Kritik zu Mission: Impossible – Dead Reckoning Teil Eins
Tom Cruise erweist sich in diesem in zwei Filmen aufgeteilten langen Abschied von der Agentenserie in bester Form, sei es beim Sturz in den Abgrund oder bei der Flucht im Fiat Cinquecento
Es ist eine schwere Bürde, alle paar Jahre die Welt retten zu müssen. Dann wiederum macht diese Mission auch sehr viel Spaß, wie der siebte Teil der Agentenserie beweist. Wie einst beim »Harry Potter«-Franchise, bei dem die abschließende siebte Romanfolge zum Zweiteiler ausgewalzt wurde, so wird auch die voraussichtlich letzte Mission von Agent Ethan Hunt als Double Feature erzählt. Die finale achte Folge soll im Juni des kommenden Jahres anlaufen – und man freut sich schon jetzt darauf.
Zeigen Filmreihen gegen Ende üblicherweise Ermüdungszeichen, so nahmen die Abenteuer von Ethan Hunt ab der fünften Folge 2015 mit dem Einstieg von Regisseur Christopher McQuarrie erst richtig an Fahrt auf. Das ist umso erstaunlicher, da inhaltlich nichts wirklich Neues passiert und stattdessen bekannte Versatzstücke variiert werden. Die elektrisierende Titelmelodie aus der Sechziger-Jahre-Fernsehserie »Kobra, übernehmen Sie«, das sich selbst zerstörende Tonband mit Anweisungen, ein wahnwitziger Verschwörungsplot, ein offiziell nicht existierender US-Agent für Geheimoperationen, der aber eigene Wege geht: das Grundrezept bleibt erhalten. Diesmal liefert ein selbstlernendes Computervirus, das unsere bis ins kleinste Detail vernetzte Welt ins Chaos zu stürzen droht, das in Zeiten von AI gar nicht so unwahrscheinliche Motiv für einen Wettlauf rund um den Globus. Während Geheimdienste Jagd auf den Quellcode dieser Superwaffe machen, wollen Ethan Hunt und seine Mistreiter Luther, Benji und Ilsa den digitalen Parasiten, der von einem alten Feind von Hunt gehütet wird, zerstören.
Die Verfolgungsjagden, diesmal durch Rom, Venedig, Abu Dhabi, alpine Gegenden und, einen abstürzenden Wagon nach dem nächsten, durch einen Orientexpress, sind mit »old school«-Charme und virtuosem Timing inszeniert. Das digitale Hexenwerk des Systemvirus erfährt seine Erdung durch die analogen Bravourstücke von Tom Cruise. Mit seinen neuen Höhenflügen toppt der mittlerweile 61jährige Draufgänger alles bisher Gesehene. Wenn er sich, etwa beim Speedflying mit Fallschirm und seinem Lieblingsgefährt, dem Motorrad, Jungsträume erfüllt, ist er, wie schon in den Vorgängerfilmen, der beste Special Effect des Actionspektakels. Denn mit seinen in monatelangem Training vorbereiteten Stunts vermittelt er jenes authentische Herzklopfen, das die »M:I«-Filme vor anderem, sterileren Actiongedöns auszeichnet.
Dieses Kinotopp schämt sich nicht seiner Herkunft vom Jahrmarkt. Und wenn das Duo Cruise/McQuarrie es schafft, sein Mantra »Du sollst nicht langweilen« fast über die gesamte 163minütige Filmdauer zu beherzigen, liegt das nicht allein an den oft atemberaubenden und stets elegant choreographierten Actionsequenzen. Die Tonlage changiert lässig zwischen Pathos und allzumenschlichem Ungemach. In der ihm eigenen Mischung aus terrierhafter Verbissenheit und lockerer Selbstironie gibt Tom Cruise einen Helden, der in all seiner Erlöser- und Märtyrerattitüde auch gern ein bisschen treuherzig-trottelig tut. Er verfährt sich, lässt sich von einer Diebin, dem Neuzugang im »Mission: Impossible«-Universum, übertölpeln, und kriegt bei der Flucht im Fiat Cinquecento die Krise. Ob mit oder ohne Popcorn bietet dieses gehobene Actionkino beste Unterhaltung.
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