Kritik zu Black Panther
Der neueste Zugang zum Marvel Cinematic Universe ist sowohl König eines fiktiven afrikanischen Reichs als auch Rächer im schwarzen Lederdress. Chadwick Boseman (»Get on Up«) spielt den ersten schwarzen Helden im Zentrum eines Superheldenfilms
Die Frage nach der Repräsentation afroamerikanischer Helden beschäftigt das US-Kino seit der Bürgerrechtsbewegung der 60er Jahre. Zunächst war es Sidney Poitier, ein distinguiertes Schauspielgenie, der für Amerikas schwarze Bevölkerung mit Filmen wie In der Hitze der Nacht zum Idol wurde. Der ruppige Ton des 70er-Jahre-Kinos aber verlangte nach weniger gefälligen Protagonisten; mit der Blaxploitation-Welle hielten daraufhin knallharte Action-Stars wie Shaft und Cleopatra Jones Einzug in die Lichtspielhäuser amerikanischer Großstädte.
»Black Panther«, den ersten Marvel-Superheldenfilm, der eine schwarze Figur in den Fokus rückt, könnte man als einen versuchten Spagat zwischen diesen beiden filmhistorischen Polen beschreiben: Sein Protagonist T'Challa (Chadwick Boseman) ist zugleich würdevoller König eines fiktiven afrikanischen Reichs wie auch ein Rächer im schwarzen Lederdress. Er regiert sein mystisches Land Wakanda mit Weisheit und Gerechtigkeit, kann aber auch ordentlich zulangen, wenn es darauf ankommt.
Rein visuell ist Ryan Cooglers Verfilmung der »Black Panther«-Comics ein ähnlich willkommener Sonderling im Marvel-Universum wie vor zwei Jahren Scott Derricksons »Doctor Strange«. Wo dessen – stilistisch gelungener – fernöstlicher Anstrich aber zumindest den Verdacht »kultureller Aneignung« mit sich brachte, kann Coogler bei dem großartigen Look seines Films aus dem Vollen schöpfen. Denn »Black Panther« ist mehr als nur die Adaption einer von Jack Kirby und Stan Lee erdachten Figur, der Film stellt die bisher wohl mainstreamaffinste filmische Manifestation des Afrofuturismus dar. Das äußert sich hier in einer hinreißenden Mischung aus ausgefuchster Science-Fiction-Ästhetik und farbenfroher, afrikanischer Folklore. Man kann die großartige Leistung von Produktionsdesignerin Hannah Beachler nicht genug hervorheben, gelingt es ihr doch, den oft belanglosen Marvel-Look in etwas hochgradig Eigenständiges zu verwandeln.
Ähnliches versucht Regisseur Ryan Coogler (»Fruitvale Station« und das Rocky-Sequel »Creed«) mit der Story seines Superheldenbeitrags. Die Einführung des magischen Schauplatzes und ein überaus gelungener Flashback zu Beginn, dessen tragende Bedeutung für die Hauptfigur erst viel später deutlich wird, lassen auf einen auch erzählerisch anspruchsvolleren Film hoffen. Es folgen die Krönung T'Challas zum König und eine flott erzählte erste Mission, bei der Andy Serkis als überraschend fieser südafrikanischer Gegenspieler dient.
Mit dem Auftauchen des wahren Bösewichts, des Amerikaners Erik Killmonger (Michael B. Jordan) wird es komplizierter: Killmonger will auf T'Challas Thron und entgegen der traditionell isolationistischen Politik Wakandas mit Hilfe der magischen Ressourcen des Landes in das Geschick unterdrückter Schwarzer auf der ganzen Welt eingreifen. Dass es sich dabei mehr um einen inneren Konflikt der Figur »Black Panther« an sich handelt, macht Coogler deutlich, als er die beiden Widersacher am Ende als Alter Egos gegeneinander antreten lässt, beide im schwarzen Panther-Outfit. Dieser Doppelgängerkampf ist ein klassischer Marvel-Kniff, den unter anderem auch Spiderman und Iron Man in ihren Filmen durchlaufen mussten – hier aber scheint mit Verweis auf Erfahrungen kolonialer und rassistischer Unterdrückung ungleich mehr auf dem Spiel zu stehen.
Letztlich hält sich Cooglers Film also doch an ein bestimmtes, markengerechtes Erzählmuster, füllt diese Genre-Tropen aber geschickt mit der Frage nach dem Wesen und dem Auftrag eines schwarzen Superhelden. Selbst als Kritiker des schier unendlichen Comic-Hypes muss man zugeben, dass allen Beteiligten dabei ein ziemlicher Clou geglückt ist: ein hochgradig unterhaltsamer, handwerklich perfekter Blockbuster, der sich vor einer politischen Haltung nicht drückt und trotzdem nicht fehl am Platz in seinem Franchise wirkt. Die einzige wirklich deutliche Schwäche des Films ist seine ausschweifende Laufzeit von zweieinhalb Stunden, die zu der Erkenntnis führt, dass beinahe jede Szene auch um eine Minute gekürzt funktionieren würde.
Kommentare
Black Panther - Kritik
Sehr geehrter Herr Lindemann,
tolle Kritik! Schnörkellos und ungestelzt!
Danke dafür! Mein Kollege möchte selbst eine Kritik schreiben, aber mit dem politischen Schwerpunkt, der Rolle der Schwarzen in Black Panther.
Ihre Kritik ist hierfür ein guter Gradmesser, denn ihre Kritik ist frei von jeglicher "Brille".
ich habe meinem Kollegen ihre Kritik als Blaupause zugemailt :-)
Herzliche Grüße
Florian
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