Kritik zu Late Night with the Devil
Zu Halloween 1977 entgleiste eine Late-Night-Show im US-Fernsehen auf so grauenvolle Weise, dass das Material jahrzehntelang unter Verschluss war. Bis heute! … will uns zumindest dieser clevere »Found Footage«-Horror weismachen
»Wir werden hier also versuchen, Kontakt mit dem Teufel aufzunehmen – aber vorher noch eine kleine Werbepause!« Der Star-Moderator Jack Delroy, Host der erfolgreichen Late-Night-Show »Night Owls«, schürt geschickt die Spannung, bevor diese Halloween-Nacht im Fernsehstudio auf ihren Höhepunkt zusteuert, der wohligen Schauder verbreiten soll, aber weit darüber hinausgehen wird.
Zuvor haben bereits ein halbseidener Hellseher seine Künste vorgeführt, ein radikaler Skeptiker (und nebenbei begabter Illusionist) versucht, diesen als Betrüger zu entlarven, und eine Parapsychologin ihren Schützling Lilly vorgestellt: Das seltsame Mädchen, das irritierenderweise meist direkt in die Kamera blickt, soll von einem dämonischen Wesen besessen sein, dem sie den Namen »Mr. Wiggles« gegeben hat. Trotz beunruhigender Phänomene im Vorfeld und gegen die Warnung der Psychologin wird ein Millionenpublikum Bekanntschaft mit Mr. Wiggles machen – es soll die TV-Sensation des Jahres werden und damit die Zukunft von Moderator Jack Delroy sichern, dessen Quoten zuletzt im Sinkflug waren.
Die beiden australischen Brüder Cameron und Colin Cairnes (»100 Bloody Acres«) führen uns in »Late Night with the Devil« eine glaubwürdige Late-Night-Show des Jahres 1977 vor, in Echtzeit. Von den Pointen des Moderators, seinem Sidekick und der Begleitband bis hin zum gesamten Look des angeblich aus dem Archiv-Giftschrank geborgenen Materials – 4:3-TV-Bilder in zeittypischer Farbgebung und Qualität, und selbstverständlich auch die Mode und das Dekor: mit nur sanfter Ironie ist es die perfekte Illusion eines historischen TV-Events. Und da es um Halloween geht, darf neben Kürbissen und Horrorkostümen auch ein Theremin mit seinen unheimlichen Klängen nicht fehlen. Je stimmiger und vertrauter all diese Showelemente auf uns wirken, desto effektvoller sind auch die Irritationen, die die routinierte Abwicklung der Sendung immer wieder stören und die Spannung stetig steigern. Clever auch die Entscheidung der Filmemacher, die »Werbepausen« mit Material von »hinter den Kulissen« zu füllen. Diese Perspektivwechsel geben Gelegenheit, die wachsende Anspannung des Studioteams angesichts der unheimlichen Vorkommnisse und die Quotenfixiertheit Jack Delroys und seines Produzenten zu beleuchten.
Delroy wird großartig verkörpert von David Dastmalchian, dessen markantes Gesicht sich zwar aus Nebenrollen wie in »Twin Peaks: The Return« oder »Dune« eingeprägt haben mag, dem man aber solche »Rampensau«-Qualitäten nicht unbedingt zugetraut hätte. Er schafft es, seiner Figur eine faszinierende Vielschichtigkeit zu verleihen. Dass Delroy Geheimnisse hat – sie werden im Verlauf der Ereignisse noch eine Rolle spielen –, deutet schon das Intro des Films in Gestalt eines kurzen Mockumentary-Porträts des Stars und seiner tragisch überschatteten Karriere an.
Mit schwarzem Humor und liebevollen Anspielungen auf »Der Exorzist« und weitere Horrorklassiker der 1970er und seinem wahrlich haarsträubenden, fiesen Finale ist den Cairnes-Brüdern ein durch und durch stimmiges Werk gelungen.
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