Kritik zu Samia

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Ein »Biopic«, das die Geschichte der somalischen Läuferin Samia Yusuf Omar erzählt, die 2008 bei Olympia antrat und 2012 auf einem Geflüchtetenboot im Mittelmeer ertrank

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Letzte im Vorlauf und trotzdem frenetisch gefeiert: So erging es der Somalierin Samia Yussuf Omar 2008 bei den Olympischen Spielen in Peking, wo sie als einzige Athletin ihres Landes im 200-m-Rennen antrat. Als sie später versuchte, aus Somalia nach Europa zu fliehen, starb sie bei der Überfahrt mit einem Geflüchtetenboot im Mittelmeer. Ihre Geschichte wurde unter anderem vom Comiczeichner Reinhard Kleist in der Graphic Novel »Der Traum von Olympia« und vom Journalisten Giuseppe Catozzella im Roman »Sag nicht, dass du Angst hast« verarbeitet. Nun folgt der Film, der sich stark an Catozzellas Roman orientiert. Die Verbindung zu Olympia bringt Samias Schicksal der westlichen Welt noch einmal auf andere Weise näher als vergleichbare Geschichten von Geflüchteten, wie sie zuletzt etwa auch in »Green Border« oder »Io Capitano« erzählt wurden.

Yasemin Şamdereli (»Almanya – Willkommen in Deutschland«) legt den Fokus auf Samias Kindheit und Jugend und erzählt von ihrem Traum, eine professionelle Läuferin zu werden. Zudem erlebt man das Zusammenleben von Samias Familie im von Bürgerkrieg gebeutelten Somalia. Es ist ein von Armut und ständiger Bedrohung geprägter Alltag, in dem dennoch alle versuchen, ihre Lebensfreude zu bewahren. Parallel dazu zeigen drastische Szenen Samias Odyssee durch die Wüste, ihren Aufenthalt in einem libyschen Gefängnis und schließlich die tödliche Bootsfahrt übers Mittelmeer. Stilistisch stehen sich zwei Formen gegenüber: Auf der einen Seite versucht der Film ein realistisches Bild der Lebensbedingungen zu geben und unterstreicht Ereignisse wie Anschläge durch dokumentarisches Archivmaterial. Auf der anderen Seite driftet der Film immer wieder in sentimentale Überhöhung ab, wenn er Szenen durch melancholische Musik unterstreicht oder der Geist von Samias geliebtem Vater erscheint, der durch Angriffe der islamistischen Milizen ums Leben kam. 

Von Samias Teilnahme bei Olympia wird nur kurz berichtet, wobei sich bei der Rekonstruktion einige Lücken auftun. Nicht wirklich deutlich wird beispielsweise, dass Samia nur bei Olympia antreten konnte, weil jedes Land zwei Athleten ohne vorherige Qualifikation ins Rennen schicken durfte. Ihrer Konkurrenz war Samia klar unterlegen, dennoch war ihr Talent unbestritten und sie hoffte auf eine erfolgreichere Teilnahme 2012 in London. Doch in der Heimat konnte sie kaum trainieren; das islamistische Regime erlaubte Frauen keinen Sport und dass sie bei den Spielen kein Kopftuch trug, hatte Anfeindungen zur Folge. 

Die Zeit nach den Olympischen Spielen und die Umstände der Flucht, die über zwei Jahre dauerte, umreißt der Film ebenfalls nur knapp. Phasenweise lässt er auf ein Happy End hoffen und baut so eine Fallhöhe für das tragische Ende auf. Die reale Geschichte von Samia Yusuf Omar dürfte hingegen noch stärker von Perspektivlosigkeit geprägt gewesen sein. Wie bei so vielen Menschen in Somalia und vergleichbaren Ländern wurden das Talent und die Hoffnungen von Samia ausgebremst durch die Lebensbedingungen ihres Herkunftslandes.

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