Kritik zu Feste & Freunde – Ein Hoch auf uns!

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In David Dietls Remake eines ­dänischen Films wird in Episoden von zerbrechenden Hoffnungen und ­beflügelnden Neuanfängen erzählt

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Ellen (Laura Tonke) und Sebastian (Ronald Zehrfeld) liegen turtelnd im Bett, während sie sich eigentlich schon fertig machen sollten für die Silvesterfeier bei ihren Freunden Natalie (Jasmin Shakeri) und Maya (Katia Fellin). Dem ersten Eindruck zum Trotz stellt sich dort heraus, dass die beiden gar kein Paar sind, sondern nur eine Affäre haben, vor Sebastians Frau und den gemeinsamen Freunden müssen sie ihre Intimität mit linkisch vielsagender Diskretion überspielen, was Sebastian deutlich besser gelingt als Ellen. Irgendwann hat Ellen dann genug von diesem demütigenden Doppelspiel und verschwindet. Sie braucht einen Schnaps und kehrt auf dem Heimweg in einer Kneipe ein, in der sie mit dem ebenfalls schlecht gelaunten Max (Henning Flüsloh) in ein flirtendes Gespräch kommt.

Zehn Freunde, drei Jahre, sieben Anlässe zu feiern. Ein Geschichtenreigen im Freundeskreis, der durch die gemeinsam gefeierten Feste strukturiert ist: Silvester, Geburtstage, Hochzeit, Taufe, Sommerfest am Meer, Hoffest, ja, und auch eine Beerdigung ist am erzählerischen Rand dabei. Die Idee stammt nicht von David Dietl, sondern von May el-Toukhy, die damit 2015 den dänischen Film »Long Story Short« bestritten hat. Elegant verwebt Dietl sich verändernde Konstellationen und Werte, zerbrechende Hoffnungen und beflügelnde Neuanfänge. Ellens Weg von der Trennung von Sebastian zur holprigen Annäherung an Max durchzieht den ganzen Film wie ein roter Faden, während um sie herum wie Satelliten die anderen Beziehungen und Freundschaften, Krisen, Streitereien und Versöhnungen anlegen.

Im ersten Fest zum Jahreswechsel werden die Verhältnisse etabliert. Zusammen mit Dina (Pegah Ferydoni), die zum ersten Mal dabei ist, wird das »wer mit wem« von Rolf (Nicholas Ofczarek) auch dem Zuschauer aufgeschlüsselt: Seine Schwester Mareike (Annette Frier) als nörgelnde Ehefrau von Adam (Trystan Pütter), der in seiner unterwürfigen Bemühtheit ein wenig kläglich wirkt. Irgendwann wird Sebastian ihn fragen: »Macht du eigentlich zu viel oder zu wenig, ich kapier's nicht.« Das schöne Gastgeberpaar Natalie (Jasmin Shakeri) und Maya (Katia Fellin), deren Harmonie durch unterschiedliche Haltungen zum Kinderwunsch zersetzt wird. Immer haben alle anderen eine Meinung dazu, am allermeisten zur Unruhe stiftenden Affäre von Ellen und Sebastian.

Der Reigen beginnt Ende 2019, das nächste Fest im Jahr 2020 ist dann schon der Pandemie abgetrotzt, von der im dänischen Original noch niemand etwas ahnte. Solche episodischen Beziehungsgeflechte können gezwungen anmuten, wirken hier aber immer wieder sehr wahrhaftig dem Leben abgelauscht und in so einfühlsamen wie treffenden und komischen Dialogen, die einem tollen Schauspielerensemble locker von den Lippen gehen, allen voran Jasmin Shakeri, die sich schon in Karoline Herfurths »Einfach mal was Schönes« als wunderbar warmherzig und zugleich bissig ehrliche Sidekick-Freundin etabliert hat. Schade nur, dass all diese großen Qualitäten völlig überflüssig von einer seichten Musiksoße umspült werden.

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