Geheimnisse seien beim FBI in sicheren Händen, ist das kein Versprechen, sondern eine Drohung.

Seinen Abscheu gegenüber der korrupten politischen Klasse findet Felt bald bestätigt, als die Nachricht vom Einbruch ins Wahlkampfbüro der Demokraten im Watergate Hotel bekannt wird. Hoover, den er als Patrioten verehrte, ist inzwischen gestorben. Felts Hoffnung, dessen Posten einzunehmen, erfüllt sich nicht. An seiner Stelle erhält ihn der Nixon-Vertraute Patrick Gray (Marton Csokas). Auf Geheiß des Justizministeriums sollen die Watergate-Ermittlungen eingestellt werden, aber Felt widersetzt sich heimlich den Anweisungen seines neuen Chefs. Auf der Unabhängigkeit der Bundespolizei beharrt er freilich nicht um der Gewaltenteilung in einer Demokratie willen. Hier geht es um Stammeszugehörigkeit. Felt handelt aus unbedingter Loyalität zu einer Institution, der er 30 Jahre gedient hat. Letztlich verrät er sie, um sie zu schützen.

In einem traditionellen Verschwörungsthriller hätte so jemand nur zum Schurken getaugt. Aber Neeson steht ja schon kraft seiner physischen Präsenz für die Idee des Aufrechten. Die wuchtigen Schultern, die früher die Last von Idealen und Heldenmut trugen, wirken nun schmaler. Er zeichnet Felt als strengen Puritaner, der den eigenen hohen Ansprüchen nicht mehr genügen kann. Er geht das Risiko moralischer Befleckung offenen Auges ein. Auflösen mag Neeson dessen Widersprüche nicht; den Verdacht, er habe sich rächen wollen dafür, bei der Beförderung übergangen worden zu sein, räumt er nicht aus. Es ist ihm hoch anzurechnen, wie er der Versuchung widersteht, ihn zu einer tragischen Figur zu machen.

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