Kritik zu Be Natural – Sei Du selbst

© Filmperlen

2019
Original-Titel: 
Be Natural: The Untold Story of Alice Guy-Blaché
Filmstart in Deutschland: 
05.08.2021
L: 
103 Min
FSK: 
Ohne Angabe
S (OV): 

Pamela B. Green spürt in ihrem schnell montierten Dokumentarfilm der Film­pionierin Alice Guy-Blaché nach

Bewertung: 3
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Der 28. Dezember ist in der Filmgeschichtsschreibung ein magisches Datum: die erste öffentliche und projizierte Filmvorstellung vor einem zahlenden Publikum. Der Urknall des Kinos, wie wir es bis heute kennen. Aber schon zuvor, im März, hatten die Brüder Lumière ihren Cinématographe in der Société d'encouragement pour l'industrie nationale vorgestellt, in einer geschlossenen Vorführung. Mit dabei: die damals 21-jährige Alice Guy, die als Stenotypistin für Leon Gaumont arbeitete. Sie soll bei dieser Vorführung erkannt haben, welche Möglichkeiten in der Erfindung und dem neuen Medium steckten. 

Aufwendig animiert, fährt zu Beginn die Kamera in den Saal der Societé, wie auch später immer wieder Animationen und animierte Landkarten den Dokumentarfilm von Pamela B. Green strukturieren; als Executive Producer fungieren übrigens Jodie Foster und Robert Redford. Gaumont, der 1895 seine eigene Produktionsfirma gründete, schlug Alice Guy vor, Filme zu inszenieren. 

Was heute selbstverständlich ist, war früher eher revolutionär. Die ganz frühen Filme waren dokumentarischer Natur, selbst der Zauberer Méliès begann erst Ende 1896 mit seinen Tricks. Insofern war Alice Guy eine der ersten Spielfilmregisseurinnen, wenn nicht gar die erste. Einen kurzen Ausschnitt zeigt »Be Natural« aus ihrem ersten Film, »The Cabbage Fairy«, aus dem Jahr 1896 (in einem eigenen Remake aus dem Jahr 1899).

Guy war Autorin, Produzentin und Regisseurin der Filme. Sie hat mit Farbe, Ton und Doppelbelichtungen experimentiert. 1907 heiratete sie den Kameramann Herbert Blaché, ging mit ihm in die USA, wo sie die Firma Solax und ein eigenes Studio in Fort Lee gründeten. An die 1000 Filme soll sie gedreht haben. 1920, nach Misserfolgen, zog sich Alice Guy-Blaché aus dem Filmgeschäft zurück. Heute steht ihr Ruhm sicherlich hinter Lumière oder Méliès zurück, aber gänzlich unbekannt, wie der Film mit Aussagen etwa von Peter Farrelly oder Catherine Hardwicke behauptet, ist sie nicht.

Es gibt tolle Einfälle in »Be Natural«: wenn die Filme von Alice Guy-Blaché in die heutigen Straßen einmontiert werden, in denen sie damals gedreht wurden zum Beispiel. Aber »Be Natural« überfrachtet den Zuschauer mit einer Überfülle an Informationen, mit nur kurz angeschnipselten Aussagen von Prominenten und einer Schnittrate, die forciert zu nennen untertrieben wäre. Man wünscht sich, auch mal ein paar Filme der Regisseurin ausgiebiger sehen zu können. Die schönsten Momente aber gehören Guy-Blaché selbst, Ausschnitte aus zwei langen Interviews in den späten fünfziger und frühen sechziger Jahren. Damals schon suchte Guy-Blaché nach ihren eigenen Filmen, von denen die meisten verschollen sind. Diese Spurensuche nimmt auch der Film auf, und er zeigt die Tragik dieser Künstlerin, die ein gigantisches Werk geschaffen hat – das es nicht mehr gibt. 

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Kommentare

... die erste stammt von Katja Raganelli aus dem Jahr 1997, die dafür sogar die Tochter von Alice Guy interviewen konnte. Diese erscheint demnächst in der Edition des Filmmuseums München.

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