Kritik zu Lady Vegas
Das Leben schreibt die besten Geschichten, so heißt es zumindest. Im Filmgeschäft glauben Produzenten, Drehbuchautoren und Regisseure auf jeden Fall fest daran. Stephen Frears verfilmt eine »wahre Begebenheit« aus dem Spielermilieu
Schon seit Jahren schmücken sich zahllose Filme mit dem Siegel »Auf Tatsachen basierend«. Es ist mittlerweile derart inflationär geworden, dass es nahezu jede Bedeutung verloren hat. Auch Stephen Frears hat es nun seiner neuesten Arbeit vorangestellt, allerdings in leicht variierter Form: »Das Glück wollte es...«
An Geld zu kommen, war für Beth Raymer (Rebecca Hall) noch nie ein Problem. Irgendetwas ist ihr immer eingefallen. Zuletzt hat sie sich als mobile Stripperin versucht und zugleich Aktfotos von sich über das Internet verkauft. Doch dieses Geschäft gefällt ihr einfach nicht. Viele ihrer Kunden sind zu bizarr und möglicherweise auch noch gefährlich. Außerdem hat sie einen Traum. Sie will Cocktailkellnerin in Las Vegas werden. Also bricht sie eines Tages von Florida nach Nevada auf, um dort ihr Glück zu machen.
Nur ist es selbst für eine so attraktive junge Frau wie Beth viel schwieriger, eine Stelle in einem der schicken Casinos zu bekommen, als sie dachte. Doch dafür führt der Zufall sie mit dem Profispieler Dink Heimowitz (Bruce Willis) zusammen. Er, der in New York einst als Buchmacher verurteilt wurde, hat in Vegas sein Paradies gefunden. Zusammen mit ein paar handverlesenen Angestellten wettet er auf alles, worauf Menschen so wetten. Beth erweist sich dabei als wahrer Glücksgriff für ihn. Sie hat nicht nur ein fantastisches Gedächtnis, sondern kann auch noch perfekt mit Zahlen umgehen. Allerdings reagiert Dinks Ehefrau Tulip (Catherine Zeta-Jones) schon bald eifersüchtig.
Das Glück wollte es, dass Beth Raymers Geschichte wahr ist, und es scheint fast so, als ob selbst Stephen Frears dieses Glück ein wenig unheimlich oder wenigstens unglaublich vorkommt. Rebecca Halls Beth ist ein bisschen zu naiv und optimistisch, um glaubwürdig zu sein. Ihr entwaffnendes Lächeln und all ihre kleinen Marotten sind eigentlich zu viel. Doch gerade das ist Halls und Frears großer Trick. Sie tragen alles ein wenig zu dick auf. So steht hinter jeder glücklichen Wendung und jeder von einem malerischen Sonnenlicht erfüllten Einstellung die Frage: Das soll tatsächlich so geschehen sein? Aber nur, um sie dann gleich wieder mit einem enthusiastischen, vom Glück beseelten »Ja!« zu beantworten.
Manchmal schreibt das Leben eben tatsächlich auch Märchen, und das Kino ist dafür wie geschaffen, die Welt daran zu erinnern. Insofern hat Frears Verfilmung von Raymers Lebensgeschichte auch etwas von einem Befreiungsschlag, für ihn, der hier einfach drauflosfabulieren kann, wie auch für sein Ensemble. Selten wirkten Bruce Willis und Catherine Zeta-Jones so gelöst auf der Leinwand wie hier. Beide scheinen ganz in Dink und Tulip aufzugehen. Wie Rebecca Halls liebenswerte Nervensäge Beth haben auch der Spieler und seine Frau ihre Schattenseiten, die Willis und Zeta-Jones keineswegs herunterspielen. Aber wie es sich für ein gutes Märchen gehört, wächst jeder von ihnen im entscheidenden Moment über sich selbst hinaus. So kann es eben im Leben auch gehen. Nur kommt das leider viel zu selten vor.
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