Kritik zu The Creator
Gareth Erdwards (»Rogue One«) erzählt in einer Mischung aus Science-Fiction- und (Anti-)Kriegsfilm von einer Zukunft, in der sich die Künstliche Intelligenz zum Feind der Menschheit gemacht hat. Oder ist es umgekehrt?
Das Thema Künstliche Intelligenz treibt Hollywood dieser Tage um, nicht nur an der Streikfront der Schauspiel- und Drehbuchgewerkschaften. Auch auf der Leinwand ist das Verhältnis der Menschen zu Robotern und autonom agierenden Computerprogrammen – letztlich ein Klassiker des Science-Fiction-Genres – seit geraumer Zeit wieder omnipräsent, von Soderberghs »Kimi« über »Moonfall« von Roland Emmerich bis hin zum jüngsten »Mission: Impossible«-Abenteuer. Und Gareth Edwards' »The Creator« erscheint diesbezüglich nun ganz besonders zeitgemäß.
Im neuen Film des »Rogue One«-Regisseurs war KI die längste Zeit ein akzeptierter Teil der menschlichen Gesellschaft. Ob in der Küche, der Pflege oder Fabriken, Roboter gehörten zur Belegschaft, und je weiter die Technologie voranschritt, desto akzeptierter waren selbst sogenannte Simultanten, die – von einem Hohlraum im Hinterkopf abgesehen – von Menschen kaum zu unterscheiden sind und dank Programmierung selbst zwischenmenschliche Emotionen nachempfinden können. Bis ein vermeintlich von KI gezündeter nuklearer Sprengkopf halb Los Angeles in Schutt und Asche legt, was zum Beginn eines langwierigen Krieges der USA gegen die Hightechwesen wird.
Fünfzehn Jahre nach jenem Katastrophenfall leben nur noch in New Asia, dem heutigen Südostasien, Simultanten und Roboter in friedlicher Harmonie mit Menschen, doch auch dort macht die Regierung der Vereinigten Staaten Jagd auf sie. Weil der abgetauchte, führende KI-Schöpfer angeblich eine Superwaffe erfunden hat, mit der sich womöglich der Krieg ein für alle Mal gewinnen lässt, rekrutiert die Army den früheren Sergeant Joshua Taylor (John David Washington), der in New Asia einst als Undercoveragent tätig war und sich dort bestens auskennt. Taylor ist nach seinem letzten Einsatz, bei dem er seine schwangere Frau Maya (Gemma Chan) verlor, ein gebrochener Mann, der insgeheim hofft, sie könnte noch leben. Mit seinen einstigen Bossen hat er noch eine Rechnung offen. Doch als er entdeckt, dass die vermeintlich hochgefährliche Schöpfung des Feindes ein junges Mädchen (Madeleine Yuna Voyles) ist, nimmt seine Mission eine unerwartete Wendung.
Als aufwendig produzierte Sci-Fi-Action, die ohne etablierte Vorlage auskommt und komplett auf neuen Ideen basiert, ist »The Creator« dieser Tage eine echte Ausnahmeerscheinung. Die Filme, die Edwards und seinen Co-Autor Chris Weitz zu ihrer postapokalyptisch angehauchten Zukunftsgeschichte inspiriert haben, sind allerdings unschwer zu erahnen – und reichen von »Blade Runner« bis »Apocalypse Now«. Letzterer ist besonders präsent: Nicht zuletzt durch das Setting fühlt man sich hier immer wieder an den Vietnamkrieg oder zumindest die Bilder, die das Kino dafür in den vergangenen Jahrzehnten ein ums andere Mal gefunden hat, erinnert.
Es ist durchaus erstaunlich, wie offensiv sich »The Creator« im Verlauf der Geschichte zum epochalen (Anti-)Kriegsfilm auswächst und dabei eine bemerkenswert amerikakritische Haltung einnimmt. Noch überraschender dürfte sein, wie viele moralische Grauzonen das Skript dabei zulässt und – ohne zu viel zu spoilern – bei allem Fokus auf die Menschlichkeit weit davon entfernt ist, in Sachen KI den Teufel an die Wand zu malen. Dass im Finale doch ein Übermaß an hollywoodtypischem Pathos in Gestalt von Kleinfamilien- und Aufopferungsmythologie Einzug hält, ist etwas ärgerlich.
Bis dahin allerdings gelingt Edwards ein Film, dessen reizvoll erzählte und überzeugend gespielte Geschichte noch von seiner technischen und visuellen Brillanz getoppt wird. Die Aufnahmen im Breitbildformat, die Greig Fraser (»Dune«) und Oren Soffer in Thailand mit ihren Digitalkameras einfingen, gehören zu den schönsten, die es seit langem im Science-Fiction-Bereich zu sehen gab. Noch besser sind nur die Spezial- und CGI-Effekte, die hier schlicht herausragend ausfallen.
Kommentare
The Creator
Ein Film bei dem es vor allem darum geht Ki dem Menschen an zu lieben. Ein eher unbehaglicher Gedanke geradezu am Ende als die Kindesrolle der KI sich offenbart. Wir dürfen sehr wohl unsere Gefühle als die Menschlichkeit per se anerkennen. Sollten jedoch einen Weg der latenten Indoktrination stets kritisch gegenüber stehen. KI knüpft an die Emotionen an, wie ein trojanisches Pferd um letztendlich den Sieg seines Selbst zu feiern.
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