Kritik zu Jay und Silent Bob schlagen zurück
Kevin Smith versucht, an seinen Erfolg Clerks anzuknüpfen
Im Mittelpunkt von Jay und Silent Bob schlagen zurück stehen jene beiden Figuren, die sich wie ein roter Faden durch die vier früheren Filme von Kevin Smith ziehen: Jay und Silent Bob, die wir zum ersten Mal sahen, als sie in Clerks vor dem Drugstore herumhingen, gelegentlich Marihuana verkauften und Jay endlose Monologe von sich gab, in denen er reale und fiktive (Leinwand-)Charaktere gleichermaßen beleidigte.
"Von hier an geht's nur noch abwärts!" So ganz trifft das berühmte Diktum, mit dem Steven Soderbergh im Hinblick auf seinen frühen Ruhm bei der Entgegennahme der Goldenen Palme in Cannes 1989 seine eigene Zukunft umriss, auf die Karriere seines Kollegen Kevin Smith nicht zu, auch wenn man angesichts seines jüngsten Filmes ähnliche Assoziationen hat. Denn das Versprechen seines Erstlings Clerks, 1994 für nur 27.000 Dollar gedreht, ist weitgehend ein uneingelöstes Versprechen geblieben: Die Verbalattacken, mit denen manche seiner Figuren den Zuschauer überschütten und die im Kontext des schwarzweißen Erstlings einen gewissen rauen Charme hatten, wurden zunehmend penetranter und öder. Sollte auf Kevin Smith das zutreffen, was sich von vielen seiner Figuren sagen ließ - dass sie sich weigerten, erwachsen zu werden?
Auch wenn man ihm Anerkennung dafür zollt, dass er mit seinem vierten Film, Dogma, sich eines so umstrittenen Themas wie der katholischen Religion annahm (was schon im Vorfeld erwartungsgemäß für Kontroversen sorgte), war nicht zu übersehen, dass in dem überlangen Werk die pointierten Szenen immer wieder von aufwändigen Spezialeffekten erschlagen wurden. Die Ankündigung für seinen jüngsten Film versprach nun eine Rückkehr zu den Anfängen - die sie allerdings nur begrenzt geworden ist.
Man kennt Jay und Silent Bob nicht nur aus Clerks, an den Rändern der Geschichte waren sie in Mallrats, Chasing Amy und Dogma zu sehen, gewissermaßen als Signatur des Regisseurs (der Silent Bob selbst verkörpert); diesmal treten sie ins Zentrum.
Aus ihrem behaglichen Dasein vor dem Drugstore werden sie herausgerissen, als sie erfahren, dass der Comic "Bluntman & Chronic" verfilmt werden soll. Und das, ohne dass man sie informiert hätte! Da die beiden Figuren ja auf ihnen basieren, bedeutet das nicht anderes als: Ihr guter Ruf steht auf dem Spiel.
Also machen sie sich auf den Weg von New Jersey nach Hollywood. Dabei begegnen sie zuerst einem altem Anhalter, der ihnen eine todsichere Methode verrät, wie man mitgenommen wird - und gleich darauf einer Nonne, die ihnen zeigt, dass diese Methode nicht bei allen Erfolg hat. Folgenschwerer ist die Begegnung mit vier jungen, attraktiven Frauen, die sich als Aktivistinnen in Sachen Tierrechte ausgeben und die beiden zum Einbruch in ein Versuchslabor überreden, um einen Affen zu stehlen. In Wirklichkeit haben die vier jedoch ganz andere Pläne ...
In den Umwegen, die der Film hier einschlägt, wirkt er wie eine moderne Variante der Road to ...-Filmreihe mit Bob Hope und Bing Crosby aus den vierziger Jahren, auch deshalb, weil er ganz auf Situationskomik und Dialoge (auch Bob Hope verstand sich ja auf beleidigende Äußerungen) setzt. Als Zuschauer hofft man hier noch auf ein starkes Finale in der Konfrontation der beiden Helden mit ihren filmischen Alter Egos, doch all das bleibt leider aus, stattdessen erwarten uns eher müde Miramax-Scherze - wie könnte es anders sein, schließlich finanziert dieses Studio seit Smith' drittem Film, Chasing Amy, all seine Werke. Da sieht man Ben Affleck und Matt Damon, die sich gegenseitig aufziehen, bei den Dreharbeiten zur Fortsetzung von Good Will Hunting: Regisseur Gus Van Sant befasst sich gar nicht mit der Inszenierung, weil er vollauf damit beschäftigt ist, Geldbündel zu zählen. Die Jungstars, die Jay und Silent Bob im Film verkörpern sollen (Jason Biggs, James Van Der Beek), werden kurzerhand außer Gefecht gesetzt, so dass Jay und Silent Bob selbst gegen ihre filmische Nemesis antreten können. Die wird von Mark Hamill in Superman-ähnlichem Outfit und mit Rollennamen Cocknocker verkörpert.
Jay und Silent Bob Schlagen zurück entwirft ein Paralleluniversum, in dem Figuren aus früheren Smith-Filmen nebeneinander existieren - und manchmal sogar ein Schauspieler neben der Rolle, die er einmal gespielt hat. So tritt Ben Affleck am Ende als er selbst auf, am Anfang des Films jedoch als Holden, seine Figur aus Chasing Amy - aber das Potenzial dieser Konstruktion wird nie ausgereizt, eher wirkt der Film wie ein aufgeblähtes home movie mit seinen unzähligen in-jokes, Selbstreferenzen und Filmverweisen. Ob Kevin Smith mit diesem Film die Geister der Vergangenheit begraben hat und uns als nächstes etwas ganz Neues zeigt, bleibt abzuwarten.
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